Die 13. Stunde
einzigartigen Zugangssystemen, von Alarmanlagen und Überwachungsvorrichtungen, die das Untergeschoss von Hennicots Haus zu einem einzigen großen Tresor für dessen unvergleichliche Kunstsammlung machten.
Noch faszinierter war Sam, als er die Inventarliste von Hennicots Minimuseum entdeckte. Antike Waffen, Juwelen, Gemälde und Skulpturen; der Schätzwert jedes einzelnen Gegenstands lag zwischen Hunderttausenden bis zu Zigmillionen Dollar. Paul hatte Schaukästen für die antiken Waffen entworfen, klimatisierte Räume für die Kunstwerke, Sockel mit Sensoren für die Skulpturen und einen speziellen achteckigen Schlüssel für die Haupttür zum Gewölbe.
Doch was Sam nicht mehr losließ, war der Gedanke an den Kasten, den Paul zu Hause mit eigenen Händen gebaut hatte, zumal es – anders als bei jedem anderen Gegenstand im Gewölbe – keinen Plan und keine technische Beschreibung dafür gab. Lediglich von einem Mahagonikasten war die Rede. Größe: sechzig Zentimeter im Geviert, dreißig Zentimeter Höhe. Inhalt: persönlich & vertraulich. Für den Kasten war ein eigener Safe angeschafft und ein Geheimraum konstruiert worden, ohne dass es irgendeinen Hinweis auf den Inhalt des Kastens gegeben hätte.
Sams Neugierde wuchs ins Unermessliche. Er durchstöberte jede Akte, durchsuchte jeden Schrank und jede Schublade im Büro seines Bruders, bis er schließlich auf eine handschriftliche Notiz aus Pauls privater Werkstatt stieß, eine zusammengeknüllte linierte Karteikarte, die im Werkzeugkasten lag. Was darauf stand, ging nicht sehr in die Einzelheiten, und wer nicht wusste, was er da las, hätte womöglich nie erraten, worum es dabei ging.
Sam jedoch fand auf der Karteikarte etwas, das sein Leben zu ändern vermochte und ihm den Reichtum und die Macht, vor allem den Respekt verleihen konnte, den er sich mehr als alles andere wünschte, um aus Pauls Schatten treten zu können.
Der Kasten sollte die Familiengeheimnisse behüten, das Wissen, das vom Vater an den Sohn weitergegeben wurde.
Sam lächelte, denn er wusste, was in dem Kasten war.
Im Laufe der nächsten vier Monate verschaffte er sich Kopien der Grundrisse, brachte in Erfahrung, wo die Kameras angebracht waren, und besorgte sich die Codes, die er benötigte, um Schlüssel und Passkarten zu erhalten. Er beschaffte sich Kombinationen und Zugangskennungen, von denen die meisten in Pauls persönlichen Dateien standen.
Nachdem Sam den Besitz ausgespäht hatte, fand er den idealen Kontaktmann im Byram Hills Police Department, einen habgierigen, korrupten Cop. Im Gegenzug für Informationen und Geld sollte dieser Detective seine Kollegen im Zaum halten. Alle Teile hatten sich wunderbar zusammengefügt; es war und wäre Sams größte Leistung.
Er fand, dass er ein opferloses Verbrechen beging, denn der Verlust für Hennicot würde weniger als ein halbes Prozent des Familienvermögens betragen und wäre nach wenigen Wochen in Form von Zinsen selbst dann wieder hereingeholt, wenn die Versicherung den Schaden nicht erstattete.
Und der Inhalt des Kastens … nun, dachte Sam, seinen Wert konnte man mit keinem Preisschild versehen, und weder Ideen noch Geheimnisse ließen sich versichern. Ohne Erben hatte Shamus Hennicot niemanden, dem er den Kasten hinterlassen konnte. Warum also sollte das gute Stück in Zukunft nicht bei jemand anderem sein? Bei einer anderen Familie? Bei jemandem, der nach Höherem strebte als nach Familienstiftungen und Sicherheitsfirmen?
Sam würde am Ende Erfolg haben – zu seinen eigenen Bedingungen. Endlich würde er aus dem Schatten seines Bruders hervortreten, der sein Leben lang über ihm gehangen hatte.
Keine zehn Sekunden nachdem er die Sprechtaste des Walkie-Talkies gedrückt hatte, fuhr ein grüner Ford Taurus auf das Grundstück und parkte hinter Washington House. Ein weißer Chrysler Sebring folgte ihm. Dance stieg vom Fahrersitz des Taurus, während Randall und Johnny Arilio aus dem Chrysler stiegen.
Arilio war seit zehn Jahren Polizist. Er war kontaktfreudig und hielt sich mit seinem breiten Lächeln für den beliebtesten aller Beamten des Reviers, ohne zu begreifen, dass die anderen ihn als unangenehm aufdringlich empfanden. Obwohl zweiunddreißig, trug er sein dunkles Haar sehr lang, als wollte er seine wilde Jugendzeit bewahren. Er betrachtete sich als Frauenheld, hoffte aber insgeheim, ein Mädchen kennenzulernen, mit dem er eine Familie gründen konnte. Leider gelüstete es ihn nach edlem Champagner, wo sein Verdienst
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