Die 4 Frau
Seite an. Er las die Frage von meinen Augen ab.
»Ich kann so lange bleiben, bis ich den Anruf bekomme. Wenn du willst, können wir gemeinsam überlegen, ob uns etwas zu diesen Morden einfällt.«
Wir stiegen in den Explorer. Joe setzte sich hinters Steuer, und ich nahm Martha auf den Schoß. Während wir im Schritttempo an dem großzügig verglasten Haus der Sarduccis an der Bucht vorüberzuckelten, erläuterte ich Joe die Hintergründe.
Dann fuhren wir hoch nach Crescent Heights und nahmen den kurvigen, ungeteerten Zufahrtsweg, der bis vor die Haustür der Daltrys führte.
Wenn je ein Haus durch einen Mord vollkommen verwüstet wirkte, dann dieses. Der Rasen war von Unkraut überwuchert, die Fenster und Türen mit Brettern vernagelt, und Fetzen von Absperrband flatterten in den Sträuchern wie kleine gelbe Vögel.
»Total andere Einkommensschicht als die Sarduccis«, stellte Joe fest.
»Stimmt. Ich glaube nicht, dass es bei diesen Morden um Geld ging.«
Wir fuhren wieder den Berg hinunter, und nach wenigen Minuten waren wir in Ocean Colony, der Wohnsiedlung direkt am Golfplatz, in der die O'Malleys gelebt und den Tod gefunden hatten. Ich zeigte Joe das weiße Haus im Kolonialstil mit den blauen Fensterläden, als wir darauf zufuhren. Inzwischen steckte ein
Zu-verkaufen-Schild
im Garten, und in der Auffahrt parkte ein Lincoln.
Wir hielten am Bordstein und beobachteten, wie eine blonde Frau in einem pinkfarbenen Lilly-Pulitzer-Kleid aus dem Haus kam und die Tür abschloss. Als sie uns sah, setzte sie ein breites Lippenstift-Lächeln auf.
»Hallo«, sagte sie, »ich bin Emily Harris von Pacific Homes Immobilien. Es tut mir Leid, aber der Besichtigungstag ist der
Sonntag
. Ich kann Ihnen das Haus jetzt leider nicht zeigen, weil ich einen Termin in der Stadt habe...«
Ich muss ziemlich enttäuscht dreingeschaut haben, und ich bemerkte Ms. Harris Blick, mit dem sie uns als potenzielle Kunden taxierte.
»Passen Sie auf – werfen Sie doch einfach den Schlüssel in den Briefkasten, wenn Sie gehen, okay?«
Wir stiegen aus, und ich hakte mich bei Joe unter. Jeder hätte uns für ein Ehepaar auf der Suche nach einem neuen Heim gehalten, als Joe und ich die Stufen hinaufgingen und die Haustür der O'Malleys aufsperrten.
75
Innen war das Haus gründlich gereinigt und desinfiziert und danach aufwändig renoviert wor den – was tat man nicht alles, um einen Spitzenpreis für ein so schwieriges Objekt zu erzielen. Ich blieb einen Moment in der Eingangshalle stehen und ging dann hinter Joe die Wendeltreppe hoch.
Als ich das Elternschlafzimmer betrat, sah ich ihn die Tür des Wandschranks inspizieren.
»Hier war ein kleines Loch, genau in Augenhöhe – siehst du das, Linds? Jemand hat es zugeklebt.« Er drückte mit dem Fingernagel eine Delle in die noch formbare Spachtelmasse.
»Ein Guckloch?«
»Ein Guckloch in einem Schlafzimmerschrank«, sagte Joe. »Das ist doch merkwürdig, findest du nicht? Es sei denn, die O'Malleys haben Amateurvideos gedreht.«
Mein Gedanken rotierten, als ich nach möglichen Verbindungen zwischen Heimpornos und den Machwerken mit Randy Lang suchte. Hatten die Cops die versteckte Kamera entdeckt?
Und wenn ja – was war schlimm daran?
Es war schließlich nichts Illegales dabei, wenn Erwachsene sich bei erotischen Spielchen filmten.
Ich trat in den frisch gestrichenen Wandschrank, schob die Drahtkleiderbügel beiseite und hielt sie dann fest, um das Klappern zu stoppen.
In diesem Moment entdeckte ich einen weiteren Klumpen Spachtelmasse unter der frischen Farbe.
Ich stieß mit dem Finger darauf, und ich spürte, wie mein Herz pochte.
In der Rückwand des Wandschranks war noch ein zweites Guckloch, das mitten durch die Zimmerwand ging
.
Ich nahm einen der Kleiderbügel und bog ihn zu einem langen Draht auseinander, den ich in das Loch einführte.
»Joe, kannst du mal rausgehen und nachsehen, wo das hier rauskommt?«
Der Draht fühlte sich an wie ein lebendiges Wesen, als ich da stand und auf das Ziehen von der anderen Seite wartete, das auch bald kam. Sekunden später war Joe wieder da. »Es führt zu einem anderen Schlafzimmer. Das musst du dir anschauen, Lindsay.«
Das Zimmer nebenan war noch teilweise möbliert, mit einem zerwühlten Himmelbett, einem dazu passenden Schminktisch und einem hohen Spiegel mit verziertem Rahmen, der an der Wand hing. Joe zeigte mir das Loch, gut versteckt im Blumenmuster des geschnitzten Holzrahmens.
»Mensch, Joe – das hier ist das Zimmer der
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