Die 39 Zeichen 07 - Die Spur des Zulu-Kriegers
Dan erinnerte sich daran, was Amy über den Studentenaufstand in Soweto erzählt hatte.
Die Polizei hat auf Kinder geschossen .
Er musste sich abwenden.
»Kann ich die anschauen?«, fragte Amy und sah auf den Stapel Fotos.
»Natürlich, Liebes.« Amy nahm sie in die Hand und Mrs Thembeka öffnete eine weitere Schublade. »Vor ein paar Monaten hat Grace mir eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Sie klang schwach, aber ich hatte ja keine Ahnung, dass sie im Sterben lag. Sie gab mir Anweisungen wegen des Churchill-Dokuments. Sie sagte, ich solle es ruhig im Katalog auflisten, aber es dürfe nur von Lehrenden und ihren direkten Angehörigen eingesehen werden, die sich ausweisen können.« Mrs Thembeka zuckte die Achseln und wirkte gar etwas beschämt. »Eine seltsame Anordnung. Solche Maßnahmen sind wir hier eigentlich nicht gewohnt. Keine Bibliothek wäre das. Aber sie bestand darauf. Und weil sie so viel für uns getan hatte, stimmte der Vorstand zu. Ich frage wirklich ungern, aber ihr müsstet euch also ausweisen …«
»Ich glaube, ich habe meinen Schülerausweis dabei.« Dan kramte in seinen Hosentaschen. Er holte diverse Schokoriegelverpackungen, ein Stück Schnur, einzelne Kaubonbons, mehrere undefinierbare Stücke durchsichtigen Plastiks und den australischen Pass seines Vaters hervor. Er geriet kurz in Panik, bis
er entdeckte, dass eine Ecke seines Schülerausweises aus dem Pass hervorlugte.
Er schlug den Pass auf und legte ihn flach hin. Sein Ausweis klebte an einer der Innenseiten. Er zog ihn ab und offenbarte damit das Passfoto seines Vaters mit dem falschen Namen Roger Nudelman. »Hier ist er!«, sagte Dan und hielt seinen Ausweis hoch.
Mrs Thembeka starrte wie gebannt auf das Foto. »Nudelman? «, fragte sie. »Was machst du denn mit dem Pass von Nudelman? «
»Oh«, erwiderte Dan. »Das ist eigentlich nicht …«
Amy trat ihm unter den Tisch auf den Fuß. Dan wollte ihr schon eine kleben, aber dann fing er ihren Blick auf und wusste sofort, was sie sagen wollte: Sie kennt Papa offensichtlich nicht und dafür muss es einen guten Grund geben .
»Das ist mein … Fundstück des Monats«, improvisierte Dan. »Ich hab ihn auf dem Fußboden gefunden, am Flughafen.«
Dan merkte, wie die Bibliothekarin erschauderte. »An deiner Stelle würde ich ihn lieber vernichten«, riet sie. »Und wenn du den Pass seiner Frau findest, musst du auch den vernichten. Obwohl das wahrscheinlich nichts nutzen würde. Einen Pass zu fälschen, ist eine leichte Aufgabe für Mörder und Diebe.«
Sechzehntes Kapitel
Mörder? Diebe? Das musste ein Irrtum sein .
Die Namen in den Pässen kamen Amy zwar seltsam vor, sie waren ihr aber vollkommen unbekannt. Vielleicht hatte sich ihr Vater ja aus Versehen den Namen eines südafrikanischen Gauners ausgesucht.
Amy sah zu Dan, aber der konnte den Blick nicht von dem Foto wenden. »Ich … Ich glaube nicht…«, stammelte er.
»Also ehrlich, ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Pass am Flughafen herumlag«, fuhr Mrs Thembeka fort, während sie den Aktenschrank öffnete. »Die Nudelmans waren Australier, soviel ich weiß, aber sie sind durch die ganze Welt gegondelt. Indien, Indonesien, Südafrika …«
Indien, Indonesien. Südafrika … Arthur und Hopes Route bei der Verfolgung von Amalie Earhart.
»Was haben die beiden denn Schlimmes angestellt?«, hakte Nellie nach.
»Ich will nicht ins Detail gehen«, erklärte die Afrikanerin. »Sagen wir einfach, sie haben ohne jeden ersichtlichen Grund brutale Verbrechen begangen. Sie haben Gebäude geplündert und bei ihren Raubzügen keinen Menschen am Leben gelassen. Zum Glück sind sie seit Jahren nicht mehr gesehen worden. Ich nahm an, sie seien tot, aber … ah, hier ist es!« Sie nahm ein Papier aus einer der Akten und legte es auf den Tisch. »Ihr könnt es kopieren, wenn ihr versprecht, dass ihr den Inhalt für euch behaltet.«
»Aber … wegen der …«, setzte Dan an.
Amy ließ ihn durch einen eindringlichen Blick verstummen.
Ein Irrtum . Das war es. Mehr nicht.
»Danke«, sagte Amy. »Wir machen eine Kopie.«
Dan rannte aus dem Gebäude. Er zitterte am ganzen Körper.
»Warte!«, rief Amy, drückte einen Umschlag fest an sich und eilte ihrem Bruder hinterher.
Kurz darauf kam auch Nellie. »Mann, du zitterst ja wie Wackelpudding«, sagte sie und legte Dan eine Hand auf die Schulter.
»Tut mir leid!« Dan holte tief Luft. »Es ist nur … sie hat sie Mörder genannt.«
»Sie ist alt. Und hat
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