Die 4 Frau
ist.«
»Hervorragend«, sagte ich und stieg wieder in meinen Explorer. Keith legte den Kopf schief und warf mir einen kessen Flirtblick zu.
»Haben wir uns nicht schon mal irgendwo gesehen, Lindsay?«
»Nein«, sagte ich lachend. »Aber Sie haben Recht, man kann's ja mal versuchen.« Der Tankwart baggerte mich doch tatsächlich an! Dabei war ich alt genug, um seine... große Schwester zu sein.
Der junge Mann lachte mit mir. »Na, ist ja auch egal, Lindsay. Rufen Sie mich jederzeit an, falls ich 'nen Motorkran oder sonst irgendwas mitbringen soll.«
»Okay, mach ich«, sagte ich, obwohl ich genau das Gegenteil meinte. Aber ich lächelte immer noch, als ich losfuhr und zum Abschied auf die Hupe drückte.
25
Die Sea View Avenue war ein Glied in einer Kette von Sackgassen, die von der kurvigen Küstenstraße abzweigten und nur durch einen rund vierhundert Meter breiten Streifen grasbewachsener Dünen von der geschwungenen Linie der Bucht getrennt waren. Ich öffnete die Autotür, und während Martha hinaussprang, wehte mir die frische Meeresbrise den berauschenden Duft von Sonnenröschen ins Gesicht.
Ich stand eine Weile einfach nur da und ließ den einladenden Anblick von Cats Haus auf mich wirken, mit seinen Dachgauben und Veranden und den Sonnenblumen, die am Gartenzaun wuchsen. Dann erst fischte ich den Schlüssel aus der Nische über dem Türsturz, schloss auf und betrat Cats Welt.
Das Haus meiner Schwester war ein gemütliches Durcheinander von superweichen Polstermöbeln, überquellenden Bücherregalen und Zimmern, die allesamt atemberaubende Aussichten auf die Bucht boten. Ich spürte, wie mein ganzer Körper sich entspannte, und wieder einmal stieg der Gedanke in mir auf, den Polizeidienst zu quittieren.
Ich könnte an einem Ort wie diesem leben.
Ich könnte mich daran gewöhnen, jeden Morgen aufzuwachen und an das Leben zu denken, nicht an den Tod.
Oder?
Ich öffnete die Schiebetür zur hinteren Terrasse und entdeckte draußen im Garten eine Art Spielhaus. Es war in demselben dezenten Blauton gestrichen wie das eigentliche Haus und von einem weißen Lattenzaun umgeben. Neugierig ging ich hinter Martha die Stufen hinunter. Sie hatte den Kopf gesenkt und schnüffelte aufgeregt.
Ich vermutete, dass ich nun endlich Penelope kennen lernen würde.
26
Penelope entpuppte sich als ein großes vietnamesisches Hängebauchschwein, ein schwarzes, borstiges Ungetüm, das sogleich grunzend und sabbernd auf mich zugetrottet kam. Ich begrüßte sie, indem ich mich über den Zaun beugte und ihren Kopf tätschelte.
»Hallo, du Hübsche«, sagte ich.
Hallo, Lindsay
.
An Penelopes kleinem Bungalow war ein Zettel befestigt. Ich betrat ihr Gehege, um einen Blick auf die »Schweinische Hausordnung« zu werfen, »verfasst« von Penelope.
Liebe Lindsay,
hier erfährst du alles über mich, was du wissen musst.
Ich hätte gerne zweimal am Tag eine Portion Schweinefutter und eine Schüssel frisches Wasser.
Ich esse auch gerne Kirschtomaten, Salzkräcker mit Erdnussbutter und Pfirsiche.
Bitte komm jeden Tag zu mir raus und unterhalte dich mit mir. Ich mag Rätsel und den Titelsong von
Sponge Bob
.
Für Notfälle: Mein Tierarzt ist Dr. Monghil unten in der Stadt, und meine Schweinesitter sind Carolee und Allison Brown. Allison ist eine meiner besten Freundinnen. Ihre Telefonnummern findest du neben dem Apparat in der Küche.
Lass mich nicht ins Haus, okay? Ich bin gewarnt worden.
Wenn du mich unterm Kinn kraulst, hast du drei Wünsche frei. Du kannst alles haben, was du willst.
Die Liste war mit drei großen X und einem spitzen kleinen Klauenabdruck unterzeichnet. Die
Schweinische Hausordnung
, so, so! Cat, du Witzbold!
Nachdem ich Penelope mit dem Nötigsten versorgt hatte, schlüpfte ich in saubere Jeans und ein lavendelfarbenes Sweat-shirt, und dann ging ich mit Martha und meiner Seagull-Gi-tarre hinaus auf die Terrasse. Ich zupfte ein paar Akkorde, und schon versetzten der Duft der Rosen und der salzige Meergeruch mich zurück in die Zeit meines ersten Besuchs in Half Moon Bay.
Es war ebenfalls um diese Jahreszeit gewesen, und die Luft war von den gleichen Stranddüften erfüllt gewesen, als ich hier in meinem ersten Mordfall ermittelt hatte. Das Opfer war ein junger Mann gewesen, dessen grässlich zugerichtete Leiche wir in seinem Zimmer auf der Rückseite einer zwielichtigen Absteige im Tenderloin District gefunden hatten.
Er war nur mit einem T-Shirt und einer einzelnen weißen Socke bekleidet. Sein rotes Haar
Weitere Kostenlose Bücher