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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Stunden, die er mir frei gab, versuchte ich, aus den Gabenschriften zu lernen. Öfter als ich zugeben wollte, vernachlässigte ich jedoch meine Studien und ging stattdessen nach Burgstadt, um mich mit meinem Jungen zu treffen. Manchmal erhaschte ich einen kurzen Blick auf Harm, wie er Jinnas Haus verließ und zu Svanja ging. Unsere Gespräche beschränkten sich auf kurze Begrüßungen und seine leeren Versprechungen, zeitig nach Hause zu kommen, um sich in Ruhe mit mir zu unterhalten. Oft genug sah ich einen spekulativen Ausdruck auf seinem Gesicht, wenn er mich und Jinna zusammen beobachtete, und genauso oft war ich froh, dass er nicht so früh nach Hause kam, wie er versprochen hatte.
    Ich schwebte in der Gefahr, in einer vielleicht nicht ganz bequemen, aber zumindest vorhersehbaren Routine zu versinken. Trotz meiner festen Absicht, stets wachsam nach den Gescheckten Ausschau zu halten, wirkten ihr fortgesetztes Schweigen und ihr Nichtstun einschläfernd auf mich. Fast wagte ich zu hoffen, dass Lutwin an seinen Verletzungen gestorben war. Vielleicht hatten sich seine Anhänger zerstreut, und die Bedrohung bestand nicht mehr. Trotz der Art, wie sie mich in jener Nacht auf dem Weg zur Bocksburg hinauf terrorisiert hatten, fiel es mir zunehmend schwerer, angesichts ihres Schweigens ständig wachsam zu bleiben. Von Zeit zu Zeit befragte mich Chade nach den Ergebnissen meiner Aufklärungsarbeit in diese Richtung, doch ich hatte ihm nichts zu berichten. Soweit ich feststellen konnte, hatten die Gescheckten uns vergessen.
    Gentil Bresinga spionierte ich regelmäßig aus, doch noch immer hatte ich nichts entdeckt, was meinen Verdacht gegen ihn bestätigt hätte. Er schien einfach nur ein niederer Adeliger zu sein, der an den Hof gekommen war, um seinen Status zu verbessern. Auch von seiner Katze fand ich keine Spur in den Ställen. Oft ritt er in Begleitung seines Stallburschen aus, aber bei den wenigen Gelegenheiten, da ich ihn dabei beschattete, schien er einfach nur seinem Pferd ein wenig Bewegung zu verschaffen. Mehrere Male durchsuchte ich seine Gemächer, fand aber nichts Interessanteres als eine kurze Nachricht seiner Mutter, in der sie ihm versicherte, es gehe ihr gut, und dass »wir uns freuen, dass deine Freundschaft zu dem jungen Prinz Pflichtgetreu wächst und gedeiht.« Tatsächlich wuchs und gedieh seine Freundschaft mit dem Prinzen, und das trotz meiner häufigen Ermahnungen, dass Pflichtgetreu ihm mit Vorsicht begegnen solle. Chade und ich hatten darüber diskutiert. Beide hätten wir es gerne gesehen, wenn ihrer Verbindung ein Ende gemacht werden würde; gleichzeitig fragten wir uns jedoch, wie jene vom Alten Blut das auffassen würden.
    Wir hatten keinerlei direkten Kontakt zu einer Gruppe der Zwiehaften, weder zu jenen vom Alten Blut noch zu den Gescheckten. »Wir haben unseren Teil des Handels eingehalten«, bemerkte Chade einmal grantig mir gegenüber. »Seit der Prinz zu uns zurückgekehrt ist, ist kein Zwiehafter in den Bocksmarken mehr hingerichtet worden. Vielleicht war das alles, was sie gewollt haben. Und was die Gescheckten ihnen antun … Nun, wir können nichts daran ändern, solange sie sich bei uns nicht beschweren. Alles scheint irgendwie im Sande verlaufen zu sein, und doch fürchte ich tief in meinem Herzen, dass das nur die Ruhe vor dem Sturm ist. Sei vorsichtig, Junge. Sei vorsichtig.«
    Chade hatte Recht, was die öffentlichen Exekutionen betraf. Königin Kettricken hatte das einfach mit der Anordnung erreicht, dass überhaupt kein Verbrecher in den Bocksmarken hingerichtet werden dürfe, es sei denn auf königlichen Befehl, und selbst dann sollten solche Hinrichtungen in der Burg stattfinden. Bis jetzt hatte keine Stadt eine Hinrichtung beantragt. Allein der Papierkram reichte oftmals schon aus, um auch das glühendste Verlangen nach Rache erkalten zu lassen. Aber während die Zeit verging, und wir nichts von den Gescheckten hörten, empfand ich keine Erleichterung, sondern nach wie vor Sorge. Selbst wenn die Gescheckten uns nicht mehr belästigten, so wussten doch viel zu viele vom Alten Blut, dass unser Prinz zu den Zwiehaften zählte. Das war ein Hebel, den sie jederzeit gegen uns nutzen konnten. Misstrauisch beobachtete ich fremde Tiere und war froh über Gilly, das Frettchen, das in der Burg patrouillierte.
    Dann kam eine Nacht, die meine Wachsamkeit wieder erhöhte. Ich war runter nach Burgstadt gegangen. Als ich an Jinnas Tür klopfte, sagte mir ihre Nichte, dass sie

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