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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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Geld, das hatte ich schon beobachtet, bestand in Atlantis vorwiegend aus silbernen, kupfernen und goldenen Metallpyramiden in verschiedenen Größen, für die man zum Beispiel in einer Hoawief-Pizzeria einen köstlichen Maisfladen erhielt, der mit so ziemlich allem bedeckt war, was als eß- bar galt.
    In der letzten Stunde hatte sich eine solche Hoawief-Pizza für mich zum begehrtesten Objekt des Universums entwickelt. Man erhielt sie praktisch an jeder Ecke, und egal wo man ging oder stand, sah man irgendwen appetitanregende Käsefäden aus so einem verlockend duftenden Teigfladen ziehen. »Ziemlich beeindruckend, ga?« quatschte mich eine Stimme von der Seite an.
    Es war ein Tabakhütchen, eine südländische Dschungelzwergensorte aus der Familie der Regenwaldzwerge, die normalerweise gerne in Tabakplantagen ihr Unwesen trieb und mehr oder weniger normale Zwergengewohnheiten pflegte, soviel war mir noch aus Nachtigallers Unterricht geläufig. Man identifiziert sie an ihren geschmacklos farbenfrohen selbstgestrickten Wollhütchen, dem olivfarbenen Teint, dem absurd gezwirbelten Schurrbart und daran, daß es jedesmal so klingt, als würden sie mit Murmeln gurgeln, wenn sie ein R sprechen. Außerdem fügen sie allem und jedem ein »ga« hinzu, was je nach Satzzusammenhang alles mögliche bedeuten konnte.
    (Übrigens: Gesprochen wurde in Atlantis, darauf hatte man sich glücklicherweise geeinigt, Zamonisch. Jedes Volksgrüppchen hatte in die Sprache seinen eigenen Dialekt eingeschmuggelt, manche durchsetzten alles mit feuchten Zischlauten, andere mit heiserem Bellen oder setzten ein Ä vor jedes Wort. Am einfachsten waren die gebildeten Druiden zu verstehen, die akademisch exaktes Hochzamonisch sprachen, am schwersten die Gehörnten Imbezibeln, die sich durch einen gekrächzten Singsang verständigten - alles, was sie sagten, klang wie ein Opernsänger, dem eine Motte in den Hals geflogen war. Aber mit Gehörnten Imbezibeln redete sowieso keiner, damit erledigte sich das Problem, wie so viele andere in Atlantis, von selbst.)
    »Ja, allerdings«, gab ich abwesend zurück, denn ich war gerade in den Anblick eines Blutschinks versunken, der mit drei schnellen Happen eine Hoawief-Pizza verputzte. »Ich meine die Löwen.«
    Ich erwachte aus meiner Hoawief-Pizza-Hypnose. »Ach so, die Löwen ... Ja, toll. Gut gemeißelt. Schön glatt.«
    »Ga, sie sind nicht gemeißelt«, widersprach der Zwerg fast liebevoll. »Sie sind handpoliert - mit Papiertaschentüchern! Machst du dir einen Begriff davon, ga, wie lange es dauert, so eine Skulptur aus hartem Marmorgestein herauszupolieren - mit einem Wischlappen aus Papier?«
    Ich versuchte meiner Bewunderung Ausdruck zu verleihen. »Das ist kolossal«, lobte ich aufrichtig.
    »Sie sind bewohnt, ga. Jeder Löwe hat viertausend Wohnungen. Fließend warmes Wasser, ga, natürlich kein Balkon, aber ein mechanischer Fahrstuhl mit Musik!«
    Er fing an, eine zamonische Arie zu summen.
    »Ich sehe keine Fenster.«
    »Die Fenster sind nur von innen zu durchsehen. Raffiniert, ga?«
    »Toll!«
    »Sie gehören mir.«
    »Was?«
    »Ga. Die Löwen. Sie sind mein Eigentum.«
    »Das ist, äh, sehr beeindruckend. Herzlichen Glückwunsch.«
    »Willst du einen kaufen?«
    »Was?«
    »Willst du einen Löwen kaufen? Ga? Ganz billig!«
    »Hör zu, ich habe gar kein ...«
    »Jetzt hör mir mal zu!« Der Zwerg senkte geheimnisvoll die Stimme und blickte nervös in alle Richtungen.
    »Du bist mir sympathico, ga?! Deshalb mach' ich dir ein Wahnsinnsangebot, ga: zehn Pyras.«
    Der Zwerg ohrfeigte sich selbst, um sich für das uneigennützige Angebot zu bestrafen.
    »Ga! Ga!« rief er mit jeder Ohrfeige. »Ich Idiot! Aus mir wird nie ein tüchtiger Geschäftsmann.«
    Ich sah den Gnom lange an. Für zehn Pyras bekam man gerade mal eine Pizza in Atlantis.
    Ich war gekränkt. Ich muß wirklich einen extrem beschränkten Eindruck gemacht haben, daß er es wagte, mich mit dem ältesten Touristentrick der Welt aufs Kreuz zu legen.
    »Ah, ga!« verbesserte er sein Angebot. »Sagen wir fünf Pyras.«
    So lernte ich Chemluth Havanna kennen, meinen besten Freund in Atlantis.
    Nachdem ich Chemluth klargemacht hatte, daß ich erstens nicht aus einer Klapsmühle entlaufen war und zweitens nicht mal einen einzigen Pyra besaß, änderte er sofort seine Taktik. Er wußte zwar noch nicht wie, aber irgendwann würde er schon Kapital aus mir schlagen, also heftete er sich an meine Fersen.
    »Du bist etwas Besonderes, ga?! Bist blau!

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