Die 2 Chance
einen Rückruf.
Den ganzen Vormittag hatte ich an meinem Mordfall gearbeitet – dabei lief ständig in meinem Hinterkopf die entsetzliche Szene mit meinem Vater ab. Hatte ich das Recht, ihn wegen Dingen, die vor zwanzig Jahren geschehen waren, zu verurteilen? Viel wichtiger:
Inwieweit war mein Vater mit der Chimäre verstrickt
?
Ich saß an meinem Schreibtisch und aß gerade ein Sandwich, als Karen den Kopf hereinsteckte. »Anruf auf Leitung Eins, Lieutenant.«
»Redwood City?«, fragte ich, als ich zum Hörer griff.
Karen schüttelte den Kopf. »Der Mann hat gesagt, Sie würden ihn kennen. Er sei ein alter Freund Ihres Vaters.«
Ich verkrampfte mich. »Legen Sie das Gespräch auf Vier«, sagte ich. Vier war die allgemeine Büroleitung. »Den Anruf zurückverfolgen, Karen, sofort.«
Ich sprang auf und winkte Jacobi. Ich hielt vier Finger hoch und deutete auf das Telefon. Sekunden später war das gesamte Büro in Alarm versetzt. Alle wussten: Das war die Chimäre.
Wir brauchten neunzig Sekunden, um den Standort des Anrufers genau zu bestimmen. Sechzig, um den Distrikt in der Stadt einzugrenzen,
falls
er aus San Francisco anrief. Lorraine, Morelli und Chin rannten alle herbei, ihre Mienen drückten Erwartung aus.
Ich nahm das Telefon ab. Jacobi tat draußen das Gleiche. »Boxer«, sagte ich.
»Tut mir Leid, dass wir neulich Abend nicht so richtig Spaß hatten, Lieutenant.« Coombs lachte. »Ich wollte Sie über den Jordan schicken. Auf meine ganz spezielle Art.«
»Warum rufen Sie an?«, fragte ich. »Was wollen Sie, Coombs?«
»Ich habe Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen. Vielleicht hilft es Ihnen, die letzten zwanzig Jahre zu verstehen.«
»Ich habe damit keine Probleme, Coombs. Man hat Sie wegen Mordes verurteilt.«
Er lachte höhnisch. »Nicht
meine
zwanzig Jahre…
Ihre
.«
Mein Herz machte einen Satz. Ich sprach gerade mit dem Mann, der mir eine Pistole an den Kopf gedrückt hatte. Ich musste ihn hinhalten, ihn ärgerlich machen… alles, damit er in der verfluchten Leitung blieb.
Ich schaute auf die Uhr. Fünfunddreißig Sekunden waren verstrichen. »Wo sind Sie, Coombs?«
»Immer dieses dümmliche Polizeigequatsche, Lieutenant. Langsam verliere ich den Respekt vor Ihnen. Angeblich sind Sie doch eine gescheite Tussi und machen Ihren Marty stolz. Sagen Sie mir, wie kommt es, dass all diese Menschen tot sind, Sie aber immer noch nicht richtig durchblicken?«
Ich spürte, dass er mich verhöhnte. Herrgott, hasste ich diesen Mann. »Was ist das, Coombs? Was habe ich immer noch nicht kapiert?«
»Ich habe gehört, dass Ihr Daddy um die Zeit abgehauen ist, als ich in den Knast kam«, sagte er.
Ich wusste, worauf er hinauswollte. Aber ich musste ihn in der Leitung halten. Jacobi hörte draußen mit und beobachtete mich gleichzeitig.
Coombs lachte dreckig. »Wahrscheinlich haben Sie geglaubt, Ihr alter Herr wäre mit irgendeiner Bardame durchgebrannt oder dass er üble Markierungen auf der Straße zurückgelassen hat.« Wieder dieses widerliche Lachen. »Mein Gott, das muss ja schlimm gewesen sein, als er abgehauen und dann Ihre Mammi gestorben ist«, sagte er mit gespieltem Mitleid in der Stimme.
»Ich werde es genießen, Sie hinter Gitter zu bringen, Coombs. Ich werde da sein, wenn sich in San Quentin der Kolben bewegt.«
»Wirklich schade, dass du dafür keine Gelegenheit mehr haben wirst, Schätzchen.
Hör zu!
Dein Alter hat Markierungen hinterlassen.
Bei mir… ich besitze sie.
Ich habe die Schuld auf mich genommen. Für ihn. Für die gesamte Polizei. Ich habe meine Zeit abgesessen. Aber, rate mal, kleine Lindsay? Ich war nicht allein.«
Jede Faser meines Körpers verspannte sich. Meine Brust explodierte beinahe vor Wut. Ich schaute zu Jacobi. Er nickte mir zu, als wollte er sagen:
Ja, noch ein paar Sekunden… halt ihn an der Strippe
.
»Sie wollen mich, Coombs? Ich habe das Foto in Ihrem Zimmer gesehen. Ich weiß, was Sie wollen. Ich bin bereit, mich mit Ihnen zu treffen…«
»Du willst den Mörder so sehr, dass es beinahe rührend ist. Aber, tut mir Leid, ich muss dein Angebot ablehnen. Ich habe noch ein Rendezvous.«
»Coombs«, sagte ich und schaute auf die Uhr. »Sie wollen mich, dann los. Sind Sie besser als eine Frau, Frank? Ich glaube nicht.«
»Tut mir Leid, Lieutenant. Danke für das nette Gespräch. Aber – wie immer – sind Sie wieder einen Tick zu spät dran. Ich glaube, Tussis wie du gehören nicht in die Polizei. Nur meine Meinung.«
Dann hörte ich ein Klicken.
Ich
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