Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
die älteren Drachen sogar noch aus einem hochfliegenderen Grund geschaffen worden waren. Als ich darauf mit der Theorie antwortete, dass die Gabensucht einen dazu verleite, sie zu erschaffen, sahen mich beide scharf an.
Sie hatten mir überhaupt recht oft böse Blicke zugeworfen. Meinen Informationen über die Bingtown-Drachen begegneten sie zunächst mit Skepsis, dann mit Verärgerung darüber, dass ich ihnen das nicht schon früher gesagt hatte. Warum ich den Narren vor ihrem Ärger schützte, war mir nicht wirklich klar. Ich log nicht direkt; dafür hatte mich Chade viel zu gut ausgebildet. Stattdessen ließ ich sie glauben, er hätte mir seine Geschichte von den Bingtown-Drachen schon erzählt, als er mich zum ersten Mal besucht hatte. So übernahm ich die Verantwortung dafür, die Information nicht an sie weitergegeben zu haben. Ich zuckte mit den Schultern und erklärte sorglos, ich hätte nicht geglaubt, dass solche Geschichten uns in Bocksburg betreffen könnten. Die beiden schwankten immer noch, ob sie das nun akzeptieren sollten oder nicht.
»Das wirft ein ganz neues Licht auf unsere Drachen«, sinnierte Kettricken.
»Und es lässt die Worte des Verschleierten nicht mehr ganz so beleidigend klingen«, wagte ich hinzuzufügen.
»Vielleicht. Auch wenn ich es noch immer als Affront empfinde, dass er an der Echtheit unserer Drachen gezweifelt hat.«
Chade räusperte sich. »Das müssen wir erst einmal vergessen, meine Liebe. Vergangenes Jahr bin ich in den Besitz einiger Papiere gelangt, die von einem Drachen sprechen, der Bingtown vor der chalcedischen Flotte beschützt hat. Zuerst kam mir das nur wie eine wilde Kriegsgeschichte vor, eine Geschichte von der Art, wie Männer sie oft benutzen, um eine Niederlage zu entschuldigen. Ich nahm an, dass die Gerüchte über unsere Drachen, die Chalcedier dazu verführt hatten, so zu tun, als wären sie von Bestien und nicht durch simple Strategie besiegt worden. Vielleicht hätte ich dem mehr Beachtung schenken sollen; ich werde sehen, was ich noch alles an Informationen kaufen kann. Aber lasst uns jetzt erst einmal darüber nachdenken, was wir haben.« Er räusperte sich und blickte mich an, als vermute er, dass ich ihnen noch irgendwelche lebenswichtigen Informationen verschweigen würde. »Die verschütteten Städte, von denen der Narr dir erzählt hat … Könnten die mit der verlassenen Stadt in Verbindung stehen, die du besucht hast?« Chade stellte die Frage, als wäre sie weit wichtiger als die Bemerkung der Königin über den Affront.
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung. Woher auch? Die Stadt, die ich besucht habe, war nicht verschüttet. Irgendein großer Kataklysmus hat sie zerrissen; das ist wahr. Sie glich einem Kuchen, den man mit der Axt geschnitten hat, der Fluss war in sie hineingeflossen, um den Spalt zu füllen.«
»Was in der einen Stadt nur ein paar Erdspalten entstehen ließ, könnte in einer anderen dazu geführt haben, dass sie versank«, spekulierte Chade laut.
»Oder der Zorn eines Berges hätte geweckt werden können«, warf Kettricken ein. »Wir haben viele solche Geschichten im Bergreich. Die Erde bebt, und einer der Feuerberge erwacht zum Leben, schleudert Lava und Asche heraus, verdunkelt bisweilen den Himmel und erfüllt die Luft mit erstickendem Rauch. Manchmal kommt es auch zu Schlammlawinen, die ganze Täler bis zum Rand hin füllen und sich bis in die Ebenen ergießen. Es gibt da auch Geschichten, gar nicht mal so alt, von einer Stadt in einem Tal nahe einem tiefen See. Am Tag vor dem Erdbeben war dort noch alles in Ordnung. Es wimmelte nur so von Leben. Reisende, die zwei Tage später dort eintrafen, fanden alle Bewohner tot vor; sie lagen in den Straßen, ihre Tiere neben ihnen. Keine Leiche wies irgendwelche Verletzungen auf. Es war, als wären sie schlicht tot umgefallen.«
Schweigen folgte ihren Worten. Dann ließ Chade mich alles noch einmal rezitieren, was der Narr mir über die Drachen von Bingtown erzählt hatte. Er stellte mir auch eine Reihe von Fragen über die Drachen der Sechs Provinzen, die ich jedoch größtenteils nicht beantworten konnte. Konnten schlangengeborene Drachen unter jenen sein, die ich geweckt hatte? Glaubte ich, dass unsere Drachen uns wieder beschützen würden, falls sich Bingtowns schlangengeborene Drachen gegen die Sechs Provinzen erhoben? Oder würden sie sich auf die Seiten ihrer schuppigen Verwandtschaft schlagen? Und wo wir schon von Schuppen sprachen … Was war mit
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