Die 4 Frau
fest.
Die Klage hätte abgewiesen werden müssen
.
Wir hätten gewinnen müssen
.
Mickey half mir auf, und ich folgte ihm, als er sich einen Weg durch die Menge bahnte. Joe hatte die Hand auf mein Kreuz gelegt, als wir drei zusammen mit Yuki Castellano den Gerichtssaal verließen und zur Treppe gingen. Unten im Treppenhaus blieben wir stehen.
»Wenn Sie rausgehen, halten Sie den Kopf hoch«, riet Mickey mir. »Wenn sie schreien: ›Warum haben Sie dieses Mädchen getötet?‹, dann gehen Sie ganz langsam zum Wagen. Lächeln Sie nicht, grinsen Sie nicht, und lassen Sie sich von den Medien nicht fertig machen. Sie haben nichts Unrechtes getan. Fahren Sie nach Hause, und gehen Sie nicht ans Telefon. Ich schaue später noch bei Ihnen vorbei.«
Der Regen hatte aufgehört, als wir aus dem Gerichtsgebäude in den grauen Spätnachmittag hinaustraten. Ich hätte nicht so überrascht sein dürfen über den Anblick der Hunderte von Menschen, die sich vor dem Eingang versammelt hatten, um die Polizistin zu begaffen, die ein junges Mädchen erschossen hatte.
Mickey und Yuki lösten sich von uns, um mit der Presse zu sprechen, und ich wusste, dass Mickeys Gedanken sich nun der Frage zuwandten, wie er das SFPD und die Stadt San Francisco am besten verteidigen könnte.
Joe und ich schoben uns durch die lärmende, schubsende und drängende Menge auf die Seitenstraße zu, wo der Wagen wartete. Ich hörte Stimmen skandieren: »
Kindermörderin, Kindermörderin!
«, und Fragen prasselten auf mich ein wie Steine.
»
Was haben Sie sich dabei gedacht, Lieutenant?
«
»
Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie auf diese Kinder schossen?
«
Ich kannte die Gesichter der Fernsehreporter: Carlos Vega, Sandra Dunne, Kate Morley; sie alle hatten mich schon interviewt, wenn ich als Zeugin der Anklage ausgesagt hatte. Jetzt gab ich mir alle Mühe, sie zu ignorieren und an den laufenden Kameras vorbeizuschauen, an den Plakaten mit der Aufschrift
Schuldig der Polizeibrutalität
, die vor mir geschwenkt wurden.
Ich blickte nur starr geradeaus und hielt mich dicht hinter Joe, bis wir die schwarze Limousine erreicht hatten.
Sobald die Türen mit einem satten
Klunk
ins Schloss gefallen waren, legte der Fahrer den Rückwärtsgang ein und setzte zügig in die Polk Street zurück. Dann schwenkte er den Wagen herum und fuhr in Richtung Potrero Hill davon.
»Er hat mich nach allen Regeln der Kunst fertig gemacht«, sagte ich zu Joe, als wir das Gerichtsgebäude hinter uns gelassen hatten.
»Die Richterin hat dich gesehen; sie hat gesehen, was für ein Mensch du bist. Es ist nur schade, dass sie es für nötig hielt, so zu entscheiden, wie sie entschieden hat.«
»Die ganze Truppe beobachtet mich, Joe; das sind Cops, die für mich arbeiten und von mir erwarten, dass ich mich stets korrekt verhalte. Wie können sie mir nach dieser Geschichte noch Respekt entgegenbringen?«
»Lindsay, alle vernünftig denkenden Menschen in dieser Stadt stehen hinter dir. Du bist ein guter Mensch, verdammt noch mal, und eine ausgezeichnete Polizistin.«
Joes Worte gingen mir näher als all die boshaften Spitzen, mit denen Mason Broyles mich traktiert hatte. Ich legte den Kopf an sein hübsches blaues Hemd und ließ die aufgestauten Tränen fließen, während er mich im Arm hielt und mich tröstete.
»Mach dir keine Sorgen um mich«, schluchzte ich schließlich. Ich trocknete meine Tränen mit dem Taschentuch, das er mir reichte. »Das ist bloß mein Heuschnupfen. Bei starkem Pollenflug tränen mir immer gleich die Augen.«
Joe lachte und drückte mich fest an sich, während wir die Straßen zu meinem Haus hinauffuhren. Wir überquerten die Twentieth Street, und die gestaffelten Reihen von viktorianischen Häusern tauchten vor uns auf.
»Ich würde ja auf der Stelle den Dienst quittieren«, sagte ich, »aber das käme praktisch einem Schuldeingeständnis gleich.«
»Diese milchgesichtigen Mörder, Lindsay – kein Geschworenengericht wird zu ihren Gunsten entscheiden. Das ist schlicht undenkbar.«
»Versprochen?«
Wieder drückte Joe mich an seine Brust, doch er gab keine Antwort. Ich wusste, dass er hundertprozentig an mich glaubte, aber er würde nie etwas versprechen, was er nicht halten konnte.
»Fliegst du gleich wieder zurück?«, fragte ich.
»Ich wünschte, es wäre nicht nötig. Aber es stimmt leider, ich muss zurück nach Washington.«
Joes Regierungsamt ließ ihm nur selten ein paar freie Stunden, die er mit mir verbringen konnte.
»Irgendwann
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