Die 6. Geisel - Thriller
Land, oder? Sie haben keinen Durchsuchungsbefehl«, spie er mir ins Gesicht. »Nix haben Sie, gar nix!«
»Für einen Unschuldigen regen Sie sich aber mächtig auf«, meinte Conklin. »Da kommt man schon ins Grübeln, wissen Sie.«
Ich hielt mich im Hintergrund, während Conklin erklärte, dass wir auch Calvins Bewährungshelfer anrufen könnten, der kein Problem damit haben würde, uns in die Wohnung zu lassen. »Oder wir könnten uns einen Durchsuchungsbeschluss besorgen«, fuhr Conklin fort. »Und ein paar Streifenwagen mit quietschenden Reifen vor dem Haus vorfahren lassen, damit auch alle Ihre Nachbarn mitkriegen, was Sie für einer sind.«
»Also … was dagegen, wenn wir reinkommen?«, fragte ich.
Calvin gab meinen finsteren Blick mit gleicher Münze zurück. »Ich habe nichts zu verbergen«, sagte er.
Und dann trat er zur Seite.
43
Calvins Wohnung war spartanisch eingerichtet, im frühen IKEA-Stil: leichte Möbel aus hellem Holz. Über dem Fernseher war ein Regal voller Puppen - große und kleine, Babypuppen und Puppen in schicken Kleidern.
»Die hab ich für meine Tochter gekauft«, knurrte Calvin und ließ sich in einen Sessel plumpsen. » Falls sie mich irgendwann mal besuchen darf.«
»Wie alt ist sie jetzt - sechzehn?«, fragte Conklin.
»Schnauze«, gab Calvin zurück. »Okay? Halten Sie bloß die Klappe.«
»Passen Sie auf, was Sie sagen«, erwiderte Conklin und verschwand in Calvins Schlafzimmer. Ich nahm auf dem Sofa Platz und zückte mein Notizbuch.
Das Bild eines jungen Mädchens - inzwischen ein Teenager - drängte sich mir auf, eines Mädchens, das das furcht-bare Pech gehabt hatte, dieses Dreckstück zum Vater zu haben. Ich musste den Gedanken verdrängen, ehe ich Calvin fragte, ob er Madison Tyler je gesehen habe.
»Ich hab sie gestern Abend im Fernsehen gesehen. Ist ein süßes Ding. Lecker , hätt ich fast gesagt. Aber kennen tu ich sie nicht.«
»Na schön«, stieß ich mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich hatte plötzlich große Angst um Madison. »Wo waren Sie gestern Morgen um neun Uhr?«
»Ich hab ferngesehen. Ich versuche mir immer die neuesten Zeichentrickserien anzuschauen, um mich mit kleinen Mädchen auf deren Niveau unterhalten zu können, wenn Sie wissen, was ich meine.«
Mit eins achtundsiebzig war ich einen ganzen Kopf größer als Calvin, und fitter war ich auch. Gewaltfantasien brodelten in meinem Kopf, genau wie vor einigen Wochen, als ich Alfred
Brinkley festgenommen hatte. Das alles ging mir zu nahe, viel zu nahe …
»Kann irgendjemand Ihr Alibi bestätigen?«
»Klar. Fragen Sie Mr. Happy«, erwiderte Pat Calvin. Er legte die Hand auf den Schlitz seiner Pyjamahose, befingerte sein Geschlechtsteil. »Er wird Ihnen alles sagen, was Sie wissen wollen.«
Da brannte mir die Sicherung durch. Ich packte den Mann am Kragen und zerrte an dem Baumwollstoff, bis er sich eng um Calvins Hals zusammenzog. Er ruderte mit den Armen, als ich ihn aus dem Sessel hob und mit Wucht gegen die Wand stieß.
Die Puppen purzelten aus dem Regal.
Ich wollte Calvin gerade noch einmal an die Wand knallen, als Conklin aus dem Schlafzimmer kam. Mein Partner tat so, als hätte er den irren Ausdruck in meinem Gesicht nicht bemerkt, und lehnte sich lässig an den Türrahmen.
Es alarmierte mich, wie dicht ich davorstand, die Kontrolle zu verlieren. Was ich jetzt gar nicht brauchen konnte, war eine Beschwerde wegen brutaler Übergriffe im Dienst. Ich ließ von Calvin ab.
»Nette Fotosammlung, die Sie da haben, Mr. Calvin«, sagte Conklin beiläufig. »Bilder von kleinen Kindern beim Spielen im Alta Plaza Park.«
Ich starrte Conklin an. Madison und Paola waren auf der Straße direkt vor dem Eingang dieses Parks gekidnappt worden.
»Haben Sie meine Kamera gesehen?«, erwiderte Calvin trotzig. »Sieben Millionen Megapixel und 12-fach-Zoom. Ich habe diese Fotos aus einem Block Entfernung geschossen. Ich kenne die Regeln . Und ich habe gegen keine davon verstoßen.«
»Sergeant«, wandte Conklin sich an mich, »auf einem dieser Fotos ist ein kleines Mädchen zu sehen. Könnte sich um Madison Tyler handeln.«
Ich rief Jacobi an, um ihm zu sagen, dass Patrick Calvin Fotos besaß, die wir uns einmal näher anschauen sollten.
»Wir brauchen zwei Streifenpolizisten, die auf Calvin aufpassen, während ich reinfahre und mir einen Haftbefehl ausstellen lasse«, sagte ich.
»Kein Problem, Boxer. Ich schicke einen Wagen. Aber ich lasse Chi den Haftbefehl besorgen und Calvin
Weitere Kostenlose Bücher