Die 39 Zeichen 01 - Die Katakomben von Paris
Ohr. Morgen werden wir es ein paar Leuten heimzahlen.«
Maison des Gardons bedeutete nicht Gartenhaus. Gardons waren Kakerlaken. Dan hatte Nellie danach gefragt, weil er die ganze Nacht lang trippelnde Geräusche auf dem Fußboden hörte. Er wünschte, Saladin wäre hier gewesen. Der Kater hätte einen Riesenspaß gehabt, Jäger im Dschungel zu spielen.
Am Morgen waren Dan und Amy noch ganz verschlafen, doch nachdem sie geduscht und frische Kleider angezogen hatten, kehrten ihre Lebensgeister zurück. Nellie kam von dem kleinen Café an der Ecke zurück, mit Kaffee für sich selbst, heißer Schokolade für Dan und Amy und pain au chocolat für sie alle. Ein Land, in dem man Schokolade frühstückte, konnte nicht wirklich schlecht sein, dachte Dan.
»Also«, sagte er, »darf ich heute wieder ein paar Granaten werfen?«
»Nein!«, sagte Amy. »Dan, du hast Glück gehabt, dass es nur eine Blendgranate war. Du hättest beinahe die ganze Familie Holt ausgelöscht.«
»Und was wäre daran so schlimm gewesen?«
»Okay, lasst es gut sein«, mischte sich Nellie ein. »Die Hauptsache ist, dass ihr beide in Sicherheit seid.«
Amy mümmelte an ihrem Schokohörnchen. Sie sah heute Morgen blass aus und ihr Haar hing in wirren Locken herab. »Dan … wegen gestern Abend … Es tut mir leid. Ich - ich war in Panik. Ich habe uns fast umgebracht.«
Dan hatte diesen Teil des Abends schon fast wieder vergessen. Gestern war er richtig sauer auf sie gewesen, doch wenn sie so elend aussah und sich entschuldigte, konnte er nicht länger böse auf sie sein. Außerdem hatte sie sich diese coole Aktion mit der Batterie ausgedacht, was ihren Aussetzer wiedergutgemacht hatte.
»Mach dir keine Sorgen«, sagte er.
»Aber wenn es wieder vorkommt …«
»Hey, wenn wir uns von Irina noch einmal in eine Falle locken lassen, sind wir noch dümmer als die Holts.«
Amy sah nicht so aus, als würde sie diese Vorstellung trösten. »Was ich nicht verstehe, ist, woher der Mann in Schwarz kam.
Warum ist er letzte Nacht an der Brücke aufgetaucht? Und wenn die Holts das Haus in Brand gesteckt und die Explosion im Museum verursacht haben …«
»Was hat dann der Mann in Schwarz dort zu suchen gehabt?«, beendete Dan ihren Satz. »Und wieso hatte Irina ein Foto von ihm?«
Er wartete darauf, dass Amy wieder mit einer ihrer »Oh-darüber-habe-ich-letztes-Jahr-einen-Aufsatz-geschrieben«-Geschichten ankam, doch sie starrte nur finster auf ihren Teller.
»Vielleicht könntet ihr beiden euch jetzt mal darauf konzentrieren, wie wir weitermachen sollen«, riet Nellie.
Amy atmete tief ein. »Ich glaube, ich weiß, wo wir als Nächstes hinmüssen. Dan, kann ich mal deinen Laptop benutzen?«
Er sah sie erstaunt an, denn normalerweise weigerte Amy sich, einen Computer zu benutzen. Er fuhr ihn hoch, und Amy fing an, im Internet zu recherchieren.
Plötzlich verzog sie das Gesicht und drehte den Bildschirm so, dass die anderen beiden etwas sehen konnten. Das Bild zeigte einen Haufen Knochen in einem dunklen Raum.
»Ich habe schon eine ganze Weile darüber nachgedacht«, sagte Amy, »aber ich hatte gehofft, dass ich mich irre, weil es so gefährlich ist. Das Knochenlabyrinth . Das hatte Mama in Poor Richard’s Almanack gekritzelt. Wir müssen die Katakomben auskundschaften.«
»Katerkomben? Ist das der Ort, an dem die Katzen aufbewahrt werden?«, fragte Dan.
Es schien ihm eine völlig vernünftige Frage zu sein, doch Amy sah ihn mit einem dieser »Du bist so ein Blödmann«-Blicke an, dass er lieber still war.
»Die Katakomben sind ein unterirdisches Labyrinth«, erklärte
sie. »Ich habe dir doch erzählt, dass Paris von Höhlen und Tunneln durchlöchert ist, stimmt’s? Der ganze Kalkstein, den sie benutzt haben, um die Stadt zu errichten, stammt seit den Tagen der Römer aus dem Boden unter der Stadt. Und das hat ein ganzes Geflecht an Höhlen hinterlassen. Einige von ihnen sind nur Gruben, wie die, in die wir gestern Nacht gefallen sind.«
»Und manche sind ein Gewirr aus unterirdischen Gängen«, sagte Nellie. »Ja, ich erinnere mich, dass ich davon gehört habe. Und sie sind alle bis oben hin mit Knochen angefüllt, richtig?«
»Cool! Ich möchte auch einen Raum, der voll mit Knochen ist!«, rief Dan. »Wo sind die her?«
»Von Friedhöfen«, antwortete Amy. »Damals im 18. Jahrhundert waren die Friedhöfe so überfüllt, dass man sich entschlossen hat, die alten Skelette auszugraben und sie in die Katakomben umzubetten. Die Sache ist nur …
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