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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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aus den Sechs Provinzen gut genug für ihren halben Bergsohn war? Und heimtückischer war noch das Gerücht, dass Herzog Shemshys Familie auf beleidigende Art herabgesetzt worden sei, denn der Prinz hätte Interesse an Lady Vance gezeigt, bis seine Frau Mutter das verboten hatte. Warum hofierte sie diese verachtungswürdige Outislander-Narcheska, wenn der junge Prinz selbst schon festgestellt hatte, dass es eine weit würdigere Dame ganz in seiner Nähe gab?
    Weil solche Beschwerden jedoch nie öffentlich geäußert wurden, war es schwer für Kettricken, darauf zu antworten. Allerdings wusste sie, dass sie sie nicht völlig ignorieren durfte, denn das hieße, Öl ins Feuer von Rippons und Shoaks Unzufriedenheit zu schütten, sodass es sich vielleicht auf andere Herzogtümer ausbreiten würde. Kettrickens Lösung bestand darin, ihren Herzögen zu befehlen, einen Repräsentanten für einen Rat zu entsenden, der Mittel und Wege finden sollte, die Verfolgung der Zwiehaften ein für allemal zu beenden. Das führte allerdings nur zu dem Ergebnis, das ich Kettricken auch vorher hätte sagen können: Die Herzöge schlugen vor, dass alle Zwiehaften ihren Namen auf eine Liste setzen sollten, um sicherzugehen, dass sie nicht ungerechterweise verfolgt würden. Ein zweiter Vorschlag war, die Zwiehaften in eigens für sie errichtete Dörfer zu deportieren, die sie zu ihrer eigenen Sicherheit nicht mehr verlassen sollten. Der großzügigste Vorschlag war, dass man jedem Zwiehaften eine Passage nach Chalced oder Bingtown bezahlen solle, wo sie ohne Zweifel willkommener seien als in den Sechs Provinzen.
    Mir war klar, worauf diese Vorschläge hinausliefen. Selbst der Dümmste musste erkennen, dass solche Listen und Zwangsumsiedlungen zu einem großangelegten Massaker an den Zwiehaften führen würden, und was die ›Passage‹ nach Chalced oder Bingtown betraf, so war das nichts anderes als Verbannung. Gereizt erklärte die Königin diesen Ratsmitgliedern, dass es ihren Vorschlägen an Vorstellungskraft mangele; sie sollten es nochmal versuchen. Das war der Augenblick, da ein junger Mann aus Tilth der Königin versehentlich einen großen Vorteil verschaffte. Im Scherz schlug er vor: »Die Hinrichtungen der Zwiehaften stören die meisten Leute nicht im Mindesten. Tatsächlich lenken jene, die die Tiermagie praktizieren, den Zorn der Menschen selbst auf sich. Da sie also der Grund dafür sind, sollte man vielleicht auch die Lösung bei ihnen suchen.«
    Die Königin ging bereitwillig auf diesen Vorschlag ein. Das Grinsen verschwand vom Gesicht des jungen Mannes, und das Kichern der anderen Ratsmitglieder erstarb, als sie verkündete: »Nun, das ist wenigstens mal ein durchdachter und kreativer Vorschlag. Also werde ich in dieser Angelegenheit verfahren, wie meine Ratgeber es mir vorgeschlagen haben.« Vermutlich wussten nur Chade und ich, dass Kettricken diesen Gedanken schon seit langem hegte. Sie ließ eine königliche Proklamation aufsetzen und befahl, dass Kuriere sie in alle Sechs Provinzen tragen sollten, wo man sie nicht nur verkünden, sondern an prominenter Stelle aushängen sollte. Die Königin lud alle Zwiehaften, auch als jene vom Alten Blut bekannt, ein, eine Abordnung zusammenzustellen, welche sich mit ihr zusammensetzen und über ein Ende der unrechtmäßigen Verfolgungen und Morde diskutieren sollte. Die Königin wählte eindeutige Worte, trotz Chades wiederholtem Bitten, doch ein wenig diplomatischer zu sein. Viele Edelleute waren wütend über Kettrickens unverhohlene Andeutung, dass sie Mord und Totschlag in ihren Grenzen tolerieren würden. Ich jedoch wusste ihre Haltung zu schätzen, und ich vermutete, dass andere Zwiehafte ähnlich denken würden, auch wenn ich bezweifelte, dass tatsächlich eine solche Abordnung hier erscheinen würde. Warum sollten sie ihr Leben riskieren, indem sie ihre Identität preisgaben?
    Nach meinem katastrophalen Versuch, meine Differenzen mit dem Narren beizulegen, war ich wenigstens klug genug, bei Chade, der Königin und dem Prinzen subtiler vorzugehen. Ich ließ Stücke der alten Rindenschriftrolle auf dem Tisch liegen, wo Chade sie sehen musste. Bei einem zufälligen Zusammentreffen im Turm hatte ich dann die Gelegenheit, ihn ruhig zu fragen, was er sich dabei gedacht hatte, solch ein Wissen vor mir zu verheimlichen. Seine Antwort war nicht das, womit ich gerechnet hatte. »Unter den Umständen war die Angelegenheit zu persönlich, als dass du es hättest wissen sollen. Ich brauchte

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