Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
blickte zu Dick. Der kleine Mann hockte neben einem Stück Treibholz, das er umgedreht hatte.
Er war so sehr auf die Sandflöhe und kleinen Krabben konzentriert, die er entdeckt hatte, dass er gar nicht merkte, dass die Wellen fast seine Füße berührten. Würde ich nicht bald eingreifen, würde er nasse Schuhe haben und den Rest des Tages jammern. Ich tauschte einen verständnisvollen Blick mit Web und lief den Strand entlang zu meinem Schützling.
Noch bevor das Schiff außer Sichtweite war, gab Langschopf Befehle an seine Männer aus. Mit der gelassenen Präzision eines erfahrenen Soldaten ließ er sie unseren Proviant in leicht tragbare Portionen teilen, und der Anzahl der Pakete nach zu urteilen, erwartete er von jedem, dass er seinen Teil zum nächsten Lagerplatz trug. Dick hatte aufgehört, am Strand herumzustöbern, und saß nun untröstlich vor unserem Zelteingang, eine Decke um die Schultern. Dabei war der Tag eigentlich gar nicht so kalt. Besorgt fragte ich mich, ob er wieder Fieber bekam. Ich ging zu Langschopf, um mich mit ihm zu besprechen.
»Wie weit willst du heute kommen?« Ich nickte in Richtung Dick und erklärte Langschopf, warum ich mich deshalb sorgte.
Langschopf legte ebenfalls besorgt die Stirn in Falten. »Man hat mir gesagt, es sei ein dreitägiger Marsch bis zu der Stelle, wo der Drache im Eis gefangen ist; aber du weißt sicherlich, dass solche Aussagen nicht viel bedeuten. Ein eintägiger Marsch für einen erfahrenen Wanderer mit leichtem Gepäck kann drei Tage für einen Höfling mit vollem Gepäck bedeuten.« Abschätzend blickte er in den klaren Himmel und dann zu den eisbedeckten Gipfeln. »Die Reise wird für keinen von uns angenehm werden«, erklärte er. »Auf einem Gletscher herrscht immer Winter.«
Ich dankte ihm und ging. Die anderen Männer hatten bereits damit begonnen, die Zelte abzubauen, doch Dick hatte sich nicht gerührt. Ich versuchte, einen freundlichen Gesichtsausdruck aufzusetzen, schauderte aber innerlich ob der Aufgabe, die mir nun bevorstand. Wenn er mich schon dafür gehasst hatte, weil ich ihn auf ein Schiff geschleppt hatte, wie würde er da wohl reagieren, wenn ich ihn auf einen Gletscher führte? »Zeit zu packen, Dick«, informierte ich ihn fröhlich.
»Warum?«
»Nun, wenn wir den Drachen erschlagen wollen, müssen wir zu ihm gehen.« »Ich will den Drachen nicht erschlagen.«
»Wir werden ja auch nicht wirklich diejenigen sein, die das tun. Das ist Sache des Prinzen. Wir sind nur da, um ihm zu helfen.«
»Ich will nicht geheeen.« Jammernd zog er das Wort in die Länge; doch zu meiner großen Erleichterung stand er auf und trat aus dem Zelt, als erwarte er, dass ich es augenblicklich einreißen würde.
»Ich weiß, Dick. Ich will auch nicht durch all den Schnee und das Eis marschieren, aber wir müssen. Wir sind Männer des Königs, und das ist, was wir tun. Nun denn, bevor wir das Zelt abbauen, müssen wir beide uns warm anziehen. Sollen wir?«
»Wir haben keinen König.«
»Prinz Pflichtgetreu wird eines Tages König sein, und wenn er das ist, werden wir noch immer ihm gehören. Deshalb sind wir auch jetzt schon des Königs Männer. Aber du kannst dich natürlich >Mann des Prinzen< nennen, wenn dir das besser gefällt.«
»Ich mag keinen Schnee und kein Eis.« Widerwillig ging Dick wieder in das Zelt zurück und schaute sich hilflos um.
»Ich werde deine Sachen holen«, versicherte ich ihm und tat das dann auch. Ich war schon vieles in meinem Leben, und den Kammerdiener für den kleinen Mann zu spielen, kam mir bei weitem nicht so seltsam vor, wie es das einst getan hätte. So legte ich seine Kleider aus und steckte ihn hinein. Es war, als würde ich ein großes Kind anziehen. Dick beschwerte sich über die Ärmel, die sich im zweiten Hemd kräuselten, das ich ihm über den Kopf zog, und dann waren seine Stiefel mit dem zweiten Sockenpaar zu eng. Als ich ihn schließlich angekleidet hatte, schwitzte ich. Ich schickte Dick hinaus und warnte ihn, vom Wasser fernzubleiben. Dann zog ich mir selbst eine zweite Lage Kleider über und packte meinen und Dicks Besitz zusammen.
Ich musste lächeln, als mir bewusst wurde, dass ich den Marsch fürchtete, weil die Kälte meine Narben immer schmerzen ließ. Dabei hatte ich dank der Gabenheilung vor einiger Zeit gar keine Narben mehr, erinnerte ich mich, zumindest nicht mehr die tiefen, die bis auf die Knochen gegangen waren. Sie waren durch oberflächliche Erhebungen auf meiner Haut ersetzt worden, um
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