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Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition)

Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition)

Titel: Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz von Rosenberg Lipinsky
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Insbesondere freitags drängen ja immer Rentner in die Fernzüge. Mit 60-Kilo-Trolleys, aber ohne Platzreservierung. Oder mit einer für den falschen Zug. Und haben dann weder Kraft noch Raum, um ihr Gepäck zu verstauen. Volk ohne Kofferraum – das kennen sie ja noch aus der Schule. Hier aber ist die Enge unbestreitbar, insbesondere, wenn zeitgleich auch noch der zwölfköpfige thüringische Junggesellinnenabschied auf der Rückreise vom Skiausflug mit der Palette Rotkäppchen-Sekt den Zug betritt. Oder die Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan auf Heimaturlaub, die als Andenken für ihre Familien gerne die eine oder andere Schafherde im Gepäck haben. Garniert wird das dann von australischen Studenten auf Europareise, die noch entspannt auf dem Bahnsteig die eine oder andere Tüte rauchen und im letzten Moment den Zug bespringen, um sich mit ihren Wollsocken und ihrem Rucksack einfach oben auf alle draufzulegen. Daher kommt es in Zügen der Deutschen Bahn oftmals zu kompakten Konglomeraten aus Butterbroten, Laptops, Regenjacken, Didgeridoos und senilem Fettgewebe. Keiner weiß mehr, wo er selbst sitzt, wo er hinsoll und wie er sich in welche Richtung bewegen kann, ohne anderen irreparable Schäden zuzufügen.
Das Zugpersonal geht der klaustrophoben Situation in aller Regel aus dem Weg und schließt sich an Freitagen dauerhaft im Dienstabteil ein. Das ist bedauerlich, könnten die Mitarbeiter hier doch noch einiges zur Eskalation beitragen. Mit nicht gültiger Fahrkarte auf freier Strecke aus dem Zug geworfene minderjährige Kinder, wie unlängst in Mecklenburg-Vorpommern durch einen bei der Deutschen Bahn untergekommenen ehemaligen Stasi-Offizier praktiziert, können nur der Anfang sein. Hier muss mehr Einsatz gezeigt werden, auch durch die geneigten Leser, die gerne wesentlich aggressiver gegen Mitreisende vorgehen könnten. Auch das Denunzieren von Schwarzfahrern ist leider einer mitleidigen Toleranzmasche gewichen.
    Die einzige wirklich nennenswert verbreitete Angst vor der Eisenbahn ist eine sehr diffuse, existentialistische, die sich primär auf das Ausgeliefertsein als Fahrgast bezieht. Man scheint sein Leben nicht mehr selbst in der Hand zu haben: Aussteigen, anhalten, frische Luft schnappen, die Aussicht genießen – all das, was eine Reise schön macht, ist nicht möglich. Zumindest nicht dann, wenn man selbst es will. Viele Menschen fühlen sich daher von ihrem Verkehrsmittel bevormundet.
    Zum Beispiel sind Raucher nach Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes und der daraus folgenden Abschaffung der Raucherwagen darauf angewiesen, unmittelbar nach dem Zusteigen das Faltblatt »Ihr Reiseplan« zu studieren. Und zwar daraufhin, ob und wo der Zug länger als drei Minuten hält. Jeder Aufenthalt in Hamm beispielsweise kommt einem Nichtraucher vor wie eine Ewigkeit. Faktisch dauert er aber meist sieben Minuten – zur Freude der Nikotinabhängigen. Diese rennen dann hektisch zur Tür, um zu quarzen. In erniedrigender Pose: das Raucherbein auf dem Bahnsteig, das gesunde noch im Zug, damit sich die Tür nicht schließt und sie womöglich dauerhaft an diesem einsamen Ort im südlichen Münsterland zurückbleiben. Oder wenn, dann nur das lädierte Bein.
    Derartige Ohnmachtskomplexe werden beim Bahnfahren gerne kombiniert mit sozialphobischen Elementen und übersteigertem Anspruchsdenken. Ergebnis: ein Fiasko. Bei jeder Zugfahrt haben wir wieder die Angst, dass sie nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen wird, sowohl was den Platzanspruch angeht, als auch die Temperatur im Waggon, die Zusammenstellung der Speisekarte, die Preise, die Kleidung der Mitreisenden, ihre Art des Umgangs miteinander, ihre Lektüre – nicht zu vergessen die Pünktlichkeit. Auch privat Reisende setzen sich und die Bahnmitarbeiter dem höchstmöglichen Termindruck aus. Das Einhalten der exakten Ankunftszeit ist von existenzieller Bedeutung. Man kann sich die Panik eines Paares vorstellen, das auf dem Weg zu seinen Enkeln ist und weiß, dass ihre Schwiegertochter sie für das ihrer Meinung nach sinnlose Warten auf einem zugigen Bahnsteig das ganze Wochenende mit Verachtung strafen wird.
    Leider buchen sich viele Passagiere ihre Fahrkarten inzwischen selbst zuhause am Computer und berauben die Deutsche Bahn damit einiger ihrer schönsten Möglichkeiten, die Fahrt zu einem unvergesslichen Ereignis zu machen: Falsche Daten, verdrehte Zugnummern, zu kurze Umsteigezeiten o.Ä. – heute zählt leider nicht mehr, wofür die Schalterbeamten

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