Die 39 Zeichen 04 - Der Schatz des Pharao
zu sehen.«
Theo und Nellie unterhielten sich miteinander, während Amy leise mit Dan sprach. Seit er ihr praktisch das Leben gerettet hatte, war es schwierig, immer noch böse auf ihn zu sein.
»Eine Möglichkeit bleibt uns noch«, flüsterte sie. »Im Gedicht heißt es, dass die rosige Säule zur Mittagszeit einen Schatten wirft. Da die Gebäude noch genauso wie vorher angeordnet sind, wird auch derselbe Schatten auf denselben Platz des ›langen beschützenden Arms‹ fallen – was auch immer das ist. Wenn wir Glück haben, ist Katherines Hinweis immer noch da.«
»Entweder das oder wir müssen einen Zwischenstopp beim Schnorchelparadies einlegen«, witzelte Dan.
Das Taxi hielt vor dem Old Cataract Hotel, an einer malerischen Stelle am rechten Nilufer. Theo bot ihnen an, die Taschen in die Zimmer zu bringen und »ein bisschen Bakschisch zu verteilen«. Als er zum Taxi zurückkam, lief ein Page zu ihm und gab ihm einen kleinen Zettel. Theo las ihn und runzelte die Stirn. Dann steckte er den Zettel in die Brusttasche seines Hemdes.
»Was war das?«, fragte Amy, als er sich auf den Beifahrersitz setzte.
»Nichts. Nur … ein Willkommensgruß von der Rezeption.«
Dan streckte seinen Arm nach vorn und zog den Zettel aus Theos Tasche. Er warf einen kurzen Blick darauf. »Was für ein herzliches Willkommen.«
Er zeigte ihn Amy und Nellie. Eine Zeichnung in ägyptischem Stil von Osiris, dem Gott der Unterwelt, war oben auf dem Blatt zu erkennen. Darunter stand:
»Ich wollte nicht, dass ihr noch eine von diesen blöden Nachrichten seht«, erklärte Theo.
Dan zerknüllte den Zettel. »Egal.« Aber das war es nicht. Er hatte gedacht, dass Jonah die Nachrichten geschickt hätte. Doch Jonah war nun wahrscheinlich auf dem Weg nach Paris.
»Da sind die Docks«, bemerkte Theo. »Beeilen wir uns. Die Fähre legt gerade ab.«
Sie rannten zum Boot und erreichten es gerade noch Sekunden, bevor es losfuhr. Die Fähre tuckerte von der Anlegestelle weg. Hier in Assuan sah der Nil sogar noch schöner aus. Er war smaragdgrün und mit weißen Segeln gesprenkelt. Große Kreuzfahrtschiffe legten in der Nähe an, Touristen lehnten sich über die Reling, hielten Kameras in den Händen und zeigten mit den Fingern auf die Umgebung. Zwei Reiher stelzten vorsichtig durch das Schilf, was Amy an die Malereien erinnerte, die sie in Nefertaris Grab gesehen hatte. Das Alte und das Neue trafen hier aufeinander und verschmolzen miteinander. Sie begann, das als eine besondere Eigenschaft Ägyptens wahrzunehmen.
»Wir werden am südlichen Ende der Insel landen, doch es ist von da nicht weit zum Tempel«, erklärte Theo. »Kennt ihr die Geschichte der Isis?«
»Sie war mit diesem Typen Osiris verheiratet und der ist abgekratzt«, antwortete Dan. »Also ist sie total ausgeflippt und hat rumgeheult, bis der Fluss überlief.«
»Beeindruckend! Genauso steht es in den Hieroglyphen«, sagte Theo.
Das Boot legte an und sie folgten Theo zum Isis-Tempel. Es war ein großer Gebäudekomplex, hoch und erhaben, mit Reliefs, die in den Stein gehauen worden waren. Sie schritten einen großen Säulengang entlang.
Dan sah sich um. »Wo ist der Obelisk? Sollte es hier nicht einen geben?«
»Es gab mal einen«, erwiderte Theo. »Um genau zu sein, gab es sogar zwei, die Ptolemäus VIII. hatte aufstellen lassen. Sie waren aus rosa Granit. Doch sie wurden beschädigt und im 19. Jahrhundert entfernt. Na ja, genauer gesagt wurden sie von einem Engländer gestohlen oder gekauft, das hängt von der Perspektive ab. Sie befinden sich heute in seinem Garten in Dorset.«
Amy war bestürzt. Die Obelisken, die rosigen Säulen , waren fort. Nichts konnte mehr einen Schatten werfen. Wie sollten sie den Hinweis jetzt noch finden?
Theo setzte seinen Vortrag fort. »Der Nil hat die alte Insel einmal pro Jahr überschwemmt«, erzählte er. »Man hat Mauern gebaut, um die Tempel zu schützen. Das ist einer der Gründe, warum sie so außergewöhnlich gut erhalten sind.«
»Aber hier gibt es keine Mauern«, stellte Amy fest.
»Die musste man nicht wieder aufbauen.« Theo zuckte mit den Achseln. »Aufgrund des Staudamms überschwemmt der Nil jetzt ja nichts mehr.«
Theo ging mit Nellie weiter. Amy hockte sich auf eine der Stufen. »Was sollen wir jetzt machen?«, fragte sie. »Der Obelisk ist weg.«
Dan setzte sich neben sie. »Und die Mauern auch. Glaubst du nicht auch, dass sie der ›lange beschützende Arm‹ sind?«
»Warum hat Grace uns hierhergeschickt, wenn der
Weitere Kostenlose Bücher