Die 500 (German Edition)
Wir erhöhen den Druck, lehnen uns zurück und warten ab, wie lange das Objekt standhält. Faszinierende Arbeit, glauben Sie mir.«
»Und wie weit sind Sie bei mir?«
»Nun ja, wir haben klein angefangen. Wir nehmen einem Mann seine Arbeit, sein Selbstwertgefühl, seine Reputation. Wenn seine größte Angst ist, als Krimineller zu gelten, dann sorgen wir dafür, dass die Welt ihn genau als das beschimpft: als Perversling, als Mörder. Dann nehmen wir ihm, was er am meisten liebt. Zum Beispiel Annie.«
»Wohl kaum«, sagte ich. »Wenn Rivera mich verraten hat, dann war es nicht Annie. Sie kennt mich. Sie wird den Scheiß nicht schlucken, den Sie den Bullen auftischen.«
»Entschuldigung, Mike, wollen Sie nicht verstehen? Es gibt kein Entweder-oder, kein Rivera oder Annie. Man kann jeden kaufen. Was Rivera angeht, habe ich Ihnen die faire Warnung zukommen lassen, dass er Sie zu einem angemessenen Preis verkaufen würde. Ich habe Ihnen nur nicht gesagt, dass wir die Käufer sind. Wissen Sie, warum er Sie verraten hat? Erst mal, um sich gut mit uns zu stellen, natürlich, aber er brauchte auch noch ein bisschen Geld für die Granitarbeitsplatte in seiner Küche. Und was Annie angeht … nun ja.« Er schaute zu Marcus. »Spiel ihm die Aufnahme vor.«
Marcus schob die CD, die Gerald ihm gegeben hatte, in den Laptop und drehte ihn zu mir. Er startete die Videoaufnahme: Annie, auf dem gleichen Platz wie ich jetzt.
Nach der Perspektive zu urteilen, musste die Kamera im Bücherregal versteckt sein. Ich schaute hoch. »Da ist nichts zu sehen«, sagte Davies.
Mir fielen die Überwachungsbildschirme in Geralds Bunker ein, und eine widerliche Erkenntnis überkam mich.
»Sie beobachten uns alle durch unsere Laptops und Handys«, sagte ich.
Davies lächelte. Er konnte sich in alle den Angestellten von der Firma zur Verfügung gestellten elektronischen Geräte einklinken. Ich hatte gesehen, wie Gerald durch die Gänge streifte und sich mit lüsternem Blick nach den Frauen umdrehte, besonders nach Annie. Mir schauderte bei dem Gedanken, was er alles von meinem Privatleben mitbekommen hatte.
Henry nickte zu dem Laptop auf dem Tisch. Auf dem Film trug er den gleichen Anzug wie jetzt. »Das ist von heute Morgen«, sagte er. »Sie wollte uns sprechen.«
»Ich habe darüber nachgedacht, was Sie mir gestern Abend erzählt haben,« sagte sie in dem Video zu Henry und Marcus. »Ich möchte Ihnen helfen. Als Mike in meine Wohnung gekommen ist, hatte er so einen komischen Blick. Ich war richtig erschrocken. Ich habe Angst, dass er mir was antun könnte. Stimmt das, was sie im Fernsehen über ihn sagen? Ist er gefährlich?«
»Sehr«, sagte Henry.
Sie starrte lange auf den Tisch, dann schaute sie wieder Davies an. »Wie kann ich Ihnen helfen, ihn aufzuhalten?«, fragte sie.
Meine Finger verkrampften sich um die Stuhllehne. »Das ist doch alles Scheiße«, sagte ich.
»Psst«, sagte Marcus. »Jetzt kommt das Beste.«
Annie sprach weiter. »Mike hat mir gewisse Dinge über Ihre und Marcus’ Arbeit erzählt. Vielleicht hatte ich noch nicht ausreichend Gelegenheit, um die Tragweite der Unternehmungen der Davies Group angemessen zu würdigen. Ich möchte Ihnen bei der Suche nach ihm behilflich sein. Und ich hoffe, dass Sie mich für Aufgaben in sensibleren, lukrativeren Bereichen des Unternehmens in Betracht ziehen.«
Im Video stellte Henry sich hinter Annie und legte ihr die Hände auf die Schultern.
»Ich werde alles tun«, sagte sie.
»Sie Wichser.« Ich sprang auf. Marcus packte meinen Oberarm, bohrte seine Finger in den Muskel und presste einen Nerv gegen den Knochen. Ein stechender Schmerz schoss mir bis in die Schulter.
Ich sackte wieder auf den Stuhl. Während ich mich beruhigte, behielt Marcus mich argwöhnisch im Auge.
»Ich nehme an, Mike, Sie begreifen jetzt. Wir werden Ihnen ganz langsam immer mehr Schmerzen zufügen. Wir fangen gerade erst an. Sie werden einen Punkt erreichen, an dem Sie Ihren Stolz hinunterschlucken und nachgeben. Wenn Sie das sofort tun, bekommen Sie alles zurück, sofort: Geld, Job, Reputation, Freiheit, das Leben, das Sie immer haben wollten. Retten Sie sich und die Menschen, die Sie lieben. Arbeiten Sie mit mir zusammen. Sagen Sie mir, was Haskins Ihnen in seinem Haus erzählt hat. Wo sind die Beweise?«
Ich lächelte. Das brachte Henry aus dem Konzept.
»Ich weiß etwas, was Sie nicht wissen. Und das kostet Sie den Kopf.«
»Vielleicht kostet es Ihren Kopf, Mike. Machen Sie sich doch
Weitere Kostenlose Bücher