Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
uns und unser Gepäck an Land bringen sollten, setzte die Gestalt sich in Bewegung. Er stieg zum Strand hinunter und blieb oberhalb der Flutlinie stehen. Noch bevor er die Kapuze zurückschlug, setzte mein Herz einen Schlag lang aus, und mir drehte sich der Magen um.
    Der Narr erwartete mich.

Das >Verwandeln< war die vielleicht wirksamste Waffe der Outislander im Krieg der Roten Schiffe. Nur wenige kennen heute noch die Technik des >Verwandelns<, doch die schrecklichen Ergebnis von damals sind vielen noch allzu gut im Gedächtnis. Zum ersten Mal kamen wir mit solchen Verwandlungen in Ingot in Kontakt, einer Minenstadt, die einem verheerenden Angriff ausgesetzt war. Rote Korsaren griffen des Nachts an und töteten einen Großteil der Bevölkerung oder machten sie zu Geiseln. Sie verlangten von Bocksburg Gold unter der seltsamen Androhung, die Geiseln ansonstenfreizulassen. Das ergab natürlich keinen Sinnfür König Listenreich, der demzufolge auch ablehnte zu zahlen. Daraufhin machten die Roten Korsaren ihre Drohung wahr, ließen ihre scheinbar unversehrten Geiseln frei und segelten in die Nacht davon.
    Rasch wurde jedoch offensichtlich, dass die Städter durch irgendeine arkane Magie nicht länger sie selbst waren. Obwohl sie noch immer wussten, wer sie waren und zu welcher Familie sie gehörten, schien sie das nicht länger zu kümmern. Man hatte sie ihrer Moral beraubt. Sie dachten nur noch daran, ihre eigenen, unmittelbaren Bedürfnisse zu befriedigen. Dabei zögerten sie nicht zu stehlen, zu morden oder zu vergewaltigen. Einige wurden von ihren Familien >eingefangen<, und welche sich dann bemühten, aus ihren Angehörigen wieder jene Menschen zu machen, die sie einmal gewesen waren. Nicht einer von ihnen erholte sich je wieder.
    Das Verwandeln war eine Taktik, die im Laufe des Krieges wiederholt eingesetzt wurde. Nicht selten standen wir einer >feindlichen< Armee gegenüber; die aus uns vertrauten und geliebten Menschen bestand. Die Verwandelten zu töten, war demoralisierend und entmenschlichend für unser Volk. Die Narben dieses Geschehens sind noch heute vorhanden. Die Stadt Ingot ist nie wieder aufgebaut worden.
    Fedwrens Geschichte des Kriegs der Roten Schiffe

    Zusammen mit den anderen Gardisten befand ich mich auf dem ersten kleinen Boot, das am Ufer von Aslevjal anlandete. Unmittelbar hinter uns lief das Boot mit Chade und Pflichtgetreu, der Narcheska, Peottre und Arkon Blutklinge mit seinem flachen Bug auf den Sand. Wir sprangen ins seichte Wasser, packten das Dollbord, und mit der nächsten Welle zogen wir das Boot auf den Strand, sodass die Passagiere trockenen Fußes aussteigen konnten. Die ganze Zeit über war ich mir des Narren bewusst, der auf der Landspitze über dem Strand wartete und uns beobachtete. Er rührte sich nicht, nur sein Mantel und das lange goldene Haar flatterten im kalten Wind. Der Narr hatte keinen Puder aufgelegt, das seine Haut immer aufgehellt hatte, und auch auf die jamailianischen Kosmetika verzichtet, die ihn fremdländisch hatten wirken lassen. Das tiefe Braun seiner Haut über dem markanten Gesicht und seine goldgelbe Mähne ließen ihn wie ein Märchenwesen wirken; alle Erinnerung an den trägen Fürst Leuenfarb war im Nu ausgelöscht. Ich fragte mich, ob ihn schon irgendwer außer Chade und mir erkannt hatte. Ich versuchte, einen Blick mit ihm zu tauschen, doch er starrte durch mich hindurch. Er sprach erst, als der Prinz das Boot verließ.
    »Heißer Tee wartet auf Euch«, rief er und verneigte sich vor Pflichtgetreu. Dann deutete er auf sein Zelt und führte uns dorthin.
    »Kennt Ihr ihn? Wer ist das?«, verlangte Arkon Blutklinge zu wissen. Seine Hand lag gelassen auf dem Heft seines Schwertes.
    »Ich kenne ihn schon seit langer Zeit«, antwortete Chade mit schwerer Stimme. »Aber wie er hierher gekommen ist oder warum ... ich habe keine Ahnung.«
    Der Prinz bemühte sich, dem Narren nicht offenen Mundes hinterher zu starren. Er warf mir einen Blick zu, doch ich schaute rasch zu Boden.
    War das Fürst Leuenfarb ?
Die Frage war keineswegs rhetorisch gemeint. Die veränderte Erscheinung des Mannes hatte ausgereicht, um Pflichtgetreu zu verwirren.
    Nein. Und der Narr ist es auch nicht. Aber sie alle sind Facetten dessen, was auch immer er ist.
    Seid nicht so dramatisch.
Letzteres kam von Chade, der uns beide gereizt anknurrte. Laut sagte er: »Er ist keine Gefahr für uns. Ich werde mich um ihn kümmern. Gardisten, bleibt hier, und helft beim Entladen. Ich will alles

Weitere Kostenlose Bücher