Die 7 Geheimnisse Der Schildkroete
Unabhängigkeitsbewegung: ein Unternehmen, das zu dieser Zeit völlig aussichtslos erschien. Es hatte schon früher Aufstände gegen die Besatzer gegeben, die stets blutig niedergeschlagen wurden. Gandhi kämpfte jedoch nicht. Er setzte seine Philosophie des Satyagraha (»beständiges Festhalten an der Wahrheit«) um – eine Strategie, die im Wesentlichen darauf beruht, den Gegner nicht als Feind zu betrachten, sondern mit Freundlichkeit und gewaltfreiem Widerstand sein Herz, seine Vernunft und sein Gewissen anzusprechen.
Gandhi hatte erkannt, dass Gewalt oder Drohungen stets mehr Gewalt bewirken, dass Gewalt nur scheinbar und kurzfristig Probleme zu lösen scheint. Der einzige Weg, die Gewaltspirale zu durchbrechen, ist Gewaltlosigkeit. Das erschien damals, wie auch den meisten Menschen heute noch, als sehr blauäugig. Doch Gandhi wusste, was er tat. Er betrachtete seinen Weg des Satyagraha und des gewaltlosen Widerstandes nicht etwa als »Waffe der Schwachen«, sondern als »Werkzeug der geistig Stärksten«.
Mit seinen Aktionen – er verweigerte den Gehorsam, widersetzte sich unmoralischen Gesetzen, bewegte die Menschen dazu, das Salzmonopol zu umgehen – zog er natürlich den Zorn der Briten auf sich. Er wurde misshandelt und ins Gefängnis geworfen; er verbrachte insgesamt acht Jahre seines Lebens in Gefangenschaft. Doch das gehörte zu seiner Philosophie: Wenn es nicht gelingt, die Machthaber von der Ungerechtigkeit zu überzeugen, verletzt man diese Gesetze und nimmt die Bestrafung und Leiden auf sich. Dadurch appelliert man an das Herz und das Gewissen der Herrschenden.
Das scheint auf den ersten Blick beinahe verrückt. Doch es ist ben keine kurzfristige Strategie, die sofortigen Vorteil verschafft. Auf lange Sicht jedoch, davon war Gandhi überzeugt, wird der Gegner der Vernunft, dem Gewissen und der Kraft des Herzens nicht widerstehen können. Und in der Tat gewann Indien 1947 seine Unabhängigkeit – was allein Gandhi zu verdanken war, der viele Jahre lang seine Methode des gewaltfreien Widerstandes entwickelt, verbreitet und konsequent umgesetzt hatte.
Gandhis »Methode« war seine Philosophie des Satyagraha , was etwa »beständiges Festhalten an der Wahrheit« bedeutet. Gandhi war davon überzeugt, dass der Kraft der Wahrheit und des Herzens auf Dauer nichts widerstehen kann. Praktisch bedeutete das im Bestreben nach Indiens Unabhängigkeit: Appelle und Petitionen gegen ungerechte Gesetze, um den Machthabern die Ungerechtigkeit vor Augen zu führen. Das bewirkte nicht viel. Darauf setzte er passiven Widerstand ein, indem jegliche freiwillige Handlungen, die das System stützen, eingestellt wurden. Die nächste Stufe war der zivile Ungehorsam: Ungerechte Gesetze wurden nicht befolgt und ungerechte Steuern nicht bezahlt. Das führte natürlich zu Sanktionen – Gandhi und seine Anhänger wurden immer wieder inhaftiert. Indem sich jedoch immer mehr Menschen Gandhis Bewegung anschlossen, trat allmählich ein Bewusstseinswandel ein, der schließlich zur Unabhängigkeit führte.
Natürlich können wir das alles hier nur sehr verkürzt darstellen, und viele Menschen werden vor allem einwenden, dass Ghandi ein sehr ungewöhnlicher, willensstarker Mensch war. Das ist natürlich richtig. Doch es zeigt eben, dass Gewalt nicht notwendig oder auch nur sinnvoll ist, um gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner anzutreten.
Wenn man auch nicht bestreiten kann, dass Gandhi eine Ausnahmeerscheinung war und dass Satyagraha einem Menschen sehr viel abverlangt: Was ist die Alternative? Wie kann man mit Diktatoren, Unterdrückern, Massenmördern, Terroristen und Unrechtsregimen umgehen?
Es gibt sicher keine einfache Antwort. Doch die Welt kann nur durch Verzicht auf Gewalt, nicht durch mehr Gewalt von Gewalt geheilt werden. Das bedeutet nicht, die Augen zu verschließen. Manche Situationen sind so, dass sie nicht so bleiben können: Dann müssen wir nach Lösungen suchen. Das erfordert viel Kreativität, Einfühlungsvermögen, Kraft, Umsichtigkeit und Klugheit. Friedfertigkeit bringt daher notwendigerweise die besten Eigenschaften des Menschen zum Vorschein, während Gewalt, selbst dann, wenn sie »gut gemeint« ist, immer die schlechtesten Eigenschaften verstärkt. Friedfertigkeit ist keine Dummheit – sie beruht auf der Einsicht, dass die einfachste Antwort sicher nicht die klügste ist. Gewalt führt zu Gewalt. Jeder gewaltsame Tod erzeugt Hass. Hass erzeugt wieder Gewalt und neuen
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