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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Augenbrauen. »Müssen wir?«
    Ich schaute mich um. Ich wusste nicht, was ich ihm sonst hätte anbieten können. »Was würdest du denn gerne tun?«
    »Dahin gehen!«, rief er und deutete nach vorn. Ich hob den Blick, um seinem dicken Finger zu folgen. Mir verschlug es den Atem.
    Ich hatte den Blick ständig auf die Spuren gerichtet und nicht einmal den Kopf zur Felswand gehoben. Über uns, auf halbem Weg die Wand hinauf, befand sich in einem Spalt eine Tür aus grauem Holz. Der Rest des Spalts war mit Steinen verschiedener Größe gefüllt. Die Tür stand ein Stück offen, und gelber Feuerschein fiel heraus. Irgendjemand war dort.
    Rasch folgten wir den Spuren zu der Stelle zurück, wo sie plötzlich kehrtmachten, und stiegen einen steilen Fußweg die Felswand hinauf. Ihn einen >Weg< zu nennen, war allerdings übertrieben. Wir müssten hintereinander gehen, und unsere Rucksäcke schlugen immer wieder gegen die Wand. Dennoch war es ein viel genutzter Pfad, den man sorgfältig von Felstrümmern und Eis freigehalten hatte. Dort, wo Eiszapfen auf den Pfad zu wachsen drohten, hatte man sie abgeschlagen. Diese Arbeit schien erst vor Kurzem getan worden zu sein.
    Trotz dieser Zeichen von Gastfreundschaft fühlte ich mich beklommen, als ich schließlich vor der Tür stand. Sie war aus Treibholz gebaut, das sorgfältig zurechtgeschnitten und unter großen Mühen zusammengefügt worden war. Wärme und der Duft warmen Essens drang aus ihr heraus. Obwohl sie offen stand und der Platz vor ihr eng war, zögerte ich. Dick nicht. Er schob sich an mir vorbei und stieß die Tür ganz auf. »Hallo!«, rief er hoffnungsvoll. »Wir sind hier, und uns ist kalt.«
    »Bitte, kommt herein«, erwiderte jemand mit einer tiefen, angenehmen Stimme. Der Akzent war seltsam und die Stimme heiser vom wenigen Gebrauch, doch der Tonfall war freundlich. Dick trat unverwandt ein. Ich folgte ihm langsamer.
    Nach der Düsternis der Nacht schien das Feuer in dem steinernen Herd zu strahlen. Zuerst konnte ich nicht mehr als eine Silhouette auf einem Holzstuhl am Feuer erkennen. Dann stand der Schwarze Mann langsam auf und drehte sich zu uns um. Dick sog hörbar die Luft ein. Doch er erinnerte sich so rasch seiner Manieren, dass ich über den kleinen Mann nur staunen konnte, und vorsichtig sagte er: »Guten Abend, Großvater.«
    Der Schwarze Mann lächelte. Seine abgenutzten Zähne waren so gelb wie Knochen in seinem schwarzen Gesicht. Tiefe Falten umgaben seinen Mund, und seine Augen waren tief in die Höhlen gesunken wie schimmernde Scheiben aus Ebenholz. Er sprach, und nach einiger Zeit konnte ich seinem schlecht akzentuierten Outislander einen Sinn entnehmen.
    »Ich weiß nicht, wie lange ich schon hier bin, doch eines weiß ich: Dies ist das erste Mal, dass jemand hereingekommen ist und mich Großvater genannt hat. «
    Als er aufstand, geschah dies ohne erkennbare Mühe, und sein Rücken war gerade. Doch das Alter stand ihm ins Gesicht geschrieben, und er bewegte sich mit der langsamen Eleganz eines Mannes, der seinen Körper schützen will. Er deutete auf einen kleinen Tisch. »Ich habe selten Gäste hier, aber meine Gastfreundschaft will ich euch trotz aller Mängel anbieten. Bitte. Das Essen steht bereit. Kommt.«
    Dick zögerte abermals keine Sekunde. Er warf seinen Rucksack von der Schulter auf den Boden. »Wir danken dir«, sagte ich langsam, während ich ebenfalls vorsichtig den Rucksack auszog und das Gepäck dann zur Seite stellte. Meine Augen hatten sich inzwischen an das Licht gewöhnt. Ich wusste nicht, ob ich seine Residenz eine Höhle oder einen großen Spalt nennen sollte. Ich sah keine Decke, und ich vermutete, dass der Rauch aufstieg, aber nicht herauskam. Die Möbel waren einfach, aber gut gemacht, mit dem Geschick und der Aufmerksamkeit eines Mannes, der viel Zeit hatte, seine Fähigkeiten zu perfektionieren. An der Wand standen ein Bett und ein als Speisekammer dienendes Regal, daneben ein Wassereimer, ein Fass und ein einfacher Webteppich. Ein paar der Sachen schienen Treibgut vom Strand zu sein, andere waren offenbar aus den wenigen Ressourcen der Insel gefertigt. Alles deutete darauf hin, dass der Mann schon lange hier lebte.
    Der Mann selbst war so groß wie ich und so vollkommen schwarz, wie der Narr einst weiß gewesen war. Er fragte uns nicht nach unseren Namen, noch nannte er uns den seinen. Stattdessen servierte er uns zwei Steinschüsseln mit Suppe vom Feuer. Zuerst sprach er nur wenig. Wir bedienten uns der Sprache der

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