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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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oder Nachtigallik, wie die Experten diese wissenschaftliche Disziplin nennen.«
    Der einzige Experte auf diesem Gebiet war Nachtigaller selbst. Erst jetzt erkannte ich das große teleskopartige Rohr, das aus dem Nachtigallerator zur Decke ragte. Es hatte allerdings, anders als normale Fernrohre, so etwas wie einen Knoten in der Mitte. An der Decke konnte ich eine verschließbare Öffnung ausmachen, wie die Kreisblende eines Fotoapparates. Sicher gab es von dort aus einen Tunnel, durch den man den Nachthimmel sehen konnte.
    »Diese Dunkelheit hier drin ist Dunkelheit aus dem Weltraum?« fragte ich, um irgend etwas zu sagen.
    »So ist es, mein Junge! Nirgendwo sonst bekommt man so solide Finsternis. Die ewige Schwärze des Alls! Wußtest du, daß die Masse des Universums zu fast neunzig Prozent aus dunkler Materie besteht? Niemand konnte sie bisher beobachten, aufgrund ihrer Gravitationsauswirkungen konnte man ihre Existenz lediglich mutmaßen, aber ich habe sie ausfindig und dingfest gemacht mit meinem Nachtigalloskop!«
    Er wies mit prahlerischer Geste auf das Fernrohr.
    »Wenn man zu den Sternen hinaufblickt, sieht man die Vergangenheit. Das Licht der Sterne, die du am Firmament siehst, ist Millionen, Milliarden Jahre alt ... Aber die Leute reden immer nur vom Licht der Sterne, dabei ist die Finsternis zwischen den Sternen genauso alt, ja, meistens sogar viel älter - und es gibt viel mehr davon! Dunkelheit altert wie Wein, je älter sie ist, desto besser ... Die Dunkelheit in diesem Raum ist fast fünf Milliarden Jahre alt ... ein besonders guter Jahrgang.«
    Er schnaufte und schmatzte kennerhaft, als würde er einen kostspieligen Rotwein verkosten.
    »Ich will dich nicht mit Einzelheiten überfordem, mein Junge, außerdem ist die Sache streng geheim, nur soviel, daß ich einen Weg gefunden habe, meine Nachtigallerstrahlen über ein ausgetüfteltes Prismen-, Linsen- und Spiegelsystem
    im Raum zu krümmen und damit durch ein Wurmloch schicken zu können!«
    Er lehnte sich selbstgefällig zurück, schob die Finger seiner Hände zusammen und ließ seine Daumen umeinander kreisen wie ein Rechtsanwalt, der dem Richter gerade ein unumstößliches Alibi vorgelegt hatte.
    Ein Wurmloch, das zu wissen, gehörte zum Standardrepertoire eines Nachtakademieschülers, war so etwas wie eine Abkürzung durchs Universum, eine Art Geheimtunnel in der Raumzeit, durch den man schneller als gewöhnlich an sehr entfernte Orte im Weltall kommen konnte. Wenn ich es richtig verstand, behauptete Nachtigaller, daß er Strahlen auf eine Art Zeitreise durchs All geschickt habe. »Und nicht nur das!«
    Er deutete auf ein anderes Teil des Nachtigallerators, das aussah wie ein mechanisches Stachelschwein.
    »Diese Strahlen sind in der Lage, größere Teile der Schwärze des Weltalls loszuschneiden, und vermittels dieses retromagnetischen Teilchenstaubsaugers (der übrigens unter dem Namen Nachtigaller 3000 gerade patentiert wird) kann ich diese Materie aus dem Weltall direkt absaugen! Dunkelheit, seit Millionen Jahren vakuumverpackt, direkt aus dem hintersten Winkel des Universums, hier auf den Tisch! Dunkler kann Dunkelheit nicht sein!«

    Der Professor stöhnte triumphierend.
    »Am Himmel zurück bleiben nach dem Herausschneiden nur noch Löcher, die so abgrundtief schwarz sind, daß selbst Licht in ihnen verschwindet! Wissenschaftler kommender Generationen werden sich noch die Köpfe darüber zerbrechen, woher diese schwarzen Löcher kommen, hehe!«
    Nachtigaller wurde für eine Weile sehr schweigsam und ächzte nur abwesend vor sich hin.
    »Ich habe nur noch keinen Weg gefunden, diese dunkle Materie sinnvoll anzuwenden! Sie ist hier, aber sie entzieht sich jeder praktischen Nutzung. Sie ist so verdammt negativ!« brummte er.
    Nachtigaller verfiel in dumpfes Brüten.
    Ich hatte den Eindruck, etwas Aufmunterndes sagen zu müssen.
    »Vielleicht muß sich die Materie erst an die neuen Verhältnisse gewöhnen! Ich kann mich noch gut erinnern, als ich die erste Woche in den Finsterbergen war, da fühlte ich mich auch ...«
    »Ach was!« unterbrach mich der Professor unwirsch. »Was weißt du denn schon von den Mysterien des Weltalls?« Er hatte recht - was verstand ich schon davon? Ich fühlte mich tatsächlich von den Einzelheiten etwas überfordert und dachte daran, nun, nachdem ich mich gebührend blamiert hatte, einen möglichst eleganten Abgang zu machen. »Tja«, sagte ich, »schon spät, hähä ... ich will dann mal nicht länger stören«,

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