Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
Ehre erwiesen. Wir haben die Schiffe anhalten lassen, uns versammelt und ihn über Bord gehen lassen... so wie auch du den Narren gehen lassen musst.
Ich wollte dem weder zustimmen noch darauf antworten. Gewohnheiten, denen man ein Leben lang treu war, sind schwer abzulegen. Ich lenkte Chades Aufmerksamkeit in eine andere Richtung.
Ich habe die Gabenschriften gefunden. Die gestohlene Bibliothek. Sie ist hier, in der Feste der Bleichen Frau. Nur, dass ich nicht glaube, dass sie diesen Ort gebaut hat. Ich habe Dinge gesehen, die mich vermuten lassen, dass einst die Uralten hier gelebt haben.
Chade überraschte mich.
Später, Fitz. Später ist noch genug Zeit, darüber nachzudenken, wie wir die Schriftrollen wieder zurückbringen können. Jetzt hör mir erst einmal zu. Ehre den Leib deines Freundes, wie auch immer du es für angemessen hältst. Lass ihn gehen. Dann werden du und
Dick zum Strand zurückkehren. Ich werde auf dem Schiff sein, das ich zu euch schicke. Ich habe falsch eingeschätzt, was du hast tun wollen, und ich denke nicht, dass du mit dieser Art von Trauer allein sein solltest
Doch er irrte sich. Trauer erzeugt ihre eigene Form von Einsamkeit, und ich wusste, dass ich sie ertragen musste. Ich entschied mich für einen Kompromiss, wohl wissend, dass Chade mich nur so allein lassen würde.
Dick und ich werden am Strand sein, wenn das Schiff eintrifft Du musst nicht extra für uns zurückkommen. Ich werde nicht zulassen, dass uns etwas geschieht. Aber nun möchte ich erst einmal allein sein, wenn es euch nichts ausmacht.
Keine Boote!,
verkündete Dick entschlossen.
Niemals. Nein. Ich werde genau hier bleiben, wo ich bin. Keine Boote. Nie, nicht, niemals.
Dick ist im Augenblick nicht bei dir?
Chade klang besorgt.
Nein. Er wird es dir erklären. Ich habe noch eine Aufgabe zu erledigen, Chade. Danke. Dank euch allen. Danke, dass ihr es versucht habt.
Ich errichtete meine Mauern und schottete mich von ihnen ab. Ich fühlte, wie Pflichtgetreu nach mir griff, doch in diesem Augenblick konnte ich noch nicht einmal seine sanfte Berührung ertragen. Ich sperrte sie aus, als Dick verschlafen begann, ihnen zu berichten, was für tolles Essen der Schwarze Mann doch kochte. Bevor meine Mauern geschlossen waren, fühlte ich noch eine zögerliche Berührung - vielleicht von Nessel, die mich trösten wollte.
Doch es gab keinen Trost für mich, und ich würde Nessel nicht meinem Schmerz aussetzen. Schon bald würde sie genug eigenen Schmerz empfinden. Ich schloss die Mauern. Es war an der Zeit, sich mit dem Tod auseinander zu setzen.
Ich schälte den Körper des Narren vom Boden und hinterließ den Abdruck seines zusammengerollten Leibs und ein goldenes Haarbüschel, das die Stelle markierte, wo er gestorben war. Er lag kalt in meinen Armen. Im Tod schien er weniger zu wiegen als im Leben - fast, als wäre mit seinem Geist der größte Teil von ihm gegangen.
Ich hielt ihn vor meiner Brust, das verklebte goldene Haar unter meinem Kinn und das grobe Sackleinen zwischen meinen Fingern. So ging ich durch das Eis. Wir kamen an der Zelle vorüber, wo Hest noch immer brannte. Der von seinem Fleisch aufsteigende Rauch kroch die Decke über uns entlang und verpestete die Luft mit seinem Geruch. Ich hätte den Leib des Narren zu seinem legen können, doch das kam mir irgendwie nicht richtig vor. Mein Freund sollte allein brennen, ein privater Abschied nur für uns beide. Ich ging weiter an den anderen Zellentüren vorbei.
Nach einiger Zeit bemerkte ich, dass ich laut mit ihm redete. »Wo? Wo würdest du wollen, dass ich es tue? Ich könnte dich auf ihr Bett legen und inmitten ihres Reichtums verbrennen... Würdest du das wollen? Oder würdest du glauben, dass der Kontakt mit etwas, was ihr gehört, dich beschmutzt? Wo würde ich verbrannt werden wollen? Unter dem Nachthimmel, glaube ich, sodass die Funken zu den Sternen fliegen. Würde dir das gefallen, Narr? Oder würdest du es vorziehen, im Zelt der Uralten zu liegen, umgeben von deinen eigenen Sachen, ganz für dich allein, so wie du es immer gemocht hast? Warum haben wir nie über diese Dinge gesprochen? Eigentlich sollte ein Mann so etwas von seinem besten Freund wissen. Doch zählt das am Ende noch? Weg ist weg, Asche ist Asche... aber ich denke, ich würde deinen Rauch gerne im Nachtwind sehen. Würdest du mich dafür auslachen? Ihr Götter. Ich wünschte, du könntest mich noch einmal für etwas auslachen.«
»Wie rührend.«
Der spöttische Tonfall, der
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