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Die 13. Stunde

Titel: Die 13. Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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schulde ihm seinen Lebensunterhalt. Und wenn nicht die Welt, so doch sein Bruder Paul. Immerhin blieben die Flucht vor der Einberufung und Drogenmissbrauch die einzigen Vergehen, die Sam zur Last gelegt werden konnten. Seine Unhöflichkeit und Ichbezogenheit waren schließlich keine Verbrechen. Wäre es anders gewesen, hätte Sam längst hinter Gittern gesessen.
    Im Lauf der letzten zwanzig Jahre hatte Paul seinem Bruder immer wieder Arbeit gegeben und zahlte ihm dafür, dass er absolut nichts tat, ein Gehalt, das auf fast eine Million Dollar im Jahr angewachsen war. Paul überschrieb ihm sogar einen Anteil an seiner Firma, damit er seinen Kindern etwas hinterlassen konnte. Paul hatte gehofft, damit ein wenig Stolz bei Sam zu wecken und für ein bisschen Engagement zu sorgen, doch wie so viele Bemühungen zuvor erwies sich auch dieser Versuch als wirkungslos. Sam trug kaum zum Erfolg des Unternehmens bei, brachte keinen einzigen neuen Kunden ein und schien am Geschäft mehr oder weniger desinteressiert zu sein. Allmählich war der Punkt erreicht gewesen, an dem Paul ernsthaft überlegte, seinen Bruder fallen zu lassen.
    Doch während des letzten Jahres hatte Paul eine Veränderung bei Sam bemerkt. Mit einem Mal kam er um acht Uhr morgens ins Büro und leistete volle Arbeitstage ab. Er brachte sogar neue Ideen ein und behandelte die Angestellten mit dem Respekt, der ihnen zustand. Neunundvierzig Jahre hatte Sam Dreyfus gebraucht, um erwachsen zu werden, doch endlich hatte er es geschafft.
    Die Familien der Brüder nahmen wieder Kontakt zueinander auf. Auf Präsentationen stellte Paul ihn stolz als seinen Bruder vor. Innerhalb von sechs Monaten zog Sam drei große Aufträge im Wert von etlichen Millionen Dollar an Land. Er verdiente sich tatsächlich sein üppiges Gehalt.
    Dann aber wurde Pauls Welt erneut auf den Kopf gestellt.
    Eines Morgens war er um Viertel vor sieben ins Büro gekommen und hatte auf dem Boden eine Quittung für einen seiner patentierten achteckigen Schlüssel gefunden. Als er den Zettel aufhob, fluchte er stumm auf den Trottel, der diesen Zettel hatte fallen lassen. Dann sah er, von wem die Quittung unterzeichnet worden war. Und plötzlich begriff er, was Sam getan hatte.
    Für Paul brach eine Welt zusammen, als er feststellte, dass das firmeneigene Schließsystem kompromittiert und die Akten und Pläne des Anwesens von Shamus Hennicot verschwunden waren. Passcodes waren gestohlen, Safe- und Schlosskombinationen abgerufen, Codekarten erstellt und autorisiert worden.
    Paul loggte sich in Sams Computer ein. Obwohl sein Bruder in den zurückliegenden Monaten sein Vertrauen erworben hatte, hatte Paul sich eine Hintertür offen gelassen, um auf Sams Dateien zugreifen zu können, falls dieser einen Rückfall in sein früheres Ich erleiden sollte. Wegen dieses Vertrauensmangels fühlte Paul sich anfangs schrecklich, doch die Entdeckungen, die er machte, als er die persönlichen Dateien seines Bruders aufrief, rissen jedes Schuldgefühl davon. Von dunklen Ahnungen erfüllt, druckte er Sams Notizen aus. Als er sie las, erkannte er, wie sehr sein Bruder ihn tatsächlich verraten hatte.
    Ohne seiner Frau ein Wort zu sagen, nahm Paul seinen »Notkoffer« mit Passcode-Resets, fünfhunderttausend Dollar in bar und eine Smith & Wesson. Er legte noch drei Seiten aus dem Computer seines Bruders dazu, ehe er zu dem kleinen Flugplatz fuhr, wo seine Cessna 400 stand. Tony Richter, dem Fluglotsen, den er seit zwanzig Jahren kannte, zahlte er zehntausend Dollar, damit er vergaß, dass seine Maschine um 7.15 Uhr vom Rollfeld abhob; stattdessen sollte Richter behaupten, das Flugzeug stände noch immer im Hangar. Paul wollte nicht, dass jemand von seinem Aufbruch erfuhr oder sein Kommen ahnte; er hatte verhindern wollen, dass Sam herausfand, was er plante …
     
Dance’ Faust traf Paul Dreyfus auf das rechte Auge, riss ihn aus den Erinnerungen an die Vergangenheit und zerrte ihn in die Gegenwart zurück.
    »Wo ist der Kasten?«
    Dreyfus starrte Dance an und lachte hämisch. »Er hat vorausgesagt, dass Sie das tun würden«, verspottete er Dance.
    »Wer?«
    »Er hat gesagt, er weiß alles über den Einbruch«, fügte Dreyfus hinzu und genoss die Wirkung, die seine Worte auf Dance hatten. »Er sagte, Sie würden mich in einen See werfen. Ich hätte ihm zuhören sollen.«
     »Wem?«
    »Weiß ich nicht, aber er sah reichlich sauer aus.« Paul Dreyfus hielt kurz inne. »Mordsmäßig sauer.«
    »Der Kerl, der bei Ihnen

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