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Die 13. Stunde

Titel: Die 13. Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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brauchen. Nun würden sie dieses Ziel nie mehr erreichen. All das Planen, all das Geld … Sie hatten das Wichtigste im Leben aufgeschoben, und jetzt war es zu spät.
    Es sei denn, er fand irgendeinen Fingerzeig, was den Mord an Julia betraf, und verhinderte die Tat, noch ehe sie geschehen konnte.
    Nick warf einen letzten Blick in das Schlafzimmer – praktisch der einzige Raum im Obergeschoss, den sie benutzten. Nichts war durchwühlt, nichts war angerührt. Wenn Julias Mörder irgendetwas gesucht hatte, war es sicher nicht hier oben.
    Nick stieg wieder die Treppe hinunter, öffnete die Vordertür und ging hindurch. Er kam an der offenen Garagentür vorbei, warf einen kurzen Blick auf seinen 8-Zylinder-Audi und betrat die Zufahrt. Julias Lexus-Geländewagen stand dort, wo sie ihn zuletzt abgestellt hatte. Die Türen waren unverschlossen, der Schlüssel steckte, was eindeutig erkennen ließ, dass es keine Zufallstat gewesen war, kein Raub aus Gelegenheit. Nicht einmal der dümmste Räuber hätte ein Siebzigtausenddollar-Fahrzeug stehen lassen, in dem der Schlüssel steckte.
    Nick ging ans Ende der gepflasterten Zufahrt, trat zwischen die beiden Steinpfeiler, die die Einfahrt säumten, und blickte auf die Reifenspuren, die Julias Mörder hinterlassen hatte, als er eilig weggefahren war. Die Breite der Gummispuren verriet nichts; Nick konnte ihnen nicht den Fahrzeugtyp entnehmen, erfuhr nichts über den Fahrer und erlebte keinen großen Aha-Moment wie der Held einer Fernsehserie.
    Er schaute sich in der Gasse neben dem Haus und auf der Verbindungsstraße um. Sie lebten in einem der teuersten Wohngebiete von Byram Hills; hier standen viele Mini-Landhäuser, jedes im Wert von einer Million Dollar und mehr, jedes mit perfektem Rasen und Garten. Alles wurde von einer Heerschar von Gärtnern gepflegt – bis auf Nicks und Julias Haus. Nick mähte das Gras selbst, pflanzte eigenhändig Blumen und kümmerte sich um den Garten. Das war eines seiner Hobbys. Ihr Haus hatte Julia schon als Kind gefallen, wenn sie mit dem Fahrrad daran vorbeigefahren war; sie hatte sich immer gewünscht, eines Tages darin zu wohnen. Nick hatte ihr geholfen, diesen Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen.
    Er ging die Auffahrt wieder hinauf, durchquerte die Garage und betrachtete seinen schmutzigen Wagen. Vom Autowaschen hielt er nicht viel. Ihm war es lieber, wenn der Audi ein bisschen verdreckt war, weil er in der Großstadt dann neben den funkelnden BMWs und Mercedes nicht auffiel, sondern in der Menge unterging und von Autodieben übersehen wurde. Zu Julias großem Ärger hielt er sich an diese Gewohnheit, und da seine Vorsichtsmaßnahme sich bisher als wirksam erwiesen hatte, würde er sie nicht ändern, nur weil …
    Abrupt blieb er stehen.
    In der Schicht aus Staub und Pollen auf dem dunkelblauen Blech der Kofferraumhaube ließ sich der Handabdruck leicht erkennen. Es war offensichtlich, dass er weder von ihm noch von Julia stammte. Die Hand, die diesen Abdruck hinterlassen hatte, war größer und kräftiger und gehörte nicht hierher.
    Nick zog seinen Autoschlüssel aus der Tasche und entriegelte per Knopfdruck den Kofferraum. Als der Deckel sich hob, erblickte er darunter das übliche Chaos: den schwarzen Staubmantel, den er in Wyoming gekauft hatte, Starthilfekabel, einen Verbandkasten, zwei Abschleppseile für den Notfall. Nicks Eishockeyschlittschuhe und die Knie- und Ellbogenschützer der Altherrenmannschaft, in der Marcus und er spielten, lagen neben zwei Schachteln Golfbällen, einem Regenschirm und …
    Nick schnappte nach Luft. Im Verhörraum des Polizeireviers von Byram Hills hatte er den Gegenstand zum ersten Mal gesehen. Dance hatte ihn vor Nick auf den Tisch gelegt und ihn darüber vernommen.
    Nick blickte auf die Mordwaffe, den exotisch verzierten, uralten Colt Peacemaker.
    Jetzt konnte kein Zweifel mehr bestehen. Nick hatte es bereits vorher gewusst, doch nun besaß er Gewissheit: Man hatte ihm den Mord in die Schuhe geschoben.
    Nick starrte wie gebannt auf den Revolver. Er konnte ihn verstecken, doch die Waffe würde mit Sicherheit gefunden. Am liebsten hätte Nick sie gar nicht angerührt. Die Detectives hatten zwar behauptet, seine Fingerabdrücke seien darauf, doch er hielt es für einen Trick, der ihn zu einem Geständnis bewegen sollte, denn es gab weder genug Zeit noch ausreichend Polizeibeamte, um die Abdrücke zu untersuchen. Und Nick würde ihnen nicht die Genugtuung verschaffen, dass er seine Fingerabdrücke nun

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