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Die 13. Stunde

Titel: Die 13. Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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Handtasche vom Sitz und rannte zum Terminal. Durch ein unerwartetes Konferenztelefonat, das mehr als fünfundvierzig Minuten gedauert hatte, hinkte sie hinter dem Zeitplan zurück und befürchtete nun, ihren Flug zu verpassen.
    Am Montag hatte sie sich von Dr. Colverhome den Termin geben lassen und sich den Freitagnachmittag freigehalten, um sich ein wenig der Vorfreude auf ihr Mutterglück hingeben zu können.
    Auf dem Beifahrersitz ließ Julia drei Bilderrahmen unterschiedlicher Größe und Aufmachung liegen. Sie hatte die Rahmen auf dem Weg zum Flughafen gekauft, weil sie nicht wusste, wie groß ein Ultraschallbild eigentlich ausfiel. Doch sie wollte es Nick unbedingt an diesem Abend geben und ihn mit der Neuigkeit überraschen. Sie hatte Geschenkpapier mit Teddybärmuster und eine Ausgabe von Dr. Seuss’ Fox in Socks gekauft. In ihrer Kindheit war das ihr Lieblingsbuch gewesen; es hatte für sie nichts Schöneres gegeben, als ihrem Vater zuzuhören, wenn er ihr aus dem Buch vorlas. Sie hoffte, dass Nick diese Tradition mit ihrem Kind fortsetzte.
    Julia schaute auf die Uhr. Eine Minute nach elf. Das Flugzeug sollte um 11.16 Uhr starten; sie konnte es also gerade eben schaffen. Auf einem kleinen Regionalflughafen wie dem Westchester Airport waren die Warteschlangen kurz, und auch mit Sicherheitsüberprüfungen hielt man sich nicht lange auf.
    Nachdem Julia ihre Bordkarte erhalten hatte, brachte sie rasch die Sicherheitssperre hinter sich und sah zu ihrer Erleichterung, dass die anderen Passagiere gerade erst in die Maschine stiegen. Aus irgendeinem Grund war sie über alle Maßen aufgeregt, und sie hätte nichts lieber getan, als Nick anzurufen und ihm die freudige Nachricht mitzuteilen – doch ihre Geduld trug letztlich den Sieg davon. Sie wollte die Überraschung auf Nicks Gesicht sehen, wollte spüren, wie er sie mit der gleichen Freude in die Arme schloss, die sie selbst empfunden hatte, als sie von ihrer Schwangerschaft erfuhr.
    Nick wusste nicht, was sie vorhatte, und er ahnte auch nicht, dass sie heute eine kurze Flugreise machte. Bei diesem Gedanken verspürte Julia leise Schuldgefühle. Nick hasste das Fliegen und bestand jedes Mal darauf, von ihr zu erfahren, wann sie in eine Maschine stieg. Nach jeder Landung musste sie ihn sofort anrufen. Diesmal jedoch informierte Julia ihn nicht. Nick würde Fragen stellen – und ihre Antworten wären allzu durchsichtige Schwindeleien für einen Menschen, der in ihrem Gesicht lesen konnte wie in einem offenen Buch.
     
Nick saß in seinem Audi, die SIG Sauer in der Hand. Er überprüfte die Sicherung, legte ein Magazin ein und schob sich die Waffe unter den Hosenbund.
    Nick war durch Byram Hills gefahren, das sich in der gewohnten Sommervormittagsroutine befand: Mütter mit Kinderwagen unterwegs zu einem frühen Mittagessen im Country Kitchen; Arbeiter, die sich ihre erste Pizza des Tages holten; Landschaftsgärtner, die ihre Kleinlaster mit Pflanzen beluden; Immobilienmakler, die vor ihren Büros Kaffee tranken und über ihre neuesten Angebote sprachen, während Väter in die Bankfiliale eilten, um das Geld für das lange Wochenende am Strand abzuheben. Eine ganz normale Kleinstadt; ein friedliches Nebenher und Miteinander.
    Noch ahnte niemand, dass sich in weniger als einer Stunde alles dramatisch ändern würde.
    Nick bog zum Polizeirevier ab. Er wusste, dass es nur noch einen Menschen gab, dem er trauen konnte und der über die nötigen Fähigkeiten und die erforderliche Autorität verfügte. Nick hatte die Gesetzestreue dieses Mannes erkannt, als er seinem korrupten Partner die Stirn geboten hatte; er hatte seinen lauteren Charakter im Angesicht der Katastrophe auf der Absturzstelle bewiesen und gezeigt, dass er von seinem Glauben an das Richtige und Falsche überzeugt war.
    Vor allem konnte Nick sich darauf verlassen, dass dieser Mann das Richtige tat.
     
Sam Dreyfus klappte das kleine Dreibein aus, stellte den fünfzehn Zentimeter langen Mikrolaser fest auf den Boden und richtete ihn genau auf die Linse der Kamera an der Ostwand des Gebäudes, die den Parkplatz überwachte, sodass der Laserstrahl das Bild, das die Optik aufnahm, mit Lichtrauschen überflutete. Dabei wurde die Kamera zwar nicht zerstört, doch das Rauschen störte die Aufnahmefähigkeit der Optik derart, dass sie fünfzehn Minuten lang funktionsuntüchtig war; danach würde die Unstimmigkeit im System einen Alarm auslösen und eine Untersuchung anfordern.
    An den Kameras im Westen und Norden

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