Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
er beim Speerfischen. So dauerte es nicht lange, bis er vor Erschöpfung keuchte; trotzdem lehnte er jedes meiner Angebote ab, das Tasten für ihn zu übernehmen.
»Ich will rieht von einem Eisdämon verschlungen werden« , verkündete er schmollend.
Kannst du unseren Weg erkennen
?, fragte mich Pflichtgetreu.
Deutlich. Macht euch keine Sorgen um uns. Wenn ihr auf uns warten müsst, lasse ich euch das wissen. Wenigstens hält Dick das Rumgestochere warm.
Zu warm. Zu viel Arbeit!,
beschwerte sich Dick.
»Klopf einfach mit deinem Stab. Du musst nicht ständig in den Boden stechen.«
»Doch, das muss ich«, widersprach mir Dick. Weitere Worte waren sinnlos, und so ließ ich ihn einfach machen, obwohl seine Langsamkeit meine Geduld auf eine harte Probe stellte. Es langweilte mich und gab mir viel zu viel Zeit, über unsere Situation nachzudenken. Es gefiel mir nicht, wie sich die Dinge entwickelten, und doch konnte ich nicht sagen, was genau mich beunruhigte. Vielleicht war es, wie Dick gesagt hatte: Schlimme Dinge waren an diesem Ort geschehen, und es fühlte sich an, als würden sie noch immer passieren.
Der Wind blieb konstant, doch der Himmel war klar und blau. In Abständen sah ich alte Stangen aus dem Schnee ragen, einige mit bunten Stofffetzen daran. Sie markierten wohl den Weg, den Peottre früher schon genommen hatte. Oft blieb er stehen, um einen gerade zu rücken oder ein neues Stück Stoff daran zu befestigen. Trotzdem waren die anderen weiterhin schneller als Dick und ich. Ich beobachtete, wie sie immer kleiner wurden, bis sie nur noch Puppen waren, die sich auf seltsame Art übers Eis schlängelten. Unsere Schatten wurden immer länger und dünner, blassblau auf Eis und Schnee. Die Oberfläche, auf der wir gingen, kam mir weder wie echtes Eis noch wie echter Schnee vor. Es gab eine dünne Schicht echten Schnees, doch darunter befanden sich Eisnadeln, auf deren Spitzen wir liefen.
An einem gewissen Punkt entschied ich, heute Abend Zeit zu finden, um mit dem Narren zu reden. Fast im selben Augenblick fühlte ich Chades Gabe. Leise und nur für uns bestimmt fragte er:
Junge, gehörst du immer noch mir?
Er hätte stolz auf die Antwort sein sollen, die ich ihm gab, und ich bin sicher, dass auch ihm in diesem Moment keine bessere eingefallen wäre.
So wie eh und je,
erwiderte ich.
Ich fühlte sein grimmiges Kichern in meinem Geist.
Na ja, wenigstens lügst du mich nicht an. Was hat er zu dir gesagt?
Der Narr?
Wer sonst?
Wir haben nur darüber gesprochen, warum ich versucht habe, ihn vom Kommen abzuhalten. Um sein Leben zu schützen. Allerdings hält er diesen Grund offenbar nicht für ausreichend.
Vermutlich glaubt er, ich hätte dich dazu überredet, um ihn vom Drachen fernzuhalten, bis wir ihn ausgegraben und geköpft haben.
Es folgte eine kurze Pause.
Die Narcheska weint beim Gehen. Sie hat nicht zu uns zurückgeschaut, um ihre Tränen zu verbergen, doch ich habe es an ihrem Atmen gehört. Zweimal hat sie sich mit dem Handschuh über das Gesicht gewischt und sich dann laut beschwert, wie leicht das Eis ihre Augen tränen lasse. Denk das einmal mit mir durch, Fitz. Warum sollte sie weinen ?
Ich weiß es nicht,
sagte ich.
Dieser Marsch ist anstrengend; aber ich habe sie eigentlich nie für eine Frau gehalten, die bei harter Arbeit weint. Vielleicht fürchtet sie die Missbilligung des Schwarzen Mannes ... oder dass sie ihre Familie und die ihres Vaters in den Augen des Hetgurd in Misskredit gebracht hat, weil...
Schschsch!
, unterbrach Dick verärgert meine Gedanken.
Sie ist traurig; deshalb weint sie. Jetzt seid nicht so laut, sondern hört zu! Hört zu, und unterbrecht die Musik nicht mehr!
Sofort dämpften Chade und ich unsere Gedanken. Beide hatten wir geglaubt, niemand würde unseren Gabenkontakt bemerken. Nun war ich sicher, dass Chade sich genau wie ich fragte, ob vielleicht auch der Prinz unser Gespräch belauscht hatte. Dann fragte ich mich, warum Chade es überhaupt hatte geheim halten wollen. Ich trottete weiter und blickte den immer kleiner werdenden Silhouetten von Peottres Gruppe hinterher. Sie erreichten gerade eine vom Wind aufgewehte Anhöhe und würden gleich dahinter verschwunden sein. Peottre hatte die Wahrheit gesagt, was die Ruhelosigkeit des Eises betraf. Einige Abschnitte waren so glatt wie ein mit Zuckerguss überzogener Kuchen; andere wiederum sahen aus wie derselbe Kuchen, nachdem man ihn fallen gelassen hatte. Der Pfad war im Schnee gut zu erkennen, doch ich wusste,
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