Die 4 Frau
trat ein.
66
Der Playmate-Palast war ein hässlicher Laden mit kalter, greller Beleuchtung und blinkenden Neonreklamen. Zu meiner Linken waren Regale mit Partyspielzeug: Dildos und Tickler in knalligen Farben und naturgetreue Plastiknachbildungen gewisser Körperteile. Auf der linken Seite standen Getränke- und Snackautomaten – Erfrischungen für all die Filmfans, die da in ihren engen Videokabinen hockten und ihre Fantasien auslebten, den Joystick immer fest in der Hand.
Als ich durch den schmalen Korridor zwischen den Regalen voller Videos ging, spürte ich, dass mir sämtliche Blicke folgten. Ich war die einzige Frau, die hier frei herumlief, und in meinem Business-Kostüm erregte ich vermutlich weit mehr Aufmerksamkeit, als wenn ich splitternackt gewesen wäre.
Gerade wollte ich den Verkäufer an der Kasse ansprechen, da registrierte ich einen dunklen Schatten an meiner Seite.
»Lindsay?«
Ich fuhr zusammen – aber Dennis Agnew schien hocherfreut, mich zu sehen.
»Was verschafft mir die Ehre, Lieutenant?«
Ich war gefangen in einem Labyrinth von Regalen voller Sexartikel und Schmuddelhefte, aber wie ein in die Enge getriebener Mastochse im Schlachthof sah ich nur einen einzigen Ausweg – ab durch die Mitte.
Agnews Büro war ein hell erleuchtetes, fensterloses Kabuff. Er setzte sich an den Holzfurnier-Schreibtisch und gab mir durch eine Geste zu verstehen, wo ich Platz nehmen durfte –auf einem schwarzen Ledersofa, das schon bessere Tage gesehen hatte.
»Ich bleibe lieber stehen. Es wird nicht lange dauern«, sagte ich. Doch als ich so in der Tür stand, musste ich mich unwillkürlich in dem Büro umschauen.
An den Wänden hingen gerahmte Fotos von spärlich bekleideten Schönheiten, unterzeichnet mit Widmungen an einen gewissen »Randy Long«, daneben Werbeplakate für Pornofilme mit heißen Kopulationsszenen zwischen Randy Long und wechselnden Partnerinnen. Daneben entdeckte ich auch ein paar Blitzlichtschnappschüsse, auf denen Agnew mit grinsenden Typen in Anzügen posierte.
Ein Groschen nach dem anderen fiel, als ich in den Visagen der jungen, aufstrebenden Mafiosi die Gangsterbosse wieder erkannte, zu denen sie sich seither entwickelt hatten. Wenigstens zwei der Anzugträger waren inzwischen tot.
Ein paar Sekunden länger brauchte ich, um zu kapieren, dass Dennis Agnew und der jüngere, langhaarige Randy Long auf den Fotos ein und dieselbe Person waren.
Ach du Schande –Agnew war ein Ex-Pornostar
.
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»Also, Lieutenant, was können Sie für mich tun?«, fragte Dennis Agnew grinsend, während er die Papiere auf seinem Schreibtisch zu ordentlichen Stapeln sortierte und einen Haufen loser Penisringe zusammenraffte, sie wie Münzen von einer Hand in die andere schüttete und wieder auf die Tischplatte kippte.
»Ich weiß nicht, was Sie da für eine Nummer abziehen«, sagte ich, »aber da, wo ich herkomme, ist es eine strafbare Handlung, ein anderes Fahrzeug von der Straße abzudrängen.«
»Im Ernst, Lindsay... Sie haben doch nichts dagegen, dass ich Sie Lindsay nenne?« – Agnew faltete die Hände und ließ mich seine weißer als Weiß gebleichten Zähne sehen –, »ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen.«
»Reden Sie keinen Unsinn. Vor zwanzig Minuten haben Sie mich von der Straße abgedrängt. Es hätte Tote geben können.
Ich
hätte tot sein können.«
»Oh. Nein – das kann ich nicht gewesen sein«, entgegnete Agnew und schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Das hätte ich doch wohl gemerkt. Nein, ich glaube, Sie sind nur gekommen, weil Sie mich unbedingt sehen wollen.«
Es war zum Auswachsen. Nicht nur, dass Agnew ein Kotzbrocken mit einem schnellen Auto war, dem andere Verkehrsteilnehmer scheißegal waren, jetzt brachte er mich auch noch mit seiner spöttischen Art zur Weißglut.
»Sehen Sie diese Mädels?«, fragte er und deutete mit dem Daumen auf seine »Stargalerie«. »Wissen Sie, warum die solche Filme drehen? Weil sie so wenig Selbstachtung haben, dass sie sich tatsächlich stärker fühlen, wenn sie sich vor Männern in dieser Weise erniedrigen. Ist das nicht lachhaft? Und jetzt sehen Sie sich an – Sie erniedrigen sich, indem Sie hierher kommen. Na, gibt Ihnen das auch ein Gefühl der Stärke?«
Ich würgte noch an der unglaublichen Ladung Mist, mit der er mich da überschüttet hatte, und stammelte so etwas wie »Sie arroganter Affenarsch!«, als ich eine Stimme sagen hörte: »Na, wer wird denn gleich in die Luft gehen? Bitte sagen Sie mir, dass
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