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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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er nach hinten gedreht, weg von uns. Ehrfürchtig starrten wir ihn an. Dem Narren stand sein Herzschmerz ins Gesicht geschrieben. Das gewaltige Gefühl von Eisfeuers Leben drohte meine Alte Macht fast zu überwältigen. Noch nie zuvor war ich einem natürlichen Lebewesen von derartiger Größe so nahe gewesen. Dann kamen wir zu einem grob in das Eis gebohrten engen Tunnel, der sich durch die Eisschichten bis zur Brust des Drachen wand. Ich bückte mich, spähte hinein und atmete tief durch. »Gib mir mal deine Laterne«, bat ich den Narren.
    »Willst du da rein?«
    Ich nickte, unfähig zu sagen warum.
    »Dann werde ich dich begleiten.«
    »Da ist nicht genug Platz. Bleib hier und ruh dich aus. Ich werde dir berichten, was ich gefunden habe.«
    Der Narr wirkte hin- und hergerissen zwischen Müdigkeit und Neugier. Dann stellte er seinen Rucksack auf den Boden und öffnete ihn. Als er mir das Laternenkästchen gab, sagte er: »Ich habe noch zwei Stücke Brot. Sollen wir die jetzt essen?«
    »Mach nur. Ich werde essen, wenn ich wieder zurück bin.« Allein schon die Erwähnung von Essen ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen. Plötzlich fiel mir Dick wieder ein. Hatte er Chade und Pflichtgetreu über die Gabe Bericht erstattet, oder saß er noch immer jammervoll da und wartete auf unsere Rückkehr? War er in der Sicherheit des Schlittens geblieben oder uns die Schneelawine hinuntergefolgt? Dann schob ich die sinnlosen Fragen beiseite. Ich öffnete das kleine Kästchen und setzte sein sonderbares grünes Licht frei.
    »Lass dir nicht zu lange Zeit«, warnte mich der Narr, als ich den Tunnel betrat. »Ich will wissen, was du dort findest.«
    Der Tunnel war nicht groß genug, um darin zu stehen. Ich kroch durch ihn hindurch und schob das Lichtkästchen vor mir her. Rasch erblasste hinter mir das blaue Licht der Galerie, und das blassgrüne aus dem Kästchen warf seltsame Schatten auf das Eis. Der Geruch des Drachen wurde immer stärker, bis ich ihn schließlich nicht nur roch, sondern förmlich schmecken konnte. Es erinnerte mich an den Gestank von Strumpfbandnattern, die ich als Kind in meiner Neugier gefangen hatte. Der Tunnel wurde immer enger, je weiter ich kam. Wer ihn gegraben hatte, hatte es offensichtlich nicht erwarten können, zu dem Drachen zu gelangen, und sich deswegen auch nicht damit aufgehalten, ihn in einheitlicher Größe anzulegen.
    Der Tunnel endete vor einer Wand aus schimmernden schwarzen Drachenschuppen, die kleinste so groß wie meine Hand. Werkzeuge lagen ordentlich aufgereiht auf einem Ledertuch davor: verschiedene Klingen, Meißel, Bohrer und Pickel unterschiedlicher Größe. Zwei Werkzeuge, stumpf gewordene Klingen, waren beiseite geworfen worden. Ich hielt das Licht der Uralten näher an den Drachen, und mir kam die Galle hoch, als sich mein Verdacht bestätigte. Irgendjemand war in diesen Tunnel hineingekrochen und hatte versucht, zum Herzen der Kreatur vorzudringen.
    Wie es jedoch aussah, hatten die dicken Schuppen dem Angriff standgehalten. Einige von ihnen waren beschädigt, aber offenbar hatten die Werkzeuge sie nicht durchdringen und das Fleisch darunter versehren können. Eine Art Metallkeil steckte noch immer unter einer Schuppe, um das verwundbare Fleisch darunter bloßzulegen. Ich hielt das Licht näher an den Drachen. Unter der angehobenen Schuppe war eine zweite, cremefarbene Schuppenschicht zu erkennen. Ein Eispickel steckte unter einer dieser Schuppen. Er war in die ledrige Haut darunter eingedrungen, doch kein Blut oder sonst eine Flüssigkeit trat aus. Es war so ähnlich, als würde man einem Pferd die Klinge in den Huf rammen. Mich widerte die Grausamkeit dieser hinterhältigen Tat an.
    Der Drache lebte. Irgendjemand hatte sich wie eine Made hierher gegraben und versucht, das Herz der Kreatur zu erreichen, so lange sie noch festgefroren war.
    Die Festigkeit dieser natürlichen Rüstung wurde mir richtig bewusst, als es mich all meine Kraft kostete, den Eispickel herauszuziehen. Den Keil wiederum musste ich herausschlagen. Im selben Augenblick, da er zu Boden fiel, schlossen sich die Schuppen über der Wunde wieder. Einen Augenblick lang wurden meine zwiehaften Sinne von Eisfeuers Lebenskraft geradezu überflutet, doch dieses Gefühl verschwand genauso schnell wieder, wie es gekommen war. Die schuppige Wand vor mir hätte ebenso gut aus Metall geschmiedet sein können. Ich zögerte, dann strich ich kühn über die vielschichtigen Schuppen. Ich kam noch nicht einmal mit dem

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