Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär
Skelette auf und flössen als weicher Knochenbrei zu Boden. Die Gimpel tanzten durch den Regen. Ich selbst achtete aufmerksam darauf, daß es keinem der Skelette gelang zu entkommen.
Mittlerweile hatten sich fast alle verflüssigt und waren zurückgesickert in den Erdboden, aus dem sie gekommen waren. Hier und da lagen noch ein paar Schädel mit mahlenden Zähnen, aber die wurden von Gimpeln sorgfältig zertrampelt. Bald gab es keine einzige Spur mehr von den Sandmännern. Die Gimpel klopften mir auf die Schulter und gratulierten mir zu meiner Wachsamkeit.
Wir entschieden uns, ausnahmsweise bei Nacht weiterzuziehen und unser Lager an einer anderen Stelle aufzuschlagen.
Nach dem Vorfall mit den Sandmännern stand für mich endgültig fest, daß ich versuchen mußte, die Süße Wüste so bald wie möglich auf eigene Faust zu verlassen. Das war eindeutig nicht die Umgebung, in der ich mein weiteres Leben verbringen wollte. Es wurde auch immer deutlicher, daß der Lebensstil der Gimpel sich auf Dauer mit dem meinigen nicht vereinbaren ließ. Ganz so konfliktfrei, wie es sich zunächst darstellte, war das Leben unter den Gimpeln nämlich nicht. Mit der Zeit registrierte ich eine Reihe von Macken und Marotten, die einem auch bei tolerantester Einstellung ziemlich auf den Wecker gehen konnten.
Da war zunächst, als Folge der Regel Nummer sieben aus der Flaschenpost, ihre Neigung zu furchtbar verhuschten oder gnadenlos phantasievollen Namen, wie etwa Tabea Tabatabea Sonnenschwester oder Zesar Zesozose Zadfrack Glutz oder Unkunkel Universunkel Bozartkartoffel. In der Furcht, der Regel nicht zu entsprechen und für sich einen Namen gewählt zu haben, den es ein zweites Mal im Universum geben könnte, verpaßten sie sich Anreden, deren Hauptmerkmale viele Buchstaben und monströse Wortkombinationen waren. Erschwerend kam hinzu, daß sie, dem zweiten Teil der Regel folgend, darauf bestanden, mit ihrem vollen Namen angesprochen zu werden. Spitznamen oder sonstige Namensverkürzungen waren verpönt und brachten sogar angeblich Unglück.
Pellpemperemm Papriami Parmisani konnte man sich aufgrund einer gewissen Sprachmelodie noch relativ leicht merken, aber schwieriger wurde es bei solchen Zungenbrechern wie Klapaan Kapplakaan Planplackpaklaan. Irrte man sich bei nur einer einzigen Silbe, war der betroffene Gimpel tödlich beleidigt und verfolgte einen tagelang mit vorwurfsvollem Gejammer. Dann blieb einem nur ein Ritual übrig, das die Gimpel »Gimpeln« nannten: Man bewarf sich selbst so lange mit Sand und schrie mit absolut fehlerfreier Aussprache den Namen des Beleidigten in die Wüste, bis dieser einem großmütig verzieh. Das konnte, je nach Kompliziertheit des Namens und Verstimmung des Beleidigten, Tage dauern.
Diese Angelegenheit führte dazu, daß ich verschiedenen Gimpeln mit besonders komplizierten Namen möglichst aus dem Weg zu gehen versuchte. Sie hießen zum Beispiel Chachcherachchech Chechchachcherachchach Scharch oder Fneckfepfeyperepell M. Schrabschubschadenschrublade, wobei ch wirklich nicht wissen möchte, wofür das M. stand. Ich ege noch heute den Verdacht, daß manche ihren Namen wirklich darauf angelegt hatten, daß man sich beim Aussprechen verhaspelte, damit sie ein bißchen die beleidigte Leberwurst spielen konnten, weil sonst so wenig los war in der Wüste. Einen Gimpel fürchtete ich damals besonders, er hieß, ich werde es nie vergessen, Konstantin Konstantinopel Kanstontonipel Zehnneunachtsiebensechsfünfvierdreieins. Der Trick dabei war, daß sein Nachname eigentlich leicht zu merken war, weil es sich um die Zahlen von zehn bis eins rückwärts gezählt handelte, nur fehlte die Zwei. Also konzentrierte man sich immer darauf, die Zwei auszulassen, was, keine Ahnung warum, immer dazu führte, daß man sie dann doch aussprach. Er stellte mir immer wieder nach, und jedesmal gelang es ihm, mich in ein Gespräch zu verwickeln. Und das sah dann immer so oder sehr ähnlich aus:
Er (ich schreibe einfach »er«, damit ich nicht so oft Konstantin Konstantinopel Kanstontonipel Zehnneunachtsiebensechsfünfvierdreieins schreiben muß) (beiläufig): »Hallo, Blaubär!«
Ich: (Seufz) »Hallo ... äh ... Konstantin Konstantinopel Kanstontonipel Zehnneunachtsiebensechsfünfvierdrei...eins!«
(Puh!)
Er: »Gimpes Wetter, nicht wahr, Blaubart«
Ich: »Ja, wirklich schönes Wetter heute ... (stöhn!) ... Konstantin Konstantinopel Kanstontonipel Zehnneunachtsiebensechsfünfvierdrei...eins!« (Uff?)
Er: »Nun,
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