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Die 13. Stunde

Titel: Die 13. Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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Dokumente sicher aufzubewahren. Nick drehte das Rad nach rechts, nach links und wieder nach rechts. Mit einem Klicken ließ die Tür sich öffnen. Die 9-mm-Pistole, eine SIG Sauer, lag seit über einem halben Jahr hier, geölt und in ein Tuch eingeschlagen. Nick verabscheute Schusswaffen, konnte aber mit einer Waffe umgehen, auch wenn er die Pistole seit Februar nicht mehr abgefeuert hatte. Er wickelte sie aus, ließ sie in seine Hand gleiten und nahm ein Magazin aus der Schublade des Safes. Er schob es in den Pistolengriff, zog den Schlitten zurück, ließ eine Patrone in die Kammer gleiten und ging zur Tür.
    Als er die Bibliothek verließ und ins Wohnzimmer ging, verstummte das nervtötende Klingeln des Telefons. Die plötzliche Stille wirkte auf Nick wie ein böses Omen. Er hielt sich dicht an der Wand, die Pistole vor der Brust, und spähte in den Korridor. Im nächsten Moment fiel ihm ein, dass er den Alarm vergessen hatte. Aber das konnte ein Vorteil sein: Die überforderte Polizei würde ohnehin nicht erscheinen, wenn der Alarm aktiviert wurde, aber vielleicht schreckte er Eindringlinge ab und brachte ihm, Nick, dadurch den Vorteil, den er brauchte.
    Nick entsicherte die Pistole, huschte in den Eingangsbereich und vergewisserte sich mit einem Blick durch die kleinen Fenster links und rechts neben der Haustür, dass der schwergewichtige Mann noch immer draußen stand. Geräuschlos hob Nick die Hand und drückte den Panikknopf.
     
Julias Angst verebbte, und sie konnte wieder halbwegs klar denken. Wer könnte es auf ihr Leben abgesehen haben? War in letzter Zeit irgendetwas geschehen, das …
    Ihr stockte der Atem.
     Mit einem Mal wusste sie, weshalb man es auf sie abgesehen hatte.
    Sie durfte nicht wieder ans Telefon gehen! Der Mann, mit dem sie vorhin fünf Minuten lang telefoniert hatte, rief gerade wieder an.
    Der Mann, an den sie sich mit ihrem Problem gewandt hatte.
    Der Mann, der sie nun töten wollte.
    Rasch kroch Julia in den Flur und vergewisserte sich, dass Nick die Tür abgeschlossen hatte. Sie hob den Arm, nahm die Handtasche vom Haken und zog sie zu sich auf den Boden. Sie griff hinein, nahm ihr Handy heraus und wählte mit zitternden Fingern die 911.
    »Notrufzentrale«, meldete sich eine Frauenstimme.
    »Hier ist Julia Quinn«, flüsterte sie. »Townsend Court, Byram Hills. Bitte, ich brauche Hilfe. Beeilen Sie sich! Mein Mann und ich …«
    Dann hörte sie das Geräusch, und ihr versagte die Stimme. Kalter Schweiß brach ihr aus, und ihr Atem ging stoßweise.
    Wieder hörte sie, wie die Tür zur Garage ein leises Klicken von sich gab.
    Wie erstarrt beobachtete Julia, wie die Tür sich öffnete.
     
Nick riss die Haustür auf und hob die Pistole, doch der massige Mann war verschwunden. Nick trat auf die Veranda, die Waffe in beiden Händen, die er in weitem Bogen von links nach rechts schwenkte. Endlich entdeckte er den Mann; ohne sich umzusehen, eilte der Fremde unbeholfen zu seinem Wagen.
    Nick atmete erleichtert auf, senkte die Pistole und legte mit dem Daumen die Sicherung vor. Das Läuten des Telefons verstummte; nur noch das Schrillen des Alarms war zu vernehmen. Das Gefühl einer unmittelbaren Bedrohung schwand.
     Dann aber blieb Nick fast das Herz stehen, als er beobachtete, wie der dicke Mann die Autotür öffnete und einstieg. Sofort packte Nick den Pistolengriff fester, entsicherte die Waffe wieder und rannte zur Küche.
    Er verfluchte sich selbst. Wie hatte ihm ein solcher Fehler unterlaufen können? Er hatte sich überlisten und für einen kurzen Moment von Julia weglocken lassen – mit verhängnisvollen Folgen.
    Nick hatte nie die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass es mehr als ein Mörder sein könnte.
    Und nun hatte er beobachtet, wie der dicke Mann an der Beifahrerseite des Wagens einstieg.
    Es gab noch jemanden.
     
Julia starrte zu der Waffe hoch. Die Welt bewegte sich nur noch im Kriechtempo; die Zeit floss zäh wie Sirup. Sie konnte nicht verstehen und würde nie begreifen, woher Nick gewusst hatte, dass dieser Augenblick käme. Sie bedauerte, nicht auf ihn gehört zu haben und nicht in der Küche geblieben zu sein, denn sie wusste, dass seine schreckliche Vorhersage nun eintreffen würde.
    Jetzt würde sie Nick nie mehr in die richtige Richtung lenken können. Niemand würde je die Wahrheit erfahren. Ihr Mörder hatte sie am Telefon beschäftigt, hatte sie mit seinen Anrufen abgelenkt, während er zu ihr gefahren war, damit sie an Ort und Stelle blieb.
    Julia starrte

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