Die 4 Frau
sind als einschlägig bekannte Komplizen‹ diverser Gangster der unteren bis mittleren Ränge registriert. Sie haben an diversen Mafia-Partys teilgenommen, haben für die Bosse die Mädchen besorgt. Was Dennis Agnew betrifft, weißt du ja schon Bescheid über die Anklage wegen Mordes im Jahr 2000, die fallen gelassen wurde.«
»Ralph Brancusi war der Anwalt, der ihn damals rausgehauen hat.«
Joe nickte erneut. »Das Opfer war ein Pornosternchen aus Urbana, Illinois. Sie war Mitte zwanzig, heroinsüchtig, hatte schon ein paar Festnahmen wegen Prostitution hinter sich. Und sie war eine von Agnews Freundinnen, ehe sie dann spurlos verschwand.«
»Verschwand? Du meinst, es wurde keine Leiche gefunden?«
»Tut mir Leid, Lindsay. Keine Leiche.«
»Wir wissen also nicht, ob ihr die Kehle durchgeschnitten wurde.«
»Nein.«
Ich stützte das Kinn in die Hände. Es war frustrierend, so dicht an der Auflösung dieser Horrorgeschichte zu sein und dennoch nicht eine einzige brauchbare Spur zu haben, der man nachgehen konnte.
Aber
ein
Muster war klar zu erkennen. Die Abstände zwischen den Morden wurden immer geringer. Mein John Doe war vor zehn Jahren ermordet worden, die Whittakers acht Jahre später, die Daltrys vor anderthalb Monaten. Und jetzt zwei Doppelmorde binnen einer Woche.
Joe setzte sich auf den kleinen Hocker neben mir. Er nahm meine Hand, und zusammen starrten wir schweigend die Notizen an, die wir an die Pinnwand geheftet hatten. Als ich wieder sprach, glaubte ich das Echo meiner Stimme in dem kleinen Zimmer der Mädchen zu hören.
»Sie verschärfen das Tempo, Joe.
In diesem Moment
planen sie schon den nächsten Schlag.«
»Weißt du das ganz sicher?«, fragte Joe.
»Ja. Ich kann es spüren.«
78
Ich erwachte vom schrillen Läuten des Telefons an meinem Bett. Während ich nach dem Hörer griff, merkte ich, dass Joe verschwunden war und dass auf dem Stuhl, an dem seine Kleider gehangen hatten, ein Zettel lag.
»Joe?«
»Lindsay, hier ist Yuki. Habe ich Sie geweckt?«
»Nein, ich bin schon auf«, log ich.
Yuki redete fünf Minuten lang in ihrem unverwechselbaren Überschalltempo auf mich ein, und danach war an Schlaf nicht mehr zu denken. Ich las Joes liebe Abschiedsworte, schlüpfte in einen Jogginganzug, nahm Martha an die Leine und lief mit ihr zum Strand.
Ein frischer, böiger Wind wehte von der Bucht her, als Martha und ich Richtung Norden joggten. Wir waren noch nicht sehr weit gekommen, als ich hörte, wie jemand meinen Namen rief. Eine kleine Gestalt kam auf mich zugerannt.
»Lindsiiiee! Lindsiiiee!«
»Allison! Hallo, Kleine!«
Das dunkeläugige Mädchen schlang die Arme fest um meine Taille und kniete sich anschließend in den Sand, um auch Martha an sich zu drücken.
»Ali, du bist doch nicht alleine hier draußen?«
»Wir machen einen Ausflug«, antwortete sie und deutete auf ein Häufchen Menschen mit Regenschirmen, die in einiger Entfernung am Strand standen. Als wir näher kamen, hörte ich Kinderstimmen, die den Titelsong der Fernsehserie
Survivor
sangen, und gleich darauf sah ich Carolee auf mich zukommen.
Wir umarmten uns, und dann stellte Carolee mich »ihren« Kids vor.
»Was 'n das für 'n Köter?«, fragte mich ein Elf- oder Zwölfjähriger mit dicken strohblonden Rastalocken.
»Das ist kein Köter. Martha ist ein Border Collie.«
»Sieht aber gar nicht aus wie Lassie«, meinte ein kleines Mädchen mit rotblonden Locken und einem fast verheilten blauen Auge.
»Nee. Border Collies sind ja auch eine eigene Rasse. Sie stammen aus England und Schottland, und sie haben einen sehr wichtigen Job«, erklärte ich. »Sie hüten Schafe und Rinder.«
Jetzt hatte ich ihre Aufmerksamkeit, und Martha blickte zu mir auf, als wüsste sie, dass ich über sie redete.
»Border Collies müssen natürlich lernen, die Kommandos ihrer Besitzer zu verstehen, aber sie sind sehr kluge Hunde. Sie haben nicht nur Freude an ihrer Arbeit, sondern sie sehen die Tiere in ihre Herde auch als ihre eigenen Schützlinge an – und fühlen sich für sie verantwortlich.«
»Mach uns die Kommandos vor! Zeig uns, wie sie es macht, Lindsay!«, bettelte Ali. Ich grinste sie an.
»Wer möchte gern ein Schaf sein?«, fragte ich.
Viele der Kinder kicherten, aber fünf von ihnen, darunter auch Ali, meldeten sich freiwillig. Ich sagte den »Schafen«, dass sie sich verteilen und zum Strand hinunterlaufen sollten, und dann ließ ich Martha von der Leine.
»Martha!
Walk up!
«, rief ich ihr zu, und sofort
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