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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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ein.
    An Deck arbeiteten Hunderte von durch Schmauch und Kohle geschwärzten Gesellen, mechanisch gingen sie ihren Beschäftigungen nach, ohne mich besonders zu beachten. Es waren die unterschiedlichsten Zamonier: Trolle, Zwerge, Hoawiefs, jede Sorte schien vertreten.
    Ich steckte immer noch im Sack, nur den Kopf hatte ich herausgestreckt, halb besinnungslos. Niemand kümmerte sich um mich. Man hatte mein Paket aufgeschnürt und mich meinem Schicksal überlassen. Ich schlüpfte aus meinem Kokon und wankte zur Bordwand. Noch mußten wir in Hafennähe sein, vielleicht sollte ich einfach springen. Ich sah an der Bordwand hinab, über hundert Meter tief unter mir war das Meer. Hundert Meter. Konnte das gutgehend Dann sah ich, daß da gar kein Wasser war, sondern Haie, die sich zu Tausenden rings um das Schiff balgten und nach allem schnappten, was über die Reling geworfen wurde. In diesem Augenblick kam eine starke Brise auf und riß den Qualm über der Moloch in zwei Hälften. Ein großes Stück des blauen Himmels wurde frei, ich konnte sogar die Küste von Zamonien erkennen.
    Und ich sah Atlantis.
    Atlantis schwebte am Himmel, vielleicht fünf Kilometer über der Küstenlinie. Die ganze Stadt hatte sich vom Boden erhoben, ein riesiger schraubenförmiger Pflock, ein Raumschiff aus Lehm mit einer Stadt obendrauf.
    Hier und da fielen dicke Erdbrocken, so groß wie Häuser, aus der kegelförmigen Masse, aber ansonsten schien das Raumschiff eine erstaunlich stabile Konstruktion zu sein.
    Hier und da schoß ein blauer Blitz aus dem Erdreich. Ich hatte keine Ahnung, wie die Unsichtbaren Leute das fertiggebracht hatten, aber es wunderte mich nicht, daß sie ein paar Jahrtausende dafür gebraucht hatten.

    Dann schloß sich der Ruß wieder wie ein schwarzer Vorhang.
    Betäubt von diesem Anblick klammerte ich mich an die Reling. Außer mir hatte ihn anscheinend niemand wahrgenommen.
    Zwei rußüberzogene Yetis traten von hinten an mich heran und packten mich bei den Schultern.
    »Du bist ein Bär?« sagte einer von ihnen.
    Ich nickte.
    »Dann kommst du in die Ofenhölle.«
    Die Ofenhölle, das war das rotglühende Herz inmitten der Moloch. Ein Maschinensaal mit über tausend Kohle- und Holzöfen, für jeden Schlot des Schiffes einen. An jedem Ofen arbeitete ein Trupp von Schwarzbären, schweigsame entfernte Verwandte von mir, mit leeren, traurigen, interesselosen Augen. Ununterbrochen schippten sie Kohle in die Öfen oder warfen Baumstämme nach. Einem dieser Trupps wurde ich zugeordnet. Ein Yeti drückte mir eine Schaufel in die Hand und forderte mich auf, den Ofen zu beheizen. Immer noch betäubt von den letzten Ereignissen, fing ich an, Kohle zu schippen.
    Um meine momentane Situation überdenken zu können, hätte ich wenigstens ein paar Momente der Ruhe benötigt. Das war nicht so einfach an Bord der Moloch. Der ständige Lärm, die mörderische Hitze an den Öfen, der Qualm und die harte Arbeit ließen keinen weitreichenden Gedanken zu. Entfernte man sich auch nur ein paar Schritte von seinem Ofen oder ließ die Schaufel sinken, waren sofort ein paar zähnefletschende Yetis da und riefen einen zur Ordnung. Ein paarmal versuchte ich Kontakt zu meinen Sklavenkollegen aufzunehmen, aber die sahen mich nur verständnislos an oder blickten ängstlich zu den Yetis.
    Abends schlurfte der Trupp in einen Schlafsaal unterhalb der Ofenhölle, wo es einen Kanten Brot und einen Napf Wasser gab, anschließend durfte man sich für ein paar Stunden in eine Hängematte legen. Dort schlief ich sofort ein, als hätte man mir eine Keule über den Kopf gezogen.
    Es ist erstaunlich, wie gleichgültig man werden kann, wenn man einer schweren körperlichen Arbeit nachgeht. Mal schaufelte ich Kohlen, mal schob ich Schubkarren voller Briketts, mal zerrte ich Baumstümpfe zur Verfeuerung heran, Tagelang schleppte ich Säcke mit Eierkohlen aus dem finsteren Bauch der Moloch eine hundert Meter lange Treppe hinauf dann hieß es Holz hacken, Baumstämme zersägen, Kohlen stapeln, Blasebälge bedienen, Asche ins Meer verklappen.
    Meine Schwarzbär-Kollegen rackerten wie die Roboter, sie fütterten die ewig hungrigen Öfen und schrubbten die Bö- den und Maschinen, damit nicht alles im Ruß versank. Keiner von ihnen sprach je ein Wort mit mir, auch untereinander grunzten sie sich nur das Nötigste zu. Ohne es richtig zu merken, wurde ich einer von ihnen.
    Bald gab ich jeden Versuch der Kommunikation auf und verfiel mit ihnen in den Trott der

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