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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Die Gesandten waren bereits begrüßt worden. Kettricken oder Chade konnte ich nicht sehen. Ich nahm an, dass Kettricken auf der Empore saß, Chade und Pflichtgetreu eine Stufe unter ihr. Unser Aussichtspunkt war so, dass wir von schräg oben in die Halle blickten, vermutlich über die Köpfe der drei hinweg. Im hinteren Teil des Audienzsaales saßen die Herzöge und Herzoginnen der Sechs Provinzen beziehungsweise jene, die sie bei Hofe repräsentierten. Merle war natürlich auch da. Bei Hofe fand keine bedeutende Versammlung statt, ohne dass ein Barde als Zeuge dabei gewesen wäre. Sie war prachtvoll gekleidet, doch ihr Gesichtsausdruck war eher feierlich als interessiert, wie ich gedacht hätte. Sie wirkte fast ein wenig abgelenkt und nachdenklich. Ich fragte mich, was ihr wohl Sorgen bereitete, dann richtete ich meine Aufmerksamkeit entschlossen dorthin, wo sie hingehörte.
    In der Mitte unseres Gesichtsfeldes standen die Gesandten von Bingtown. Wie es einer wohlhabenden Handelsstadt geziemte, handelte es sich um Kaufleute und nicht um Adelige. Nichtsdestotrotz waren sie in ihrer Aufmachung jedem Edelmann ebenbürtig. Ihre Kleidung glitzerte von Edelsteinen, und im trüben Licht des Audienzsaales schienen einige der Steine sogar von selbst zu glühen. Eine kleine Frau trug feinen Stoff, der wie Wasser an ihrem Körper runterfloss. Auf der Schulter eines der Männer hockte ein Vogel, dessen Gefieder alle Schattierungen von Rot und Orange zeigte mit Ausnahme des Kopfes, der schlicht weiße Haut war. Das Tier besaß einen riesigen schwarzen Schnabel.
    Hinter den beeindruckenden Kaufleuten stand eine zweite Reihe: vermutlich Diener trotz ihrer aufwendigen Kleidung. Sie trugen Kisten mit Geschenken als Zeichen guten Willens. Zwei davon hoben sich von den anderen ab. Die Eine war eine Frau mit einem stark tätowierten Gesicht. Diese Tätowierungen besaßen kein Muster, keinen Sinn; sie waren einfach nur eine Anhäufung von Tintenkritzeleien, die sich über die gesamten Wangen erstreckten. Ich wusste, dass das bedeutete, dass sie eine Sklavin war, und dass es sich bei jeder Tätowierung um das Siegel eines ihrer Eigentümer handelte. Ich fragte mich, was sie wohl getan haben mochte, dass man sie so oft verkauft hatte. Der andere seltsame Diener trug eine Kapuze und war verschleiert. Der Stoff, aus dem seine Kleidung bestand, war prachtvoll und kunstvoll geschnitten; der Schleier bestand aus edler Spitze. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, und sogar seine Hände waren von Handschuhen verborgen, als wolle man so sicherstellen, dass kein Stück seiner Haut zu sehen war. Das machte mich nervös, und ich beschloss, ihn aufmerksam zu beobachten.
    Als wir eintrafen, hatte man gerade mit der Präsentation der Geschenke begonnen. Insgesamt waren es fünf, und jedes hinreißender als das vorhergehende. Sie wurden mit blumigen Komplimenten überreicht, als ließe sich unsere Königin von solchen Schmeicheleien beeinflussen. Ich misstraute den schönen Reden, aber die Geschenke faszinierten mich. Das erste war eine große Glasphiole mit Parfüm. Als die tätowierte Dienerin vortrat, um es der Königin zu überreichen, erklärte eine große Frau, dass der Duft selbst dem unruhigsten Schläfer süße Träume bescheren würde. Die Träume konnte ich nicht verbürgen, aber als man die Phiole für einen Augenblick öffnete, erfüllte der Duft die ganze Halle und erreichte sogar den Narren und mich in unserem Versteck. Es war kein schwerer Duft, sondern mehr wie eine frische Brise in einem sommerlichen Garten. Wie auch immer, ich sah die Gesichter der Adeligen im hinteren Teil des Raums, als der Duft sie erreichte. Sie lächelten immer breiter, und bei den Misstrauischeren verschwanden die Falten von der Stirn. Selbst ich fühlte, wie meine Vorsicht ein wenig nachließ.
    »Eine Droge?«, fragte ich den Narren.
    »Nein. Nur ein Parfüm, ein Duft von einem freundlicheren Ort.« Ein schwaches Lächeln huschte über sein Gesicht. »Ich kenne diesen Duft von früher, als ich noch ein Kind gewesen bin. Sie fahren weit, um ihn zu holen.«
    Der nächste Diener trat vor und öffnete ein Kästchen vor den Füßen der Königin. Heraus holte er ein einfaches Windspiel, wie man es in jedem Garten finden konnte, nur schien dieses hier aus Glas und nicht aus Metall gemacht zu sein. Er hielt es ruhig, doch auf ein Zeichen des Vogelmannes hin, schüttelte er es und ließ es klingen. Jeder einzelne Ton war süß, und alsbald vereinten sie sich zu

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