Die 5 Plage
wählen.«
Aber innerlich triumphierte Maureen. Sie hatte gesagt, was sie sagen musste, und Kramer konnte die Wirkung ihrer Worte nicht ungeschehen machen. Die Geschworenen hatten die Botschaft gewiss verstanden.
Das Municipal Hospital ist ein gefährlicher Ort. Ein irrsinnig gefährlicher Ort .
»Ich stehe hier für meine Mandanten«, sagte O’Mara. Regungslos, mit verschränkten Händen, stand sie vor den Geschworenen. »Ich spreche für die Verstorbenen und ihre Familien. Sie alle sind Opfer von Kunstfehlern, die durch die Geldgier und die Nachlässigkeit des Municipal Hospital verursacht wurden. Bitte«, sagte sie an die Zuschauer gewandt, »heben Sie die Hand, wenn Sie einen Angehörigen im Municipal Hospital verloren haben.«
Im ganzen Saal gingen Dutzende von Händen hoch. Den anderen Zuschauern stockte der Atem.
»Wir brauchen Ihre Hilfe, um sicherzustellen, dass solche tödlichen so genannten Unfälle nie wieder vorkommen können.«
20
Während Richter Bevins für Ruhe im Saal sorgte, riss Yuki sich mühsam von Maureen O’Maras Anblick los und fixierte stattdessen Dr. Garza auf der anderen Seite des Mittelgangs. Sie hatte gehofft, Zorn in seinen Augen zu lesen, Wut über die falschen Anschuldigungen gegen sein Krankenhaus, doch sie konnte nichts dergleichen entdecken. Vielmehr spielte so etwas wie ein süffisantes Grinsen um seine Lippen.
Die Angst schnürte Yuki die Brust zusammen, und für einige lange Sekunden war sie wie gelähmt.
Sie hatte einen schrecklichen Fehler begangen!
Hoffentlich ist es noch nicht zu spät!
Yuki erhob sich von ihrem Platz, stieß die Schwingtür des Gerichtssaals auf und schaltete ihr Handy ein, kaum dass sie einen Fuß in den Korridor gesetzt hatte. Hektisch tippte sie auf die kleinen Tasten ein und wurde von einer Stimme vom Band durch das Telefonmenü des Krankenhauses geführt.
Sie hörte sich die Optionen an und drückte mit wachsender Beunruhigung die Ziffertasten.
Lag Keiko in Zimmer 421 oder 431? Sie konnte sich nicht erinnern! Sie hatte doch tatsächlich die Zimmernummer vergessen.
Yuki drückte die Null und wartete ungeduldig auf die Vermittlung, während eine verwässerte Version von »Girl from Ipanema« aus dem Hörer dudelte.
Sie musste mit ihrer Mom sprechen.
Sie konnte es nicht erwarten, Keikos Stimme zu hören.
»Verbinden Sie mich mit Keiko Castellano«, sagte sie, als sie endlich eine lebendige Stimme hörte. »Sie ist eine Patientin. Bitte stellen Sie mich zu ihrem Zimmer durch - es ist entweder 421 oder 431.«
Der Rufton brach abrupt ab, als Keiko sich meldete. Ihre fröhliche Stimme übertönte das Rauschen der drahtlosen Verbindung.
Yuki hielt sich das eine Ohr zu, während sie das Handy fest an das andere presste. Die Verhandlung war unterbrochen, und der Flur füllte sich mit Menschen. Yuki und Keiko unterhielten sich weiter - und bald schon flogen wieder die Fetzen. Aber ebenso schnell hatten sie sich wieder versöhnt - wie immer.
»Mir geht gut, Yuki. Mach nicht immer so viel Sorgen«, sagte Keiko schließlich.
»Okay, Mommy, okay. Ich ruf dich später noch mal an.«
Als sie die Ende-Taste drückte, hörte sie, wie jemand ihren Namen rief.
Yuki blickte sich um. Ihre Freundin Cindy von der Presse bahnte sich entschlossen ihren Weg durch die Menge.
»Yuki«, rief Cindy atemlos, »warst du auch da drin? Hast du O’Maras Eröffnungsplädoyer gehört? Was sagst du als Fachfrau dazu?«
»Na ja«, erwiderte Yuki, während das Blut ihr noch in den Schläfen pochte, »von Anwälten hört man immer wieder den Spruch: Mit deinem Eröffnungsplädoyer stellst du die Weichen auf Sieg oder Niederlage.«
»Moment«, sagte Cindy und kritzelte etwas in ihr Notizbuch. »Das ist gut. Das nehme ich als Einleitung für meine Story. Sprich weiter...«
»Maureen O’Maras Eröffnungsplädoyer war absolut tödlich«, fuhr Yuki fort. »Sie hat einen Volltreffer gegen das Krankenhaus gelandet, und das werden die Geschworenen nicht vergessen. O nein - genauso wenig wie ich.
Das Municipal stellt billige Arbeitskräfte ein, und als Folge davon müssen Patienten sterben. Es wird geschlampt; die falschen Medikamente werden verabreicht. Verdammt, diese O’Mara hat mich so fertiggemacht, dass ich gleich meine Mutter angerufen habe, um ihr zu sagen, dass ich sie ins St. Francis verlegen will.«
»Und, wirst du es tun?«
»Ich hab’s versucht, aber da hab ich bei ihr auf Granit gebissen! Sie war richtig sauer auf mich«, berichtete Yuki ungläubig.
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