Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
freuen, auf Aslevjal zu sein. Der Adler wiederum war ein großer, hagerer Mann mittleren Alters. Er war diese Nacht zur Wache eingeteilt. Aufrecht stand er da, während die anderen mit verschränkten Beinen um das Lagerfeuer hockten, aßen und leise miteinander sprachen. Er erwischte mich dabei, wie ich ihn anstarrte, und erwiderte meinen Blick ausdruckslos.
Ich fühlte keine Feindseligkeit von ihnen. Sie hatten die Pflicht, darauf zu achten, dass wir uns an die Regeln hielten, die der Hetgurd uns auferlegt hatte, doch schienen sie unserer Aufgabe keineswegs ablehnend gegenüberzustehen. Stattdessen glichen sie mehr Männern, die auf einen spannenden Wettkampf warteten. Auf dem Schiff hatten sie sich unter uns gemischt, und ihr Poet war in eine amüsante, freundschaftliche Konkurrenz zu Kräusel getreten. Nun, da wir an Land waren, würden sie sich vielleicht mehr von uns abgrenzen, doch ich bezweifelte, dass das mehr als ein oder zwei Nächte andauern würde. Dafür waren wir einfach zu wenig und die Landschaft zu trostlos.
Zwei etwas größere Zelte waren neben dem bunten des Narren errichtet worden. Die Narcheska und Peottre teilten sich eines davon und Chade und Pflichtgetreu das andere. Seit unserer Landung hatte ich die vier nur selten gesehen. Der Narr hatte sie in seinem Zelt willkommen geheißen, und was dort vorging, wusste ich nicht. Chade und der Prinz hatten mir noch nicht einmal mittels der Gabe eine Andeutung gemacht.
Als der Abend sich langsam über das Land senkte, befanden sich der Narr und Pflichtgetreus Zwiehafte Kordiale wieder auf dem Schiff und genossen dort ein Abschiedsmahl mit Arkon Blutklinge. Weder er noch seine Eberkrieger würden bei uns bleiben. Ich wünschte, ich hätte gewusst, was für eine Logik dahinter steckte. Wollte sich der Eberclan nur aus einer vermeintlich törichten Unternehmung der Narwale heraushalten, oder wollte Blutklinge schlicht Peottre das Kommando für diese Queste überlassen? Ich verzog das Gesicht und stampfte verdrossen auf der kalten Erde. Es gab so vieles, was ich nicht wusste. Ich wollte wenigstens das Gebiet erkunden, doch Dick hatte sich standhaft geweigert, noch einmal an Bord zu gehen. Selbst die Aussicht auf ein üppiges Mahl hatte ihn nicht dazu verführen können.
Schlurfende Schritte auf der fast gefrorenen Erde ließen mich den Kopf drehen. Sieber winkte uns zu, als er näher kam, und lächelte uns breit an. »Ist das kein aufregender Ort ... wenn man Schnee und Sand mag?« Er hockte sich neben das Feuer und hielt die Hände darüber.
»Ich dachte, du wärst mit dem Prinzen für die Nacht wieder aufs Schiff gegangen.«
»Nein. Er hat mich entlassen und gesagt, dass er mich nicht mehr brauche. Ehrlich gesagt war ich auch ganz froh darüber. Einfach nur dazustehen und anderen beim Essen zuzuschauen, ist nicht gerade meine Vorstellung von einem gelungen Abend. Was machst du so?«
»Das Übliche. Dick Gesellschaft leisten. Im Augenblick koche ich ihm Tee.«
Sieber senkte die Stimme. »Wenn du willst, kann ich hier bleiben und ihm den Tee aufschütten, sobald das Wasser kocht. Dann könntest du dir die Beine vertreten und dich ein wenig umschauen.«
Ich nahm das Angebot dankbar an. Ich drehte mich zu unserem Zelt herum und fragte: »Macht es dir etwas aus, wenn ich einen kleinen Spaziergang mache, Dick? Sieber wird den Tee für dich kochen.«
Der kleine Mann zog die Decke enger um die Schultern. »Mir doch egal«, erwiderte er mürrisch. Er war heiser vom Husten.
»Nun, denn. Willst du nicht mitkommen? Wenn du dir ein wenig die Beine vertrittst, wird dir bald wärmer werden. So kalt ist es hier wirklich nicht, Dick.«
»Hmpf.« Er wandte das Gesicht von mir ab. Sieber nickte mitfühlend in meine Richtung und signalisierte mir mit einer Kopfbewegung, ich solle gehen.
Als ich fortging, hörte ich ihn sagen: »Komm, Dick. Kopf hoch. Spiel uns ein Lied auf deiner Flöte. Das wird die Dunkelheit vertreiben.«
Zu meiner Überraschung nahm Dick den Vorschlag an. Während ich mich langsam entfernte, hörte ich die zärtliche Melodie von Dicks Mutterlied. Ich spürte förmlich, wie Dick all seine Aufmerksamkeit darauf richtete, und fühlte ein deutliches Nachlassen der Feindseligkeit, die er mir über die Gabe entgegengebracht hatte. Es war ein Gefühl, als hätte ich eine schwere Last abgelegt. Obwohl Dick das Lied häufiger unterbrach, um Luft zu holen, hoffte ich, dass sein Interesse am Spiel auf seine baldige Erholung hindeutete. Ich wünschte,
Weitere Kostenlose Bücher