Die 39 Zeichen 10 - Der Schlüssel zur Macht
markiert und am Rand notiert: »Wenn es sich nicht gehört, schlecht über Tote zu reden, gehört es sich vielleicht auch nicht, wenn Tote schlecht von den Lebenden reden. Also nur so viel: Meine Meinung über Beatrice ist gewiss nicht besser als die eure!«
Der Brief ging weiter:
Ich überredete Beatrice, euch zu adoptieren, denn da sie kein Interesse an unserer Familiengeschichte hat, wart ihr bei ihr sicherer als bei mir.
Aber ach, wie sehnte ich mich nach den Wochenenden mit euch! Während des nicht enden wollenden Machtkampfs der Cahills war ich gezwungen, viele Dinge zu tun, auf die ich nicht stolz bin. Aber nichts bereue ich so sehr, wie euch alleingelassen zu haben.
Zu meiner großen Uberraschung schient ihr mir meinen Verrat nicht übel zu nehmen. Selbst in tiefer Trauer wart ihr bezaubernde, wundervolle Kinder … und so wissbegierig. Ich hoffte, euch vom Schlimmsten eures Cahill-Erbes bewahren zu können. Vielleicht aus eigennützigen Motiven wollte ich euch aber die besten Cahill-Errungenschaften mitgeben. Also habe ich euch zu Shakespeare-Vorführungen mitgenommen und euch Klavierunterricht ermöglicht, damit ihr Mozarts Musik kennenlernt. Die Verbindung zu unserer Familie ließ ich dabei aber unerwähnt. Mein größter Traum damals war es, euch nicht von der Familienfehde erzählen zu müssen, bis der Kampf beendet wäre.
Und schnell sollte es geschehen, damit ich euch von Beatrice wegholen und ihr bei mir leben könntet, solange ihr noch jung wäret.
Aber auch das sollte nicht sein.
Ich erfuhr, dass ich Krebs habe und dass ich unweigerlich daran sterben werde, während sich am Horizont weitere Unwetterwolken auftürmen. Der Kampf, den wir führten, wird immer gefährlicher.
Uns Madrigals ist klar geworden, dass die Welt niemals ein sicherer Ort sein wird, solange die Cahills nicht ein für alle Mal zusammenkommen. Es wurde wichtiger denn je, dass die Zweige sich zusammentaten, damit sie sich den wachsenden Gefahren als Einheit stellen konnten.
»Also sind wir alle dabei, wenn es darum geht, mit dieser anderen Familie fertigzuwerden?«, fragte Dan. »Alle Cahills?«
»Wir hatten immer ein paar Freunde in den anderen Zweigen«, erwiderte Mr McIntyre. »Aber nun brauchen wir noch viel mehr.« »Aber einige, die mit uns auf der Insel waren, so wie Alistair, Sinead, Ian und Natalie, trauen sich in Bezug auf das Serum nicht einmal selbst über den Weg«, warf Amy ein.
»Das sollte niemand«, verkündete Mr McIntyre düster.
Dan las lieber den Brief weiter, denn er spürte wieder, wie schwer die Papiere in seiner Tasche wogen.
Wenn ihr diesen Brief lest, habt ihr ein Ziel erreicht, das kein anderer Madrigal während der vergangenen 500 Jahre erreichen konnte. Ich bin so stolz auf euch.
Und wenn ihr diesen Brief lest, tragt ihr außerdem eine Last, die man keinem Elfjährigen und keiner 14-Jährigen aufbürden sollte.
Dan blinzelte. Es war, als wüsste Grace alles!
Die Madrigals hatten immer einen Teil von Gideons ursprünglicher Serum-Formel. 500 Jahre lang war es den Madrigals nicht möglich, die Zeichen der anderen Zweige herauszufinden. Wir waren immer der Ansicht, es sei wichtiger, die Familie wieder zu vereinen und dafür zu sorgen, dass das Serum nicht in falsche Hände gelangt. Wir wollten Gideons Serum nicht.
Doch die Ereignisse der letzten Zeit haben uns gezwungen, neue Prioritäten zu setzen.
Als ich darüber nachzudenken begann, eine groß angelegte Zeichensuche zu starten, wurde mir schnell klar, dass ich einmal mehr zwischen zwei unerträglichen Alternativen zu entscheiden hatte. Ich liebe meinen Bruder Fiske inniglich, aber er wäre der Erste, der sagen würde, er könne die Cahills niemals vereinen. Ich habe große Hochachtung vor William McIntyre und den anderen Madrigals, aber aus diesem und jenem Grund war klar, dass auch sie, auf sich allein gestellt, scheitern würden.
Die einzigen Menschen, denen ich zutraute, die Ziele der Madrigals zu erreichen, wart ihr. Die beiden Menschen, die ich unbedingt schützen wollte. Ich weiß, wenn man euch gebeten hätte, die Welt zu retten, hättet ihr beide eingewilligt. Auch du, Amy, obwohl du dich für einen großen Feigling hältst.
Ich bin selbst ein Feigling.
Immer wieder wollte ich euch in den vergangenen Tagen und Wochen alles erzählen. Euch vor den kommenden Gefahren warnen. Aber ich weiß, dass ich euch damit zu viel Angst machen würde, ja, mir selbst zu viel Angst machen würde. Ich werde immer schwächer. Das liegt nicht
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