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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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mich wie ein Trottel zu benehmen.«
    »Ja, ja. Das gilt für uns alle. Deshalb bin ich auch zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht weise genug bin, um das Göttliche überhaupt um etwas zu bitten.«
    »Wie betest du dann, wenn du um nichts bittest?«
    »Nun, für mich bedeutet Beten eher Zuhören als Fragen, und nach all diesen Jahren habe ich feststellen müssen, dass mir eigentlich nur ein Gebet geblieben ist. Es hat mich mein ganzes Leben gekostet, mein Gebet zu finden, und ich glaube, dass dies das Gebet ist, das alle Menschen finden würden, wenn sie nur lange genug darüber nachdächten.«
    »Und das wäre?«
    »Denk darüber nach«, forderte er mich lächelnd auf. Langsam stand er auf und blickte über das Wasser hinaus. Hinter uns blähten sich die Segel der folgenden Schiffe. Auf ihre Art boten sie einen hübschen Anblick. »Ich habe das Meer schon immer geliebt«, sagte Web. »Schon bevor ich sprechen konnte, bin ich auf Booten gefahren. Es macht mich traurig, dass dein Freund es auf so unangenehme Art erlebt. Bitte, sag ihm, dass es vorübergehen wird.«
    »Das habe ich schon versucht. Ich glaube allerdings nicht, dass er mir glauben kann.«
    »Das ist schade. Nun, dann wünsche ich euch alles Gute. Wenn er aufwacht, wird er sich vielleicht schon besser fühlen.«
    Er schickte sich an fortzugehen, doch da erinnerte ich mich daran, dass ich noch etwas mit ihm zu klären hatte. Ich stand auf und rief ihm hinterher. »Web? Ist Flink mit dir an Bord gekommen? Der Junge, über den wir gesprochen haben?« Web blieb stehen und drehte sich wieder zu mir um. »Ja.
    Warum fragst du?«
    Ich winkte ihn zu mir, und er kam. »Du erinnerst dich doch daran, dass ich dich gebeten hatte, mit ihm zu sprechen, oder?«
    »Natürlich. Deshalb hat es mich ja auch so gefreut, als er zu mir gekommen ist und mir angeboten hat, mir als >Page< zu dienen, wenn ich ihn aufnehmen und unterweisen würde. Als würde ich wissen, was ein Page überhaupt zu tun hat!« Er lachte ob solchen Unsinns, hörte jedoch sofort wieder auf, als er mein ernstes Gesicht sah. »Was ist?«
    »Ich hatte ihn nach Hause geschickt. Ich habe nämlich herausgefunden, dass er keineswegs die Erlaubnis seiner Eltern hatte, nach Bocksburg zu gehen. Sie glauben, er sei fortgelaufen und sind ob seines Verschwindens zutiefst betrübt.«
    Web schwieg. Er musste die Nachricht erst einmal verdauen. Dann schüttelte er reumütig den Kopf. »Es muss ein furchtbares Gefühl sein, wenn jemand, den man liebt, einfach so verschwindet. Ständig muss man sich fragen, was aus ihm geworden ist.«
    Vor meinem geistigen Auge erschien ein Bild von Philia, und ich fragte, ob Web das gesagt hatte, um mich zu quälen. Vermutlich nicht, nichtsdestotrotz ärgerte mich die unterschwellige Kritik. »Ich habe Flink gesagt, er solle nach Hause gehen. Seine Arbeitskraft gehört seinen Eltern, bis er erwachsen ist oder sie ihn freigeben.«
    »Das behaupten einige«, erwiderte Web in einem Tonfall, der vermuten ließ, dass er das anders sah. »Aber Eltern können ein Kind auch betrügen, und in diesem Fall glaube ich nicht, dass der Sprössling ihnen etwas schuldet. Ich glaube, dass Kinder, die schlecht behandelt werden, gut beraten sind, so rasch zu gehen wie sie können.«
    »Schlecht behandelt? Ich kenne Flinks Vater nun schon seit vielen Jahren. Ja, er würde dem Jungen schon mal einen Klaps oder ein böses Wort geben, wenn er es verdient hat; aber falls Flink behauptet haben sollte, daheim geprügelt oder vernachlässigt worden zu sein, dann fürchte ich, hat er gelogen. Das ist nicht Burrichs Art.« Die Vorstellung entsetzte mich, dass der Junge so über seinen Vater geredet haben könnte.
    Web schüttelte langsam den Kopf. Er blickte zu Dick, um sicherzustellen, dass der kleine Mann wirklich schlief; dann sagte er leise: »Es gibt noch andere Arten des Vernachlässigens und des Entzugs: zu leugnen, was in jemandem heranreift, die ungebetene Magie zu verbieten, Unwissen auf eine Art aufzuzwingen, die Gefahr gebiert, oder zu einem Kind zu sagen, >Du darfst nicht sein, was du bist<. Das ist falsch.« Seine Stimme klang sanft, doch der Vorwurf war kalt.
    »Er erzieht seinen Sohn genauso, wie er erzogen worden ist«, erwiderte ich steif. Es kam mir seltsam vor, ihn zu verteidigen, denn ich selbst hatte mich oft genug gegen Burrich aufgelehnt.
    »Und er hat nichts gelernt«, entgegnete Web, »nichts vom Umgang mit seiner eigenen Ignoranz und nichts von dem, was er dem ersten Jungen angetan hat,

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