Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition)
unsere Eltern ja für ihre zeugungstechnische Zügellosigkeit bestraft und man nähme ihnen ihre jeweils dritten Kinder weg?! Einer hatte gehört, dass man das in China so mache. Würden wir nach Amerika verkauft und müssten dort auf Baumwollfeldern arbeiten? Damals lasen wir schließlich noch »Onkel Toms Hütte«! Oder würden wir in der benachbarten Süßwarenfabrik arbeiten müssen, bis wir mit 15 einfach grußlos umfielen? Tod für Toffifee, wäre das unser Schicksal?
In Wirklichkeit war es fantastisch – jedenfalls für uns Kinder. Wir landeten nämlich keineswegs in einem Arbeitslager, sondern nur in der Grundschule des Nachbarortes Hörste. Klingt wie schwerhörig. Genau: benachteiligt. Denn warum dieser Vorort nicht unter der Überschülerung litt, war relativ offensichtlich: Dort war schon lange niemand mehr vorbeigekommen, um den Genpool aufzufrischen. Was auch zur Konsequenz hatte, das wir Stadtkinder in der Grundschule allesamt überragende Noten hatten. Im Vergleich zur inzestuös eingetrübten Dorfbevölkerung war das zwar keine besondere Leistung. Aber: eine aufbauende Erfahrung. Ich gehe daher bis heute gerne auf Tournee. Mein Elternhaus allerdings hatte zunächst große Mühe, mein aufkeimendes Selbstbewusstsein wieder zu ersticken. Hierzu empfehlen wir die Klassiker, mit denen Mütter ja schon seit Generationen erfolgreich operieren: »Schwimm nicht zu weit raus!«, »Geh da nicht allein hin!«, »Kratz dich nicht auf!« oder »Zieh dich warm an!«. Und natürlich der ewige Top-Klammer-Spruch: »Halt dich gut fest!«
Insbesondere die Wahl der Kleidung darf als effektive angstbildende Maßnahme gelten. Wer als Kind bei 25 Grad eine braun-orange gestreifte, von Mutti selbstgestrickte Pudelmütze tragen musste, kann es bezeugen. Dadurch gelingt zweierlei: 1. Die Angst der Mutter, in diesem Falle um die Gesundheit des Kindes, bestimmt das Handeln – nicht die realen Witterungsbedingungen. 2. Das Kind wird sozial isoliert und damit umso mehr auf die Akzeptanzsignale der Gebärerin angewiesen sein. Den Heranwachsenden müssen daher so lange wie möglich Brote geschmiert und die Schnürsenkel gebunden werden. Auch sollten sie, am besten in einem beheizten, trockenen Fahrzeug, persönlich überall hingebracht und abgeholt werden. Nur von Mutti persönlich. Die Kleinen werden dankbar sein! Auch, wenn sie groß sind.
Auch Männer können von der Angst um die Kinder profitieren: Sie müssen nur ihrer Partnerin gegenüber den kindlichen, passiven Part einnehmen. Dazu sollten sie sich stets und ständig verletzen, erkranken oder anderweitig einen Mitleid erregenden Eindruck machen. Jammern allein ist meist nicht ausreichend! Frauen sind misstrauisch. Sie müssen wirklich das Gefühl haben, der Mann würde – wie Kinder – ohne ihre Hilfe schlagartig umkommen. Wenn sie davon aber einmal überzeugt ist, legt sie abends freudig seine »Klamotten für morgen« ins Bad. Kocht und putzt. Und baut im Idealfall sogar IKEA-Regale allein auf.
ANGST VOR MAULWÜRFEN
(Zemmiphobie)
Die Angst vor Maulwürfen ist keine Reaktion auf eine direkte Bedrohung für uns. Was angesichts von deren Lebensraum und Körpergröße auch ziemlich obskur wäre. Möglich ist sie dennoch (siehe: Angst vor Dunkelheit) . Die Furcht vor den Talpiden resultiert zum einen aus der Sorge um den Rasen. Zum anderen ist es eine Form der Autophobie, der Angst vor sich selbst und dem, was man gleich tun wird.
Um sich vor Maulwürfen und ihrem destruktiven Werk zu fürchten, muss man kein Gartenfetischist sein. Ich beispielsweise mähe erst, wenn man die Schaukel nicht mehr sehen kann. Ich vertikutiere den Rasen nicht, ich maniküre ihn auch nicht. Ich mähe auch keine Muster ins Grün, z.B. unser Familienwappen. Damit man es dann aus dem Flugzeug sehen kann, kurz vor der Landung in Fuhlsbüttel. »Oh, schau, die fünfblättrige Rose, das muss das Anwesen derer von Rosenberg sein!!« Daran bin ich nicht interessiert.
Ich möchte auf unserem Rasen mit meinem Sohn einfach nur Fußball spielen. Oder Hockey. Wenn nur nicht die Verletzungsgefahr so groß wäre. Wegen der herunterfallenden Äpfel und Quitten – und wegen der Maulwurfshügel und -löcher. Selbst geringste Ansprüche an den eigenen Garten können nicht erfüllt werden, wenn ein Maulwurf sein sinnloses, destruktives Unwesen treibt. Aus purer Boshaftigkeit und Impertinenz. Die einzige Sportart, die man in unserem Garten ausüben kann, ist Golf. Allerdings auch nur eine spezielle Art
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