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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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eine unmögliche Aufgabe geschafft, und vielleicht hatte er das bei genauerer Betrachtung auch. Ich beobachtete die beiden beim Näherkommen: den kleinen, schlurfenden Mann neben dem schlanken Jungen. Flink trug Dicks Seesack und hielt beschützend die Hand des kleinen Mannes. Das erschreckte mich, doch selbst auf diese Entfernung war die Haltung des Jungen deutlich. Den Kopf hoch erhoben blickte er jedem unverwandt in die Augen, an dem er vorüberging, und forderte ihn heraus, den Schwachkopf zu verspotten oder sie aufzuhalten. Eine größere Zurschaustellung von Mut hatte ich noch nie gesehen, und mein Bild von dem Jungen verbesserte sich drastisch. Mich hätte es all meine Willenskraft gekostet, Dick an der Hand durch die Menge zu führen. Als sie näher kamen, sah ich den Ausdruck auf Dicks Gesicht und erkannte, dass hier mehr am Werke war als nur ein Junge, der ihn gebeten hatte zu kommen.
    »Was ist das?«, fragte ich Web leise.
    »Das ist das Alte Blut - wie du sehr wohl weißt.« Er sprach ebenfalls leise und schaute mich dabei nicht an. »Am besten funktioniert es zwischen zwei Zwiehaften; aber selbst jene, die nicht über die Alte Macht verfügen, kann man zu sich heran ziehen. Ich habe Flink das üben lassen. Nichtsdestotrotz war das hier ein härterer Test, als ich beabsichtigt hatte; aber er hat es gut gemacht.«
    »Ja. Das sehe ich.« Vertrauen war auf Dicks Gesicht zu erkennen, während der Junge ihn zur Laufplanke führte. Dort zögerte der kleine Mann jedoch und blieb stehen . Dann sprach Flink leise mit ihm und führte Dick schließlich an Bord. Ich war unschlüssig, ob ich etwas sagen sollte, doch die Neugier überwog, und so sagte ich: »Ich weiß, dass ich jemanden mit der Alten Macht von mir fortstoßen kann. Ich glaube, ich habe schon immer gewusst, wie man das macht. Aber wie holt man jemanden näher zu sich heran?«
    »Ah. Nun. Das Wegstoßen ist oftmals rein instinktiv, aber eigentlich gilt das auch für das Heranholen. Ich dachte, du wüsstest das. Jetzt verstehe ich auch, warum du das bei Dick nie getan hast.« Er neigte den Kopf zur Seite und musterte mich aufmerksam. »Manchmal erstaunt es mich, was du alles nicht weißt. Es ist, als hättest du es vergessen oder irgendwie einen Teil von dir verloren.«
    Ich glaube, er sah, wie nervös mich seine Worte machten, denn plötzlich änderte er seinen Tonfall und sprach allgemeiner. »Ich glaube, alle Lebewesen nutzen die Macht, jemanden an sich zu ziehen, bei ihren Jungen oder wenn sie einen Gefährten haben wollen. Vielleicht hast auch du sie schon benutzt, nur ohne es zu bemerken. Aber genau das ist der Grund, warum ein Mensch, der über diese Magie verfügt, darin unterwiesen werden muss. Er muss sich bewusst sein,
wie
er sie nutzt.« Kurz schwieg er; dann fügte er hinzu: »Ich möchte dir erneut anbieten, dich zu lehren, was du wissen musst.«
    »Ich muss nach Dick sehen und mich um ihn kümmern.« Rasch wandte ich mich zum Gehen.
    »Ja. Ich weiß, dass du das musst. Du hast viele Aufgaben und Pflichten, und ich will nicht behaupten, über alles Bescheid zu wissen, was du für deinen Prinzen tust. Ich bin sicher, dass du jederzeit einen Grund finden kannst, um mir zu erklären, du seiest zu beschäftigt dafür. Aber ein Mann
nimmt
sich Zeit für das Wichtige im Leben. So. Ich hoffe, dass du zu mir kommen wirst. Dies hier war das letzte Mal, dass ich dir dieses Angebot unterbreitet habe. Jetzt liegt es an dir, es anzunehmen oder nicht.«
    Und bevor ich weglaufen konnte, drehte er sich um und ließ mich stehen. Über uns erhob sich Risk vom Mast und stieß einen einsamen Schrei aus, der mit dem Wind davontrieb. Die Leinen wurden losgemacht, und in den kleinen Booten legten die Männer sich in die Riemen, um uns in die Bucht hinauszuziehen, wo wir in den Wind drehen konnten. Ich versprach mir selbst, mir noch heute ein wenig Zeit zu nehmen, um mit Web über meine Magie zu reden. Ich hoffte nur, dass ich dieses Versprechen nicht wieder brechen würde.
    Doch nichts im Leben ist einfach. Mit der Narcheska, ihrem Vater Arkon Blutklinge und ihrem Onkel Peottre an Bord verbrachten Pflichtgetreu und Chade die meiste Zeit mit dem ein oder anderen von ihnen. Ich hatte kaum Gelegenheit, allein mit ihnen zu sprechen. Stattdessen war ich - wie zuvor hauptsächlich auf Dicks Gesellschaft beschränkt, und da es dem kleinen Mann schlecht ging, sah er nicht ein, warum es mir nicht genauso gehen sollte. Die kleinen Missgeschicke, mit denen er mich auf

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