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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Misstrauen; ich nehme an, meine Worte besaßen nicht das gleiche Gewicht für ihn wie Sadas Meinung. Dick nippte daran, beschloss, den Ingwer zu mögen, und leerte den ganzen Becher. Unglücklicherweise spie er nur einen Augenblick später alles wieder aus. Dabei stieg ihm etwas davon auch in die Nase und verätzte die Schleimhaut, sodass er sich fortan weigerte, auch nur noch einen winzigen Schluck davon zu probieren.
    Ich war erst zwei Tage auf diesem Schiff, doch es kam mir bereits wie Monate vor.
    Irgendwann brach die Sonne durch die Wolken, aber der Wird und die Gischt raubten ihr alle Wärme. In eine feuchte Wolldecke gehüllt, versank Dick in einen unruhigen Schlaf. Er zuckte und stöhnte, geplagt von Albträumen durchsetzt mit seinem Lied der Seekrankheit. Ich saß neben ihm auf dem nassen Deck und häufte meine Sorgen zu nutzlosen Stapeln. Dort fand mich dann Web.
    Ich blickte zu ihm hinauf, und er nickte mir ernst zu. Dann stellte er sich an die Reling und hob die Augen. Ich folgte seinem Blick zu einem Seevogel, der träge über uns kreiste. Ich war der Kreatur nie begegnet, doch ich wusste, dass das Risk sein musste. Das zwiehafte Band zwischen Mann und Vogel schien aus blauem Himmel und wildem Wasser gewebt zu sein, ruhig und frei zugleich. Ich sonnte mich am Rand ihrer gemeinsamen Freude ob dieses Tages und versuchte, das verstärkte Gefühl der Einsamkeit zu ignorieren, das ich in diesem Augenblick empfand. Das hier war zwiehafte Magie in ihrer natürlichsten Form: ein Band der Freude und des gegenseitigen Respekts zwischen Mensch und Tier. Webs Herz flog mit seinem Vogel. Ich fühlte ihre Gemeinsamkeit und stellte mir vor, wie Risk das freudige Gefühl ihres Fluges mit Web teilte.
    Erst als meine Muskeln sich in diesem Augenblick entspannten, erkannte ich, wie angespannt ich gewesen war. Dick versank tiefer in Schlaf, und ein paar der Falten auf seiner Stirn verschwanden, und der Wind in seinem Gabenlied bekam einen weniger bedrohlichen Ton. Die Ruhe, die von Web ausstrahlte, berührte uns beide, doch ich wurde mir dessen nur langsam bewusst. Seine warmherzige Gelassenheit umhüllte mich und schwächte meine Furcht und meine Müdigkeit. Falls das die Alte Macht war, dann setzte Web sie auf eine Art ein, die ich nie zuvor gesehen hatte. Dies hier war so einfach und natürlich wie das Atmen. Ich lächelte zu ihm hinauf, und er erwiderte dieses Lächeln; seine Zähne funkelten weiß durch den Bart hindurch.
    »Das ist ein schöner Tag für ein Gebet, doch andererseits sind das die meisten Tage.«
    »Das hast du getan? Du hast gebetet?« Auf sein Nicken hin fragte ich: »Und um was hast du die Götter gebeten?« Er hob die Augenbrauen. »Gebeten?« »Ist das nicht der Grund, warum man betet? Um die Götter zu bitten, einem zu geben, was man will?«
    Er lachte, und seine Stimme war so tief wie der rauschende Wind, nur sanfter. »Ich nehme an, manche Menschen beten so, ich aber nicht... nicht mehr jedenfalls.« »Was meinst du damit?«
    »Oh, ich glaube, dass Kinder so beten, um eine verlorene Puppe zu finden oder damit der Vater einen guten Fang mit nach Hause bringt, oder vielleicht auch, damit niemand herausfindet, dass das Kind eine Arbeit vergessen hat. Kinder glauben zu wissen, was für sie am besten ist, und so kennen sie auch keine Zurückhaltung, das Göttliche darum zu bitten. Doch ich bin nun schon seit vielen Jahren ein erwachsener Mann, und ich müsste mich schämen, würde ich es inzwischen nicht besser wissen.«
    Ich machte es mir mit dem Rücken an der Reling bequem. Ich nehme an, wenn man das Schaukeln eines Schiffes gewohnt war, konnte man diese Position sogar als entspannend empfinden. Meine Muskeln kämpften jedoch unablässig dagegen an, und inzwischen hatte ich Schmerzen am ganzen Leib. »Und wie betet man dann?«, fragte ich interessiert.
    Web blickte mich amüsiert an und ließ sich dann neben mir nieder. »Weißt du das nicht? Wie betest du denn?« »Ich bete nicht.« Dann dachte ich noch einmal darüber nach und lachte laut auf. »Es sei denn, ich habe schreckliche Angst. Ich nehme an, dann bete ich wie ein Kind: >Hol mich hier raus, und ich werde nie mehr so dumm sein. Lass mich einfach nur leben.<«
    Web stimmte in mein Lachen ein. »Nun, wie es aussieht, sin \ deine Gebete bis jetzt erhört worden. Und hast du auch dein Versprechen an das Göttliche gehalten?«
    Ich schüttelte den Kopf und lächelte reumütig. »Ich fürchte nein. Ich finde immer wieder eine neue Möglichkeit,

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