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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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zutraulich und zeigten keine Anzeichen von Furcht, was für friedliche Verhältnisse auf der Insel sprach. Da es für alle genug zu essen gab, brauchte man sich untereinander nicht zu jagen.
    Ich hatte das Paradies auf Erden entdeckt.
    Das Klima war mild, nicht zu kalt und nicht zu heiß, zirka 23 Grad im Schatten, und ständig wehte eine erfrischende Brise. Auch nachts kühlte es nicht sonderlich ab, der Waldboden verströmte eine angenehme Wärme und schnurrte wie eine zufriedene Katze, wenn man sich auf ihn legte. Solch eine Pracht hatte ich wirklich nicht erwartet, fast war es mir ein bißchen peinlich. Dafür, daß dies meine erste selbstentdeckte Insel war, hatte ich einen ziemlichen Volltreffer gelandet. Mir war, als sei ich nach all den Qualen und Entbehrungen endlich nach Hause gekommen.
    In den ersten Tagen ging ich über die Insel wie durch einen Traum. Kaum wagte ich es, die Köstlichkeiten zu berühren, weil ich befürchtete, sie würden sich auflösen wie eine Fata Morgana. Aber sie waren echt. Nach einiger Zeit hatte ich den Mut, von allem zu kosten. Ein Häppchen hiervon, ein Schlückchen davon. Vieles war gewöhnungsbedürftig, schließlich hatte ich mich bisher ausschließlich von Algen, Beeren, Nüssen und Wasser ernährt. Manche Dinge schmeckten mir auf Anhieb, wie die Trinkschokolade aus dem Milchfluß und der Honig aus den Blütenkelchen. Es dauerte ein wenig, bis ich es verstand, mit der seltsamen Flora der Insel umzugehen, aber ich lernte sehr schnell. Die langen, nudelähnlichen Lianen ergaben eine köstliche Kombination, wenn man eine von den überall wuchernden Riesentomaten anstach und sie in deren warmes Mark tauchte. Das ganze Gras der Insel war eßbar, es schmeckte leicht bitter und nussig und paßte gut zu gebratenen Kartoffeln.

    Die Vielfalt der Früchte war sensationell. Neben den herkömmlichen Kokosnüssen, Bananen, Orangen, Äpfeln, Nüssen und Trauben gab es exotische Gewächse, die nach Vanille und Zimt schmeckten, aus denen süße Milch lief oder die im Mund zerknusperten wie Krokant. Eine rote bananenförmige Frucht schmeckte wie Marzipan, die Blätter eines dicken, gemütlich aussehenden Baumes wie Lebkuchen.
    Schließlich war ich mit allen Köstlichkeiten der Insel vertraut.
    Morgens, direkt nach dem Aufwachen, wankte ich zum Milchfluß, schüttelte die Kakaopflanzen und schlabberte in großen Schlucken von der Trinkschokolade. Dann stattete ich den Honigblumen einen Besuch ab und pflückte mir eine Toastschnitte. Gewöhnlich saß ich anschließend eine Weile kauend auf einer Lichtung und sah den Kolibris zu, wie sie gewagte Loopings für mich drehten. Die Kätzchen kamen angelaufen, rieben sich schnurrend an meinem Fell und balgten sich in der Morgensonne.
    Danach machte ich regelmäßig einen Kontrollgang durch meine Besitzungen. Die Insel war nicht besonders groß, vielleicht ein paar hundert Meter im Durchmesser, aber vollgepfropft mit kleinen Sensationen. Die singenden Blumen studierten jeden Tag ein neues Lied ein, und ich verbrachte viel Zeit damit, ihrem silberhellen abstrakten Gesang zu lauschen und den Schmetterlingen zuzusehen, die ihre koketten Luftballette dazu aufführten. Die Eichhörnchen protzten gerne mit ihren akrobatischen Fähigkeiten; die meiste Zeit saß eins von ihnen auf meinem Kopf oder auf meiner Schulter und ließ sich von mir herumtragen. Mittags labte ich mich am liebsten am Ölteich. Für gewöhnlich aß ich Kartoffeln mit Rauke, dazu manchmal etwas blauen Blumenkohl.

    Hinterher machte ich gerne ein Nickerchen. Nachmittags ging ich oft schwimmen im warmen Meer. Das Wasser rund um die Insel war ruhig und offensichtlich frei von gefährlichem Meeresgetier. Stundenlang ließ ich mich vom Salzwasser tragen oder saß in der sanften Brandung, die immer wieder Tausende von winzigen Muscheln zwischen meine Beine spülte.
    Gerne ließ ich den Tag am Strand ausklingen, zusammen mit den Kätzchen sah ich dem Sonnenuntergang zu. Schließlich ging ich zurück in den Wald, rollte mich auf dem warmen, schnurrenden Moosboden ein und träumte davon, der Kapitän des großen Eisenschiffes zu sein.
    Anfangs war mein Speiseplan noch recht ausgeglichen. Ich machte lange Pausen zwischen den Mahlzeiten, bewegte mich viel und war zufrieden mit dem Speisenangebot. Nach ein paar Monaten fing ich dann allerdings an, Zwischenmahlzeiten einzulegen. Nichts Üppiges, eine frittierte Kartoffel hier, eine Toastschnitte da, und immer wieder mal eine der dicken

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