Die 2 Chance
etwas bekommen, was du noch nie zuvor gehabt hast.«
»Er könnte sie aber auch wieder gegen das Schienbein treten«, sagte Jill.
»Hoppla.« Cindy schaute zu Jill hinüber. »Die Aussicht auf Mutterschaft hat dich nicht gerade sanft und weich gemacht.«
»Ein Rendezvous mit dem Reverend, und plötzlich bist du das Gewissen der Gruppe?«, schoss Jill zurück. »Ich bin tief beeindruckt.«
Wir schauten Cindy an und unterdrückten ein Lächeln.
»Das stimmt.« Claire nickte. »Du glaubst doch nicht etwa, dass du so leicht vom Haken kommst.«
Cindy wurde rot. Seit ich Cindy Thomas kannte, hatte ich sie nie rot werden sehen.
»Ihr beide seid ein schönes Paar«, fügte ich hinzu.
»Ich mag ihn«, stieß Cindy hervor. »Wir haben uns stundenlang unterhalten. In einer Bar. Dann hat er mich nach Hause gebracht. Ende.«
»Klar.« Jill grinste. »Er sieht gut aus, hat einen festen Job, und falls du je tragisch ums Leben kommen solltest, brauchst du dir keine Sorgen zu machen, wer den Gedenkgottesdienst für dich abhält.«
»Daran hatte ich noch nicht gedacht.« Endlich lächelte Cindy. »Hört zu, es war nur eine Verabredung. Ich schreibe über ihn und dieses Stadtviertel einen Artikel. Ich bin sicher, dass er mich nicht noch mal um ein Rendezvous bittet.«
»Aber vielleicht bittest du ihn ja darum«, meinte Jill.
»Wir sind Freunde. Nein, wir gehen freundlich miteinander um. Es waren großartige Stunden. Ich garantiere, ihr alle hättet sie auch genossen. Das war eine
Recherche
«, erklärte Cindy und verschränkte die Arme.
Wir lächelten. Aber Cindy hatte Recht – keine von uns hätte ein paar Stunden mit Aaron Winslow abgelehnt. Mich überlief immer noch ein Schauder, wenn ich an seine Rede bei Tasha Catchings Beerdigung dachte.
Als wir unseren Abfall zusammenknüllten, wandte ich mich an Jill. »Und wie fühlst du dich? Alles okay?«
Sie lächelte. »Ziemlich gut.« Dann legte sie die Hände auf ihr kaum sichtbares Bäuchlein und blies die Backen auf, als wollte sie sagen:
fett
…»Ich muss noch diesen letzten Fall abschließen. Danach – wer weiß– nehme ich mir vielleicht sogar einige Zeit frei.«
»Das glaube ich erst, wenn ich es sehe.« Cindy lachte. Claire und ich gaben ihr mit den Augen zu verstehen, dass wir ganz ihrer Meinung seien.
»Durchaus möglich, dass ich euch überrasche«, sagte Jill.
»Und was willst du jetzt tun?«, fragte mich Claire, als wir gingen.
»Ich versuche weiterhin, eine Verbindung zwischen den Opfern zu finden. Die muss es geben.«
Sie blickte mir tief in die Augen. »Ich meinte wegen deines Vaters.«
»Ich weiß es nicht. Es ist eine schlimme Zeit. Und plötzlich taucht Marty auf und fordert den Erlass seiner Schuld. Er soll in der Schlange warten.«
Claire stand auf und schenkte mir eines ihrer weisen Lächeln.
»Offenbar hast du einen Vorschlag«, sagte ich.
»Natürlich. Warum tust du nicht das, was man normalerweise in einer Situation voller Zweifel und Stress tut?«
»Und das wäre…?«
»Koch dem Mann was Gutes.«
An diesem Nachmittag saß Cindy im Redaktionsbüro des
Chronicle
vor ihrem Computer und nippte an einem Stewart’s Orange and Cream und war erneut mit einer unergiebigen Recherche beschäftigt.
Irgendwo in den tiefsten Tiefen ihres Gedächtnisses war etwas, das sie gespeichert hatte, eine nagende Erinnerung, die sie nicht einordnen konnte.
Chimäre
… das Wort war ihr in einem anderen Zusammenhang untergekommen, der vielleicht für den Fall hilfreich war.
Sie war die Online-Archive des
Chronicle
durchgegangen, hatte aber nichts gefunden. Dann hatte sie die üblichen Suchmaschinen ausgewertet: Yahoo, Jeeves, Google. Sie streckte ihre Fühler in alle Richtungen aus. Wie Lindsay hatte sie das Gefühl, dass dieses Fantasie-Monster irgendwohin anders hinführte als zu den Hass-Gruppen. Es führte zu einem abartig veranlagten, sehr gerissenen Individuum.
Los, weiter
. Sie atmete aus und drückte frustriert auf die Tasten.
Ich weiß, dass du hier irgendwo steckst.
Es wurde bereits Abend, und sie hatte noch nichts zustande gebracht. Nicht mal eine Schlagzeile für die Morgenausgabe. Ihr Redakteur würde stinksauer sein.
Wir haben Leser
, würde er mürrisch murmeln,
und Leser wollen Kontinuität
. Sie musste ihm irgendwas versprechen.
Aber was?
Die Ermittlungen steckten in einer Sackgasse.
Schließlich fand sie es in Google, als sie mit müden Augen die achte Seite der Antworten las. Es traf sie wie ein Schlag.
Chimäre… Höllenloch, ein
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