Die 5 Plage
Aufmerksamkeit.
»Weil meine Kontrahentin sie auf einen Irrweg geführt hat, der unter der Würde dieser Menschen ist. Weil eine Anwaltskanzlei namens Friedman, Bannion und O’Mara es so wollte. Weil diese Frau es so wollte - Maureen O’Mara.« Er zeigte mit dem Finger auf seine Gegnerin. »Sie hat diese unglücklichen Menschen dazu gebracht, in ihrer persönlichen Tragödie eine Chance zu sehen, sich zu bereichern. Sie alle kennen den Spruch ›Zeig mir das Geld‹ aus dem Film Jerry Maguire . Nur darum geht es bei dieser Justizfarce. Deshalb haben diese Leute die Hand gehoben.«
22
Cindy schlug entsetzt die Hand vor den Mund, geschockt von Kramers scharfer persönlicher Attacke gegen O’Mara und ihre Kanzlei. Verdammt - und das schon am allerersten Prozesstag.
O’Mara sprang von ihrem Stuhl auf.
»Einspruch!«, rief sie schrill. »Euer Ehren, die Ausführungen der Verteidigung sind aufwieglerisch, unsachlich und persönlich beleidigend. Ich beantrage, sie aus dem Protokoll zu streichen.«
»Stattgegeben. Ms. Campbell«, wandte der Richter sich an die Gerichtsschreiberin, »bitte streichen Sie Mr. Kramers letzte Bemerkung. Mr. Kramer, was dem einen recht ist...«
»Euer Ehren?«
» Mäßigen Sie Ihren Ton, und fahren Sie fort, Mr. Kramer, sonst droht Ihnen eine Verwarnung - wenn nicht Schlimmeres.«
Kramer nickte, murmelte »Ja, Euer Ehren« und wandte sich mit einem gequälten Lächeln erneut an die Geschworenen.
»Meine Damen und Herren, im Laufe dieses Prozesses wird Ihnen eine Fülle von Beweisen dafür vorgelegt werden, dass das San Francisco Municipal eine höchst seriöse und verantwortungsvoll geführte Einrichtung ist«, fuhr Kramer fort. »Und dass seine pharmazeutischen Sicherheitsvorkehrungen und Protokolle weit über die branchenübliche Norm hinausgehen und stets rigoros eingehalten werden.
Ich will damit nicht sagen, dass das Krankenhaus perfekt ist. Jeder macht dann und wann einen Fehler - das ist nur menschlich. Aber Fehler sind eine Sache. Eine Verletzung der ärztlichen Berufspflichten ist etwas völlig anderes .«
Kramer schwieg einen Moment, um seine Worte wirken zu lassen, und nutzte die Pause, um erneut jedem der Geschworenen in die Augen zu sehen. Er wandte sich nacheinander an jeden Einzelnen von ihnen, sprach sie alle persönlich an.
»Ich fürchte, dies wird ein sehr aufwühlender Prozess werden; es sind schließlich Menschen zu Tode gekommen. Aber der Richter wird Ihnen sagen, dass die Anwältin der Kläger nicht die Fakten verschleiern darf, indem sie mit Ihren Emotionen spielt.
Wägen Sie die Fakten ab, die Ihnen vorgelegt werden - das ist die Aufgabe, die Sie übernommen haben, und es ist Ihre Verantwortung. Die Fakten, meine Damen und Herren. Die Fakten werden Sie davon überzeugen, dass meine Mandanten nicht fahrlässig gehandelt haben und dass sie unserer Stadt San Francisco unschätzbar wertvolle Dienste geleistet haben und leisten.«
Während Kramer den Geschworenen dankte und wieder Platz nahm, eilten Cindys Gedanken schon voraus zur Schlagzeile des nächsten Tages - KUNSTFEHLERPROZESS GEGEN SAN FRANCISCO MUNICIPAL HOSPITAL -, dem Block mit den Fotos der zwanzig Opfer und der Fortsetzung ihrer Story auf Seite drei.
Dieser Prozess war der Stoff, aus dem Bücher und Filme gemacht wurden.
Zwanzig Menschen waren gestorben.
Und ob das Krankenhaus nun schuldig war oder nicht - die Zeugenaussagen würden die Menschen schockieren.
Die Geschichte würde ihnen unter die Haut gehen. Und die Patienten, die ins Municipal eingeliefert wurden, würden um ihr Leben fürchten.
Ihr selbst wurde ja schon vom Zuhören ganz mulmig.
23
Es war gegen zehn Uhr vormittags - vier lange Tage waren vergangen, seit wir Caddy-Girl im Opera-Plaza-Parkhaus tot aufgefunden hatten. Ich kam gerade von einer Besprechung mit Chief Tracchio, der mir eröffnet hatte, dass er einige Personalumschichtungen vorzunehmen gedenke. Er würde einige meiner Leute aus der Mordkommission abziehen, um Löcher in anderen Abteilungen zu stopfen. Auf meine Meinung legte Tracchio dabei keinen gesteigerten Wert; er wollte mich nur informieren.
Ich hängte meine Jacke hinter die Tür und sah dabei den Chef noch immer vor mir, wie er die Gründe an seinen Wurstfingern abzählte: Etatkürzungen. Zu viele Überstunden. Müssen sehen, wie wir mit unseren Ressourcen auskommen. Ist ja nur vorübergehend, Boxer.
Diese gottverdammte Bürokratie machte mich fuchsteufelswild.
Und jetzt bekam ich auch noch rasende
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