Die 13. Stunde
ist nur die: Ich habe heute Morgen um sieben Uhr gesehen, wie er alles abgelegt hat, und Sie kämen auf keinen Fall in unseren Umkleideraum. Der ist wasserdicht, und vor dem Flugzeugabsturz wimmelte es dort von Bullen.«
»Wem gehört der Anhänger?«, fragte Nick gespannt.
»Ironischerweise gehört er Detective Dance«, antwortete Shannon.
»Ganz sicher?«, fragte Nick langsam.
»Absolut.« Shannon beugte sich vor. »Sehen Sie die Scharte am Rand? Das ist bei irgendeiner Nebentätigkeit am anderen Ende des Bezirks passiert. Und die Inschrift auf der Rückseite hat seine Mutter eingravieren lassen: Wunder gibt es wirklich. Sie war eine großartige Frau und sehr fromm. Sie glaubte, dass Gottes Hand das Schicksal führt und dass wir alle uns nach dem Tod einem höheren Richter stellen müssen. Dance war ihr einziges Kind. Ihr Wunder.«
Plötzlich fügte sich alles zusammen.
Dance hatte Julia ermordet … und Paul Dreyfus, McManus und Marcus. Dieser Mann war Abschaum, der verkommenste Mensch, den Nick je kennengelernt hatte. Endlich hatten seine Gedanken ein Ziel. Er musste den Einbruch verhindern. Dance durfte ihn auf keinen Fall um 11.15 Uhr dieses Tages begehen. Dann gäbe es keinen Grund, Julia und die anderen zu ermorden.
Vor allem aber tröstete es Nick zu wissen, dass seine Suche nach Julias Mörder vorüber war, selbst wenn er den Einbruch nicht verhindern konnte.
Er wusste jetzt, wen er töten musste.
Er blickte Shannon an, und seine Meinung über diesen Mann änderte sich zum dritten Mal am gleichen Tag. »Warum tragen Sie beide den gleichen Anhänger?«
»Dance kann ein ziemlicher Arsch sein, aber er gehört zur Familie. Vor ein paar Jahren hat er mir diesen Job verschafft. Außerdem sind wir in Brooklyn auf die gleiche Highschool gegangen. Er ist mein Vetter.«
»Ihr Vetter?«, fragte Nick fassungslos.
»Ja. Wir haben beide die St. Christopher’s Catholic High School in Brooklyn besucht. Da bekommt man diese Anhänger beim Schulabschluss, und ….«
»Ich unterbreche Sie nur ungern, aber meine Frau weiß nicht, wo ich bin.« Nick musste so rasch wie möglich das Polizeirevier verlassen, wenn er Dance aufhalten und den Einbruch verhindern wollte.
»Ja, sicher.« Shannon stand auf, nahm die beiden Anhänger, steckte seinen in die Tasche, legte Dances in den Korb und öffnete die Tür des Verhörraums. »Ich muss Sie nur austragen, und Sie müssen für Ihre Sachen unterschreiben. Das geht schnell, das verspreche ich Ihnen.«
Nick erhob sich und folgte Shannon aus dem Raum, erleichtert, wieder frei zu sein und die Chance zu haben, alles ins Lot zu bringen und Julia zu retten, sodass sie doch noch eine gemeinsame Zukunft vor sich hatten.
Shannon stellte den Korb auf einen kleinen Schreibtisch in der Eingangshalle und füllte rasch ein Freilassungsformular mit zwei angehefteten Durchschlägen aus. »Ihre Pistole ist in unserem Waffenschrank. Ich hole sie, sobald wir Sie ausgetragen haben.«
Nick nahm Marcus’ Brief zusammen mit dem Schreiben des Europäers an sich und steckte beides in die Jackentasche, froh, dass Shannon nicht hineingeschaut hatte.
»He, Shannon, was machst du da?«, rief Dance aus dem abgesperrten Bereich des Polizeireviers. In seinem blauen Blazer, dem weißen Kaufhaushemd und der blau gestreiften Krawatte zeigten sich noch nicht die Anstrengungen des Tages.
»Wo bist du den ganzen Morgen gewesen?«, rief Shannon wütend zurück. »Erst kann ich dich stundenlang nicht finden, und jetzt halst du mir so eine lächerliche Befragung auf!«
Dance stürmte über den Korridor, ging an Shannon vorbei, packte Nicks Arm und führte ihn den Gang hinunter.
»He!«, rief Shannon und eilte ihnen nach. »Was zum Teufel machst du da?«
Dance zerrte Nick weiter mit sich. Er öffnete eine Stahltür, die in einen großen Raum mit fünf Gefängniszellen führte.
»Lass den Mann laufen, Dance«, sagte Shannon. »Er hat nichts verbrochen.«
»Der gute alte Shannon hat wohl einen Narren an Ihnen gefressen«, sagte Dance zu Nick, zog die Tür der ersten Zelle auf, stieß Nick hinein und schlug die eisenverstärkte Tür mit einem Knall hinter sich zu. Die Zelle war drei mal drei Meter groß und wurde von typischen senkrechten Gitterstäben mit Querverstrebungen gebildet. In der Mitte standen zwei Klappstühle, und an der Wand war eine Holzpritsche angebracht.
»Warum steckst du den Mann hier rein?«, fragte Shannon, als er in die Zelle trat. »Lass ihn laufen. Seine Frau wäre beinahe mit dem
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