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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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fest. Ich konnte sowohl die Hochempore als auch ein Drittel der Halle sehen.
    Der Winterschmuck der Halle war erneuert worden. Zweige und Girlanden aus Immergrün zierten die Eingänge und Kamine, und die Barden spielten leise, während die Gäste den Raum betraten und sich setzten. Alles in allem erinnerte mich das Ganze sehr an die Verlobungszeremonie, die ich aus einem anderen Winkel beobachtet hatte. Bestickte Stoffbahnen bedeckten die langen Tische, und Brot, eingemachtes Obst und Weingläser erwarteten die Gäste. Weihrauch aus dem Süden, ein Geschenk der Bingtown-Händler, erfüllte die Halle mit einem süßen Duft. Diesmal ging es weniger formell zu, als die Herzöge und Herzoginnen die Halle betraten. Ich vermutete, dass selbst der Adel inzwischen all der Festivitäten müde geworden war. Die Gesandten von Bingtown, so bemerkte ich mit Interesse, kamen zusammen mit den niederen Adeligen herein und wurden möglichst weit weg von den Outislandern gesetzt. Ich fragte mich, ob die Entfernung ausreichte, dass keine Funken flogen.
    Das, was ich inzwischen für mich als Arkon Blutklinges ›Kontingent‹ bezeichnete, trat als nächstes ein. Sie schienen ausgesprochen gut gelaunt zu sein und hatten erneut in extravagante Ausführungen der Bocksburgkleidung angelegt. Schwere Felle waren von Satin und Samt ersetzt worden; überall waren Spitzen und Rüschen zu sehen, und an Farben zogen die Outislander offenbar Rot und Orange in allen Schattierungen vor. Seltsamerweise stand es ihnen sogar gut, sowohl den Männern als auch den Frauen. Mit ihrem barbarischen Überschwang bei der Übernahme unserer Mode hatten sie ihren eigenen Stil geschaffen: den Outislander-Stil. Und dass sie uns dabei nachahmten, deutete darauf hin, dass schon bald der Handel für alle möglichen Waren offen sein würde – falls Arkon Blutklinge sich denn durchsetzen konnte.
    Peottre Schwarzwasser und Elliania waren nicht bei ihnen.
    Sie hatten die Halle auch noch immer nicht betreten, als die Königin und der Prinz auf die Hochempore stiegen; Chade folgte ihnen sittsam. Ich sah, wie die Königin die Augen bestürzt aufriss, doch sie lächelte unverwandt weiter. Prinz Pflichtgetreu zeigte sich königlich und zurückhaltend; offensichtlich hatte er noch nicht bemerkt, dass seine Verlobte es noch nicht für angebracht gehalten hatte, auf dem Fest zu erscheinen, das man zu Ehren ihrer Abreise gab. Nachdem die Weitseher ihre Plätze eingenommen hatten, kam es zu einer peinlichen, kleinen Verzögerung. Normalerweise hätte die Königin den Dienern jetzt befohlen einzuschenken und einen Tost auf die Ehrengäste ausgebracht. Die Situation hatte gerade den Punkt erreicht, wo die Leute zu flüstern begannen, als Peottre Schwarzwasser am Eingang der Halle erschien. Er hatte wieder die typischen Felle und Schmuck der Outislander angelegt, doch allein schon die Goldmenge an seinen Unterarmen zeugte davon, dass auch er sich extra für diese Gelegenheit zurechtgemacht hatte. Er stand im Eingang, bis das überraschte Raunen über sein plötzliches Erscheinen verstummt war. Dann trat er stumm beiseite, und die Narcheska kam herein. Auf der Lederweste, die sie trug, bildeten Perlen den Narwal, ihr Symbol. Die Weste war mit weißem Fell abgesetzt, vermutlich Schneefuchs. Dazu trug die Narcheska Rock und Schuhe aus Seehundleder. Ihre Arme und Finger waren bar jeden Schmucks; ihr Haar fiel ungehindert und schwarz wie die Nacht über ihren Rücken, und auf dem Kopf trug sie einen seltsamen blauen Schmuck, der fast wie eine Krone aussah. Das erinnerte mich an etwas, ich wusste nur nicht genau, woran.
    Einen Augenblick lang stand sie in der Tür. Sie blickte Kettricken in die Augen. Dann schritt sie hoch erhobenen Hauptes die Halle hinunter und auf die Hochempore zu; Peottre Schwarzwasser folgte ihr langsam. Er ließ sie weit genug vorangehen, dass seine Anwesenheit nicht von ihr ablenkte, aber wie immer, war er ihr nahe genug, um sie vor jedwedem Unheil zu beschützen. Nicht einmal nahm die Narcheska den Blick von der Königin, während sie die Halle durchquerte. Selbst als sie die Stufen der Hochempore hinaufging, schaute sie ihr weiter in die Augen. Als sie schließlich vor Kettricken stand, machte sie einen formellen Hofknicks, senkte aber weder den Kopf noch wandte sie den Blick ab.
    »Ich bin ja so froh, dass Ihr Euch zu uns gesellt«, sagte Kettricken in liebenswürdigem Tonfall und mit leiser Stimme. Das Willkommen war echt.
    Einen Augenblick lang glaubte ich,

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