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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quirk
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hinein und warf hinter mir die Tür zu.
    Ein paar lange Sekunden donnerte die Feuerwalze vorüber wie ein Düsentriebwerk. Die Stahlwände des Tresors wurden wärmer und wärmer. Dann ließ das brausende Geräusch wieder nach. Ich drückte gegen die Tresortür. Sie rührte sich nicht.
    Ich hatte mich eingeschlossen. Das war mal was anderes. Ich war selbst die Beute, und musste mich aus dem Tresor herausholen.
    Die dünner werdende Luft schmeckte verbrannt. Ich machte mich so klein wie möglich, um mich nicht an den heißen Tresorwänden zu verbrennen.
    Um einen Tresor in einem staatlichen Gebäude zu knacken, braucht man normalerweise zwanzig Stunden – natürlich unter der Voraussetzung, man knackt ihn von außen. Ich saß im Dunkeln und tastete den Schlosskasten hinter dem Zahlenknopf ab. Der Kasten war etwa so groß wie meine Hand und mit zwei Kreuzschlitzschrauben an der Tresortür befestigt. Ich brach sie mit meinem Stemmeisen heraus und nahm das Gehäuse ab.
    Die Hitze machte mich benommen. Juckender Schweiß lief mir in die Augen. Das Hemd klebte auf meiner Haut.
    Es war ein Klasse-II-Schloss mit vier Scheiben. Alle Zahlenschlösser, ob ein billiges Vorhängeschloss oder das eines Tresorraums, bewahren ihre Geheimnisse auf drei oder vier drehbaren Scheiben mit je einer Einkerbung auf. Aus jeder Scheibe ragen kleine Stifte heraus, die so angeordnet sind, dass, wenn man den Zahlenknopf in der richtigen Reihenfolge vor- und zurückdreht, die Einkerbungen auf einer Linie liegen und das Schloss entriegelt wird.
    Es war jetzt so heiß, dass mir der Geruch von versengtem Haar in die Nase stieg. Keuchend klemmte ich den kleinen Finger in den Mechanismus und tastete nach den Einkerbungen auf den Scheiben. Eine knifflige, schmerzhafte Arbeit.
    Ich stellte die erste Scheibe ein, dann die zweite. Die heiße Luft brannte auf meiner Haut. Erst hatte der Tresor mich vor dem Feuer geschützt, jetzt war er ein Backofen. Ich drehte die dritte und die vierte Scheibe an die richtige Stelle und betete, dass das Feuer so weit erloschen war, dass es mich nicht ansengte, wenn ich die Tresortür öffnete.
    Der Raum war rußschwarz, als ich den Kopf aus der Tresortür steckte. Flammen züngelten hie und da. Ich zog mir das Hemd über die Nase, befeuchtete es mit dem bisschen Spucke, das ich noch hatte, und kroch über den Boden.
    Die Hitze brannte mir auf der Haut. Bei jedem flachen Atemzug hatte ich das Gefühl, als stäche mir jemand mit einem Messer in die Lungen. Aber ich schaffte es bis zum Ausgang, schlug die Tür hinter mir zu und rappelte mich auf.
    Durch das kleine Türfenster warf ich einen Blick zurück in den Kellerraum. Dichter schwarzer Qualm, Feuer, brennendes Papier. Henrys Geheimnis ging in Flammen auf. Als ich zur Treppe stolperte, platzte hinter mir die Fensterscheibe aus der Tür, und die gierigen Flammen sogen den Sauerstoff in den Raum, den sie brauchten, um alles zu Asche zerfallen zu lassen. Der Beweis, das einzige Druckmittel gegen Henry Davies, sein einziger Fehler und meine einzige Chance, existierte nicht mehr.
    Ich schleppte mich die Treppe hinauf. Die Hitze wurde erträglicher, der Rauch verzog sich allmählich, und ich konnte endlich wieder besser atmen. Über mir sah ich verschwommen ein rotes Schild, auf dem AUSGANG stand. Je näher ich dem Schild kam, desto schärfer wurden seine Konturen. Ich drückte die Klinke einer schweren Tür hinunter und stolperte ins Freie. Ich reckte mein Gesicht der Sonne entgegen. Noch vor einer Minute hätte ich nicht geglaubt, sie je wiederzu sehen.
    Freiheit. Zumindest bis ich den Kopf wieder senkte und vor mir zahllose Streifen- und Krankenwagen sowie Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr, Spezialeinheiten und FBI sah. Jeder Mann in der Hauptstadt des Landes, der eine Cargohose oder Taschenlampe sein Eigen nannte, der einen Bürstenschnitt oder aus der Mode gekommenen Schnauzbart trug, belagerte diesen einen Block der Pennsylvania Avenue und stürmte mir entgegen.
    Wenn mich jemals ein immer wiederkehrender Albtraum plagen sollte, dann der: eine anrückende Armee aus Zombiebullen. Der Erste packte mich am Arm. Es war vorbei. Ich war ein Mann auf der Flucht, der von Bullen geschnappt wurde, die Henry jederzeit bestechen konnte oder schon bestochen hatte. Ich hatte gerade meinen einzigen Trumpf in Rauch aufgehen sehen. Ich hob die Arme und ergab mich.
    »Alles in Ordnung, mein Junge?«, fragte der Polizist und rief dann: »Hey, macht mal ein bisschen Platz. Wo bleibt denn der

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