Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition)
der Deutschen Bahn über Jahrzehnte hinweg mit höchster Zuverlässigkeit standen.
So kann uns dieses Unternehmen nur noch marginal helfen. Klimaanlagen zu sabotieren ist beispielsweise eine nicht sonderlich aufwändige, aber sehr effektive Maßnahme, nach deren Anwendung man Züge komplett aussetzen muss und damit etliche Passagiere in die heiß ersehnte Bredouille bringen kann. Auch der Einfall mit der abgeschraubten Tür, die während der Fahrt fliegenderweise ihren Platz verließ, muss als einfallsreich und schön gelobt werden. Toll ist es auch, unmittelbar vor Eintreffen des Zugs eine geänderte Wagenreihung oder ein anderes Gleis durchzusagen und damit die Rentner in Panik zu versetzen, die sich mit ihren Rollatoren bereits sechzig Minuten vor Abfahrt an der laut Wagenstandsanzeiger richtigen Stelle des Bahnsteigs platziert hatten.
Hier wird es sicherlich noch weitere Konzepte geben, die es uns ermöglichen, die Eisenbahn in angemessener Weise zu fürchten. Da ist das Unternehmen auf einem guten Weg. Ohne Not beispielsweise einen Bahnhof in einer Großstadt unter die Erde verlegen zu wollen; damit dort die Bevölkerung gegen sich aufzubringen, Steuergelder zu verschwenden, Sicherheitsrisiken einzugehen – um dann letzten Endes einen wesentlich uneffektiveren und fehleranfälligeren Bahnhof zu haben als zuvor, erscheint als tragfähiges Konzept, das man auch in anderen Metropolen anwenden könnte.
ANGST UM DIE KINDER
(Pädoauaphobie)
Mutter und Kind haben von Natur aus eine symbiotische Beziehung. Ursache dafür ist selbstverständlich der biologische Ernährungsvorgang im Mutterleib: Dort bildeten zwei Organismen eine Einheit. Eine solche Abhängigkeit ist eine wunderbare Voraussetzung, um zahlreiche elementare Ängste zu entwickeln und zu pflegen – in diesem Falle insbesondere die durchaus auch im gegenständlichen Sinne zu verstehende Trennungsangst. In den ersten Lebensmonaten ist die Sorge um das Kind natürlich berechtigt, da das Zusammen- oder aber Getrenntsein mit bzw. von der Gebärerin über das nackte körperliche Überleben eines Säuglings entscheiden kann. Niemand wird dies ernsthaft bestreiten. Aber auch in den folgenden Jahrzehnten kann die Bindung eng und damit die Angst vor deren Auflösung groß bleiben. Es wurden Frauen gesehen, die den Staatsexamina ihrer Kinder beiwohnten, um diesen in den Prüfungspausen die Brust geben zu können. Entwöhnung ist der größte Feind der Angst um die Kinder. Entbindung muss nicht zwangsläufig auch Abnabelung bedeuten!
Weit verbreitet ist der Erste-Hilfe-Rucksack, den viele moderne Mütter mit sich führen, wenn sie ihre Kinder zur Schule bringen (oder zur Arbeit): Traubenzucker, 3–7 Sorten homöopathische Kügelchen, Pflaster, Verbandsmaterial, Apfelstückchen, Trinkfläschchen, Selbstverteidigungsspray, Erste-Hilfe-Ratgeber, Ersatzhandy, 10–15 Notfallnummern, Wechselklamotten, Wundsalben, Zahnbürsten und -pasten für den Fall einer notwendigen auswärtigen Übernachtung, dazu eigene Nachtwäsche und eine Flasche Rotwein, falls eines der Kinder ins Krankenhaus eingeliefert wird und Mutti dort ebenfalls übernachten muss. Oder einfach nur so, für das Schlückchen zwischendurch, auf den Schreck, falls dem Nachwuchs auch heute erstaunlicherweise wieder nichts zugestoßen ist. Was vor allem dem rund um die Uhr getragenen Helm zu verdanken ist. It’s a jungle out there.
Natürlich haben Mütter zunächst Angst um ihre eigene körperliche Unversehrtheit, nicht nur um die des Kindes. Sie befürchten schlicht, mit der Geburt etwas von sich selbst zu verlieren, diesem ein Leben lang hinterherlaufen und sich um dessen Ernährung kümmern zu müssen. Einen Teil des eigenen Körpers nicht unter Kontrolle zu haben, ist ein unangenehmes Gefühl; das kennen viele auch von ausgelassenen Karnevalsfeiern oder von ihren Reisen in ferne Länder mit ungewöhnlichen Essgewohnheiten. Um sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können, begraben manche Mütter den Mutterkuchen nach der Entbindung im eigenen Garten. Sie befürchten, den sonst auch noch einkleiden, einschulen oder verheiraten zu müssen.
Ihre Sorgen muss die Gebärerin unbedingt an die Kinder weitergeben, sie muss ihnen von klein auf signalisieren: Das Leben ist ein harter Keks, den keiner allein verdaut bekommt. Mutterlosigkeit ist gleichbedeutend mit Lebensgefahr – das ist das wunderbare Gefühl, mit dem jede Mutter ihr Kind auf die Lebensreise schicken sollte: Ohne mich stirbst du. Vor allem
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