Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
Fingernagel unter eine von ihnen, so dicht lagen sie aufeinander. Und sie waren kalt, so kalt wie das Eis, das den Drachen umgab.
Ich sammelte die bösartigen Werkzeuge ein, rollte sie in das Leder und nahm sie mit zurück. Ich musste rückwärts kriechen, zum Umdrehen fehlte mir der Platz. Als ich schließlich wieder die Galerie erreichte, schwitzte ich, und der Reptiliengestank des Drachen drehte mir den Magen um.
Der Narr schlief tief und fest an jenem Ende der Galerie, das dem verborgenen Kopf des Drachen am nächsten war. Er saß, hatte die Knie angezogen und den goldenen Kopf daraufgelegt. Sein offenes Haar verdeckte sein Gesicht. Erschöpfung hatte über die Neugier gesiegt. Ich setzte mich auf den Boden neben ihn und lehnte mich mit dem Rücken an die eisige Wand. Der Narr murmelte etwas im Schlaf und rückte unbewusst näher an mich heran, um sich anzulehnen. Ich seufzte und ließ ihn in gewähren. Ich fragte mich, warum derjenige, der den Drachen offenbar töten wollte, nicht hier einen Tunnel gegraben hatte, näher am Kopf des Drachen. Hatte er vielleicht befürchtet, dass der Drache so noch einen Weg gefunden hätte, sich zu verteidigen?
Ich blickte zu der eisigen Decke über mir auf. Sie war von einem tiefen, endlosen Blau, sodass ich das,Gefühl hatte, in tiefes Wasser zu blicken. Irgendwo dort oben grub Prinz Pflichtgetreu neben seiner Zwiehaften Kördiale. Ich fragte mich, wie dick das Eis wohl noch war, das uns von ihm trennte. Wie lange würden der Narr und ich noch hier sitzen müssen, bevor wir die Schaufeln hörten? Ewig. Ich konnte keine Schaufeln hören, keine Stimmen, und ich sah kein Eis unter den Schlägen der Spitzhacken von der Decke bröckeln. Die anderen hätten genauso gut auf der anderen Seite der Welt sein können.
Ich rückte näher an den Narren heran. Ich war so schrecklich müde und hungrig. Mit einer meiner neuen Waffen hieb ich ein Stück Eis aus der Wand und saugte daran. Das Lichtkästchen der Uralten legte ich in den Rucksack des Narren zurück. Dort fand ich auch das Stück Brot, das er mir gelassen hatte, und aß es. Es war sehr gut und sehr klein. Dann legte ich den Kopf auf den des Narren und schloss für einen Augenblick die Augen. Ich nehme an, wir haben geschlafen.
Mein eigenes Zittern weckte mich wieder. Ich hatte das Gefühl, als würden meine Knochen versuchen, mich durchzurütteln. Es tat weh, mich zu strecken. Der Narr glitt langsam an mir vorbei und blieb dann auf dem Boden liegen, während ich mit den Armen wackelte und mit den Füßen stapfte, um wieder Gefühl in sie hineinzubekommen. Ich kniete mich nieder und bearbeitete den Narren mit meinen Händen, die zu steif waren, um richtig zu funktionieren. Seine Haut hatte eine schreckliche Farbe angenommen. Als er leise stöhnte, seufzte ich vor Erleichterung. »Steh auf.« Ich hielt meine Stimme gesenkt und fluchte leise, weil wir uns dazu hatten hinreißen lassen, an so einem ungeschützten Ort einzuschlafen. Wäre jemand die Treppe hinaufgekommen, hätte er uns überrascht. »Komm. Wir müssen weiter. Wir müssen noch immer einen Weg heraus finden.«
Der Narr wimmerte und rollte sich noch fester zusammen. Wütend und verzweifelt zugleich stieß ich ihn an. »Wir dürfen jetzt nicht aufgeben. Steh auf, Narr. Wir müssen weitergehen.«
»Bitte«, hauchte er. »Ein stiller Tod. Einfach hinübergleiten.«
»Nein. Steh auf.«
Er öffnete die Augen. Irgendetwas an meinen Worten musste ihm verraten haben, dass ich ihn nicht in Frieden lassen würde. Steif und hölzern wie die Puppen, die er einst geschnitzt hatte, bewegte er sich. Dann streckte er die Hände aus und schaute sie dümmlich an. »Ich kann sie nicht mehr fühlen.«
»Steh auf und setz dich in Bewegung. Sie werden schon wieder zum Leben erwachen.«
Er seufzte. »Es war so ein schöner Traum. Ich habe geträumt, dass wir beide hier gestorben sind, und alles war vorbei. Da war nichts mehr, was wir hätten tun können, und alle haben darin übereingestimmt, dass wir es versucht haben, es aber nicht unser Fehler war. Sie haben sehr freundlich von -uns gesprochen.« Er seufzte. »Wie bist du aufgestanden?«
»Keine Ahnung. Mach es einfach.« Ich fühlte meine Geduld schwinden.
»Ich versuche es ja.«
Während er sich bemühte, erzählte ich ihm, was ich am Ende des Tunnels entdeckt hatte. Ich zeigte ihm die Werkzeuge, die ich mitgenommen hatte, und er schauderte. Schließlich stand er wieder auf den Beinen und machte ein paar schlurfende Schritte.
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