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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ließ das Blut in meinen Schläfen pochen. Ich stand auf und entledigte mich meiner Kleidung. Die Bleiche Frau senkte den Blick, um zu sehen, was ich ihr^u bieten hatte.
    Und in diesem Augenblick schloss ich meine Gabenmauern fester denn je in meinem Leben und sperrte ihren verführerischen, heimtückischen Einfluss aus. Ich warf mich auf sie, wie sie es erwartet hatte. Doch dann schlossen sich meine Hände um den milchigweißen Hals, während sich mein Knie in ihren sanft gerundeten Bauch grub. Ich fühlte, wie sie nicht nur mit den Fäusten, sondern auch mit der Gabe auf mich einhämmerte. Ich wusste sehr gut, dass ich nur eine Chance hatte, und in nur einem einzigen Augenblick wusste ich auch, dass ich diese Chance verpasst hatte. Ich hätte wissen müssen, dass sie dem Narren nicht nur im Aussehen ähnelte, sondern dass sie auch über seine unheimliche Stärke verfügte. Sie brauchte keine Wache, als sie das Kinn nach unten drückte, um meinen Würgegriff zu sprengen. Sie schob die Fäuste zwischen meinen Ellbogen hindurch und riss dann die Arme auseinander; ihr Hals war frei. Sie warf mich von sich, und als ich gegen das Kohlebecken fiel und es umwarf, hob sie die Hände. Die weißen Lichtkugeln erwachten plötzlich zum Leben und fluteten den Raum mit Licht. Wachen stürmten aus allen Richtungen auf mich zu. Es war unvermeidlich, dass sie mich überwältigen würden, und es wäre klug gewesen, mich zu ergeben. Doch der kurze Blick, den ich auf den Narren erhaschte, geknebelt und wie eine Trophäe an die Eiswand gebunden, entfachte einen Zorn in mir, wie ich ihn nicht mehr empfunden hatte, seit ich mit einer Axt bewaffnet gegen die Plunderer der Roten Schiffe in den Kampf gezogen war.
    Das umgestürzte Kohlebecken brannte in meinen Händen, als ich es packte und meinen Angreifern entgegenschleuderte. Ich kämpfte gegen sie, erwartete, dass sie mich töteten, und so hielt ich mich nicht zurück. Ich denke, das war auch der Grund, warum sie so lange brauchten, um mich niederzuringen. Sie hielten sich zurück und fügten mir weit weniger Schaden zu als ich so manchem von ihnen. So weiß ich, dass ich einem Mann das Jochbein brach, denn ich hörte es knacken, und ich erinnere mich daran, einmal ein Stück Ohr ausgespuckt zu haben. Doch wie bei allen Schlachten, wenn ich in diese Stimmung verfalle, ist meine Erinnerung daran vage und verschwommen.
    Klar erinnere ich mich aber noch daran, dass ich den Kampf verloren habe. Ich wusste, dass es vorbei war, als ich auf dem Bauch lag und drei Mann auf mir knieten. Ich hatte Blut im Mund, ein Teil davon mein eigenes. Ich hatte nie Skrupel gehabt, die Zähne im Kampf zu gebrauchen, nicht seit ich mich mit einem Wolf verschwistert hatte. Mein linker Arm gehorchte mir nicht mehr. Als sie mich in die Höhe hoben, hing der Arm schlaff herab und baumelte an meiner Seite.
Ausgekugelt
, dachte ich und wartete auf den Schmerz.
    Ich hatte es fast bis zu den Füßen des Narren geschafft. Ich hob den Blick, um ihn anzuschauen. Er hing wie ein Schmetterling an der Wand, die Arme ausgebreitet, und selbst sein Hals war mit einem Eisenband befestigt. Der Knebel saß so fest, dass er ihn in den Mund schnitt. Blut lief dem Narren aus den Mundwinkeln und troff ihm aufs Hemd. Sie mussten seinen Rucksack durchwühlt haben, denn er trug die Hahnenkrone. Der Holzreif war bis über die Ohren heruntergezogen. Die Augen des Narren waren geöffnet, und ich wusste, dass er alles mitbekommen hatte, was die Bleiche Frau sich ausgedacht hatte, um ihn zu quälen. Das war der eigentliche Grund für ihren Verführungsversuch gewesen. Als sich unsere Blicke trafen, wusste ich auch, dass er verstand, dass ich ihn nie betrogen hatte. Ich sah das schwache Zucken seiner von der Gabe gezeichneten Fingerspitzen.
    »Ich habe es versucht!«, rief ich ihm zu, als er den Kopf so weit neigte, wie es das Eisenband erlaubte, und ihm die Augen zufielen. Die Wachen hatten ihren Spaß mit ihm gehabt. Blutflecken waren ihm durch die Kleidung gesickert, und Blut klebte ihm in den verschwitzten Haaren. Nun hatte man ihn unbeweglich und stumm am Eis festgemacht und quälte ihn mit der Kälte, die er stets so gehasst hatte. Hatte er ein solch langsames und eisiges Ende für sich vorausgesehen? War das der Grund dafür, warum er sich immer so sehr vor der Kälte gefürchtet hatte?
    »Bringt beide in meinen Thronsaal!« Die Stimme der Bleichen Frau klang wie brechendes Eis. Ich riss den Kopf herum, um sie anzusehen. Sie hatte ihre

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