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Die 6. Geisel - Thriller

Titel: Die 6. Geisel - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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obersten Flur des historischen Flügels und klingelte an der Tür von Joes Wohnung.
    So, da bin ich .
    Er machte nicht auf, und so klingelte ich noch einmal. Dann steckte ich den ersten Schlüssel in das untere Schloss, öffnete mit dem zweiten den Riegel und stieß die Tür auf.
    »Joe?«, rief ich, als ich in die dunkle Diele trat. Ich rief noch einmal, als ich zur Küche kam.
    Wo steckt er bloß?
    Warum habe ich ihn unter keiner seiner Nummern erreicht?
    Die Küche ging in einen großen, attraktiven Ess- und Wohnbereich über. Das Parkett glänzte im Licht, das durch die Fenster am anderen Ende hereinströmte, und dahinter erblickte ich eine Terrasse.
    Ich sah üppig gepolsterte Möbel aus dunklem Holz, alles blitzsauber und tipptopp in Schuss.
    Dann sah ich noch einmal hin, und das Herz blieb mir stehen.
    Eine Frau hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht. Sie saß mit dem Gesicht zum Fenster und las eine Zeitschrift. In ihren Ohren steckten die weißen Kabel eines iPod.
    Ich war so geschockt, dass ich mich kaum rühren konnte.
    Und ich brachte kein Wort heraus.

27
    Mein Puls schoss in die Höhe, als ich die Frau auf dem Sofa näher ins Auge fasste und das Sandwich und die Teetasse neben ihr auf dem Couchtisch bemerkte.
    Ich registrierte das schwarze, ärmellose Top und die Jogging-hose, das dichte Haar mit den blonden Strähnen, das am Hinterkopf zu einem Knoten gebunden war, ihre nackten Füße.
    Alles Blut schien aus meinen Adern gewichen zu sein, und ich spürte nur noch das Kribbeln in meinen Fingerspitzen. Hatte Joe ein Doppelleben geführt, während ich in San Francisco gehockt und auf seine Anrufe und Besuche gewartet hatte?
    Mein Gesicht glühte vor Wut, aber auch vor Scham. Ich wusste nicht, ob ich schreien oder weglaufen sollte.
    Wie konnte Joe mich so hintergangen haben?
    Die Frau musste mein Spiegelbild im Glas gesehen haben. Sie ließ ihre Zeitschrift fallen, schlug die Hände vors Gesicht und kreischte.
    Ich schrie auch. » Wer zum Teufel sind Sie? «
    »Und wer sind Sie ?«, schrie sie zurück. Ihre Haare lösten sich aus dem Knoten, als sie sich die iPod-Ohrhörer herausriss.
    »Ich bin Joes Freundin«, entgegnete ich. Ich kam mir nackt und schutzlos vor, und ich wünschte, ich hätte eine Dienstmarke gehabt, um sie ihr unter die Nase halten zu können. Irgendeine Marke.
    O Joe, was hast du getan?
    »Ich bin Milda«, sagte die Frau. Sie sprang vom Sofa auf und ging voran in die Küche. »Ich arbeite hier. Ich bin Mr. Molinaris Putzhilfe.«
    Ich lachte - aber nicht, weil ich es so lustig fand. Es war eine Schockreaktion.

    Mit ungehaltener Geste zog sie einen Scheck aus der Hosentasche und hielt ihn mir hin.
    Doch ich nahm sie kaum wahr. Bilder der vergangenen Tage schossen mir durch den Kopf.
    Und jetzt raubte mir die Anwesenheit dieser jungen Frau auch noch den letzten Rest an Kontrolle über meine Gefühle.
    »Ich war früher fertig, und da dachte ich mir, ich setze mich noch ein paar Minuten ins Wohnzimmer«, erklärte sie, während sie das Geschirr spülte, das sie benutzt hatte. »Bitte, sagen Sie ihm nichts, okay?«
    Ich nickte wie betäubt. »Nein. Natürlich nicht.«
    »Also, ich bin dann mal weg«, sagte sie und stellte das Wasser ab. »Ich muss meinen Sohn abholen und will nicht zu spät kommen, also gehe ich jetzt, okay?«
    Ich nickte.
    Durch einen Flur gelangte ich zum Bad und stieß die Tür auf. Ich öffnete die Hausapotheke und suchte zwischen den Schachteln und Fläschchen nach Nagellack, Tampons oder Make-up.
    Doch ich fand nichts, und so ging ich weiter ins Schlafzimmer, einen großen, mit Teppichboden ausgelegten Raum mit einem Fenster zum Innenhof. Ich riss die Tür von Joes Kleiderschrank auf, suchte den Boden nach Damenschuhen ab, schob die Hand zwischen die Kleider an der Stange: keine Röcke, keine Blusen. Was tat ich hier eigentlich?
    Ich kannte Joe doch, oder etwa nicht?
    Ich drehte mich zum Bett um und wollte gerade die Decke zurückschlagen, um die Laken zu inspizieren, als mein Blick auf das Foto auf dem Nachttisch fiel. Es zeigte Joe und mich vor einem halben Jahr in Sausalito. Er hatte den Arm um mich gelegt, und der Wind wehte mir die Haare ins Gesicht. Wir sahen beide verliebt aus.
    Ich presste die Hände auf die Augen.
    Ich schämte mich so. Und dann brach es nur so aus mir
heraus. Da stand ich in Joes Schlafzimmer und weinte mir die Augen aus dem Kopf.
    Schließlich ging ich und flog zurück nach Kalifornien.

Zweiter Teil
    Das Mädchen mit den braunen

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