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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Prinzen zu erreichen versuchte. Chade und der Prinz hatten vermutlich ihre Mauern verstärkt, ohne es zu merken. Sie mit der Gabe zu rufen, war, als würde man in einem Blizzard schreien.
    Als Pflichtgetreu bemerkte, dass er mich kaum verstehen konnte, fühlte ich, wie Panik ihn überkam. Er war mitten beim Essen und konnte nicht einfach so gehen. Trotzdem fand er einen Weg, Chade auf die Krise aufmerksam zu machen. Rasch beendeten die beiden ihr Mahl und eilten zu uns aufs Deck hinaus.
    Zu diesem Zeitpunkt war Dick bereits wieder eingedöst. Chade sagte leise: »Ich könnte einen starken Schlaftrunk brauen, den wir ihm dann einflößen, notfalls mit Gewalt.«
    Pflichtgetreu zuckte unwillkürlich zusammen. »Das würde ich gern vermeiden. Dick vergisst es nicht so schnell, wenn man ihn schlecht behandelt. Außerdem: Was hätten wir davon? Er schläft doch schon, und trotzdem ist sein Lied die reinste Qual.«
    »Wenn ich ihn vielleicht in einen wirklich tiefen Schlaf versetzen würde ...«, schlug Chade verunsichert vor.
    »Dann würden wir sein Leben riskieren«, unterbrach ich ihn, »und das, ohne sicher zu sein, dass das Lied dann enden würde.«
    »Uns bleibt nur eine Möglichkeit«, sagte der Prinz ruhig. »Wir müssen umkehren und ihn nach Hause bringen. Er muss vom Schiff.«
    »Das ist unmöglich!« Chade war entsetzt. »Wir würden viele Tage verlieren, und vielleicht werden wir Dicks Kraft noch brauchen, wenn wir dem Drachen gegenübertreten.«
    »Lord Chade, wir sehen die volle Wirkung von Dicks Kraft gerade. Und wir sehen, dass sie weder diszipliniert ist noch von uns kontrolliert wird.« Da war ein Unterton in der Stimme des Prinzen, der Unterton eines Monarchen. Er erinnerte mich an Veritas und dessen sorgfältig abgewogene Worte. Das ließ mich lächeln, woraufhin der Prinz die Stirn in Falten legte. Ich beeilte mich, ihm meine Gedanken darzulegen.
    "Im Augenblick wird Dicks Stärke von niemandem kontrolliert, noch nicht einmal von ihm selbst. Er will uns nichts Böses, doch seine Musik bedroht uns alle. Denkt nur einmal darüber nach, welchen Schaden er anrichten könnte, sollte er je wirklich wütend werden - oder wenn er schwer verletzt würde. Selbst falls es uns gelingen sollte, seine Seekrankheit zu heilen und sein Lied zu beruhigen, bleibt Dick ein zweischneidiges Schwert. Solange wir keinen sicheren Weg finden, ihn zu disziplinieren, stellt er eine Bedrohung dar, wann immer er sich aufregt. Vielleicht wäre es in der Tat klüger, umzukehren und ihn wieder an Land zu bringen.«
    »Wir können nicht umkehren!«, beharrte Chade auf seinem Standpunkt. Als Pflichtgetreu und ich ihn daraufhin anstarrten, flehte er: »Lasst mir noch eine Nacht, um darüber nachzudenken. Ich bin sicher, dass ich eine Lösung finden werde. Und gebt ihm noch eine Nacht, sich an das Schiff zu gewöhnen. Vielleicht ist seine Übelkeit bei Sonnenaufgang ja vorbei.«
    »Also gut«, erwiderte Pflichtgetreu nach kurzem Nachdenken. Wieder war da dieser Unterton in seiner Stimme. Ich fragte mich, ob er dieses Verhalten bewusst erprobte, oder ob er schlicht begann, in seine Rolle als Herrscher hineinzuwachsen. Ich war nicht sicher, ob seine Entscheidung klug war, Chade noch einen weiteren Tag zu geben, doch es war seine Entscheidung, und er hatte sie selbstbewusst getroffen. Allein das war schon einiges wert.
    Als Dick aufwachte, war ihm wieder übel. Ich vermutete, dass inzwischen der wachsende Hunger ebenso viel damit zu tun hatte wie die Seekrankheit. Er hatte Schmerzen vom Würgen, denn sein Magen war verkrampft und seine Kehle aufgeraut. Ich konnte ihn nicht davon überzeugen, irgendetwas anderes zu sich zu nehmen außer Wasser, und auch das akzeptierte er nur widerwillig. Der Tag war weder kalt noch warm, doch Dick zitterte in seinen feuchten Kleidern. Sie scheuerten auf seiner Haut, doch auf meinen Vorschlag, in die Kabine zu gehen und sich umzuziehen, reagierte er mit wütendem Widerstand. Ich wünschte, ich hätte ihn mir einfach packen und wegschleifen können, doch ich wusste, dass er dann schreien und gegen mich kämpfen würde, und sein Lied würde wild und brutal werden. Allerdings fürchtete ich, dass sich seine Seekrankheit sehr bald noch verschlimmern könnte.
    Die nächsten Stunden vergingen elend langsam und das nicht nur für uns. Zweimal hörte ich den Maat vor lauter Wut über seine schlecht gelaunte Mannschaft regelrecht explodierte. Beim zweiten Mal drohte er einem Mann mit Auspeitschung, wenn dieser nicht

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